Das Leben und das Schreiben
Lautsprecher, ein Aufkleber der Yankees auf der Kasse – aber wozu das alles? Wenn es um die Gestaltung und Beschreibungen geht, erfüllt eine einfache Mahlzeit genauso ihren Zweck wie ein Fest. Wir wollen wissen, ob Billy Richie Martin gefunden hat – für diese Geschichte haben wir vierundzwanzig Mäuse hingeblättert. Noch mehr Information über das Restaurant würde die Geschichte verlangsamen, uns vielleicht sogar so sehr verärgern, dass der Zauberbann, den gute Prosa über uns verhängen kann, verfliegt. Wenn ein Leser ein Buch zur Seite legt, weil es »langweilig wurde«, liegt die Ursache oft darin, dass der Autor sich an seinen Beschreibungskünsten begeisterte und darüber sein oberstes Ziel aus den Augen verlor, den Ball im Spiel zu halten. Wenn der Leser mehr über das Palm Too erfahren möchte, als oben zu lesen ist, kann er es entweder beim nächsten Besuch in New York aufsuchen oder eine Broschüre anfordern. Ich habe bereits ausreichend Tinte verbraucht, um zu zeigen, dass das Restaurant ein wichtiger Schauplatz in meiner Geschichte ist. Sollte sich herausstellen, dass es das nicht ist, täte ich gut daran, bei der nächsten Fassung die Beschreibung um ein paar Zeilen zu kürzen. Dass sie gut ist, ist gewiss kein Grund, sie in voller Länge in der Geschichte zu lassen; sie sollte schon gut sein, wenn ich dafür bezahlt werde, aber ich bekomme mein Geld nicht dafür, dass ich in meinen Worten schwelge.
In meiner Schilderung des Palm Too findet sich eine direkte Beschreibung (»An der Theke saßen ein paar einsame Trinker«) und eine etwas poetischere Beschreibung (»Der Spiegel hinter der Theke … flimmerte in der Dunkelheit wie eine Fata Morgana«). Beide sind in Ordnung, aber mir gefällt das Bildliche besser. Die Verwendung von Vergleichen und bildhafter Sprache gehört zu den großen Vergnügen von Prosa – beim Lesen und beim Schreiben. Wenn der Vergleich sitzt, erfreut er uns fast ebenso, wie inmitten von Fremden einen alten Freund zu treffen. Durch den Vergleich von zwei scheinbar in keiner Beziehung zueinanderstehenden Gegenständen – Kneipe und Höhle, Spiegel und Fata Morgana – können wir etwas Bekanntes manchmal in neuem, interessanten Licht sehen. 10 Selbst wenn das Ergebnis eher reine Klarheit denn Schönheit ist, werden Schreiber und Leser gemeinsam Zeugen eines Wunders, glaube ich. Vielleicht ist das ein bisschen dick aufgetragen, aber doch – das ist meine Meinung.
Wenn ein Vergleich oder eine Metapher nicht funktioniert, ist das Ergebnis manchmal lustig und manchmal unglaublich peinlich. Vor Kurzem las ich folgenden Satz in einem bald erscheinenden Roman, den ich lieber nicht nennen möchte: »Gleichmütig saß er neben der Leiche und wartete so geduldig auf den Leichenbeschauer wie ein Mann auf ein Truthahnsandwich.« Wenn es hier einen klärenden Zusammenhang gab, so habe ich ihn nicht mitbekommen. Ich habe das Buch auf der Stelle zugeklappt und nicht mehr weitergelesen. Wenn ein Autor weiß, was er tut, lasse ich mich auf die Fahrt ein. Wenn nicht … nun, ich bin jetzt, zur Jahrtauesndwende, in meinen Fünfzigern, und es gibt eine Menge Bücher. Ich habe keine Zeit, um sie mit den schlecht Geschriebenen zu verschwenden.
Der Zen-Vergleich ist nur einer der möglichen Fallstricke bildlicher Sprache. Am häufigsten – und wieder kann man den Lapsus auf mangelnde Leseerfahrung zurückführen – kommt natürlich die Verwendung von klischeehaften Vergleichen, Metaphern und Bildern vor. Er rannte wie ein Besessener, sie war schön wie ein Sommertag, der Typ war eine heiße Nummer, Bob kämpfte wie ein Tiger. Verschwenden Sie nicht meine Zeit (und die anderer) mit solch abgedroschenen Kamellen. Dadurch wirken Sie entweder faul oder ignorant. Und keine dieser Beschreibungen wird Ihrem Ruf als Schriftsteller von großem Nutzen sein.
Meine unerreichten Lieblingsvergleiche stammen übrigens sämtlich aus dem Hard-boiled-Detektivroman-Genre der Vierziger- und Fünfzigerjahre und den literarischen Nachfahren von Groschenromanautoren. Dazu gehören Perlen wie »It was daker than a carload of assholes« (»Es war dunkler als eine Wagenladung Arschlöcher«) (George V. Higgins) und »I lit a cigarette [that] tasted like a plumber’s handkerchife« (»Ich zündete mir eine Zigarette an, die wie das Taschentuch eines Klempners schmeckte«) (Raymond Chandler).
Das Geheimnis guter Beschreibung sind eine klare Vorstellung und klare Umsetzung – und zwar unter Verwendung von
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