Das Leben und das Schreiben
einen Blick darauf werfen. Er könne nichts versprechen, aber …
Frank braucht man nichts versprechen; wie die meisten ehrgeizigen Anfänger braucht er nicht mehr als ein wenig Aufmunterung und Pizzalieferungen bis zum Umfallen. Zusammen mit einem Dankesbrief schickt er die Geschichte los (zusätzlich schreibt er natürlich noch einen Dankesbrief an den ehemaligen Herausgeber von Lodgepine Review ). Sechs Monate später erscheint »Two Kinds of Men« in der ersten Ausgabe von Jackdaw . Wieder einmal hat das Old-Boy-Netzwerk, das im Verlagswesen eine ebenso große Rolle spielt wie in vielen anderen Branchen, funktioniert. Frank bekommt für seine Geschichte fünfzehn Dollar und zehn Belegexemplare … eine weitere wichtige Anerkennung.
Im darauffolgenden Jahr findet Frank eine Anstellung als Englischlehrer an einer Highschool. Obwohl es äußerst anstrengend ist, tagsüber Literatur zu unterrichten und Aufsätze zu korrigieren und abends an seinen Projekten zu arbeiten, hält er durch, schreibt neue Kurzgeschichten und schickt sie los, sammelt Absagen und schickt gelegentlich die Geschichten »in den Ruhestand«, die er an alle ihm bekannten Adressaten geschickt hat. »Die machen sich gut in meiner Sammlung, wenn sie dann mal erscheint«, sagt er zu seiner Frau. Unser Held hat sich einen zweiten Job gesucht: Er schreibt Buch- und Filmrezensionen für eine Zeitung in einer nahe gelegenen Stadt. Er hat sehr, sehr viel zu tun … und trotzdem denkt er insgeheim darüber nach, einen Roman zu schreiben.
Auf die Frage, was das Wichtigste für einen jungen Schriftsteller sei, der gerade seine ersten Werke verschickt, überlegt Frank nicht lange, sondern antwortet: »Sich selbst gut verkaufen«.
Wie bitte?
Er nickt. »Doch, sich gut verkaufen. Absolut. Wenn man eine Kurzgeschichte verschickt, sollte auf dem Manuskript immer ein kurzes Begleitschreiben liegen, dem der Redakteur entnehmen kann, wo man bereits veröffentlicht hat und eine oder zwei Zeilen darüber, wovon der vorliegende Text handelt. Und am Ende sollte man ihm dafür danken, dass er sich die Zeit zum Lesen nimmt. Das ist ganz besonders wichtig.
Man sollte für das Textbeispiel reinweißes Papier von guter Qualität verwenden – nicht dieses billige Papier mit aufgerauter Oberfläche. Der Text sollte zweizeiligen Abstand haben, und auf der ersten Seite oben links in der Ecke sollte die eigene Adresse stehen – Telefonnummer kann auch nicht schaden. Nach oben rechts gehört die geschätzte Zahl der Wörter.« Frank macht eine Pause und lacht, dann fügt er hinzu: »Aber nicht mogeln. Die meisten Redakteure wissen wie lang eine Geschichte ist, nachdem sie einen Blick auf die Schrift geworfen und die Seiten durchgeblättert haben.«
Ich wundere mich noch immer ein wenig über Franks Antwort; irgendwie hatte ich etwas weniger Handfestes erwartet.
»Nein«, widerspricht er. »Man wird ganz schnell pragmatisch, sobald man die Schule verlassen hat und versucht, irgendwo unterzukommen. Das Erste, was ich gelernt habe, war, dass man erst dann ernst genommen wird, wenn man professionell auftritt.« Irgendwie bringt mich sein Tonfall auf den Gedanken, dass er glaubt, ich habe vergessen, wie hart der Anfang ist, und vielleicht hat er recht. Es war zur Jahrtausendwende fast vierzig Jahre her, dass in meinem Zimmer ein Stapel mit Absagen am Nagel hing. »Du kannst keinen zwingen, dass ihm deine Geschichte gefällt«, sagt Frank, »aber du kannst es ihm so leicht wie möglich machen, einen Blick drauf zu werfen.«
Momentan ist Franks eigenes Projekt noch im Werden begriffen, doch seine Zukunft sieht ganz rosig aus. Er hat jetzt insgesamt sechs Kurzgeschichten veröffentlicht und für eine von ihnen einen recht renommierten Preis gewonnen – nennen wir ihn den Minnesota Young Writers’ Award, obwohl keines der Vorbilder für meinen Frank tatsächlich in Minnesota lebt. Dafür gab es fünfhundert Dollar, sein bisher höchstes Honorar für eine Geschichte. Inzwischen hat er mit dem Roman begonnen, und wenn er damit fertig ist, er rechnet mit Frühjahr 2001, will sich ein angesehener junger Agent namens Richard Chams (ebenfalls ein Pseudonym) seiner annehmen.
Ungefähr zu dem Zeitpunkt, als es Frank ernst mit seinem Roman wurde, kümmerte er sich ernsthaft darum, einen Agenten zu finden. »Ich wollte nicht die ganze Arbeit in das Buch investieren und hinterher dumm dastehen, weil ich nicht weiß, wie ich das verdammte Ding an den Mann bringen soll«, erklärte er
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