Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben und das Schreiben

Das Leben und das Schreiben

Titel: Das Leben und das Schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Grund. »Weil Janet Leigh schluckt, als sie angeblich schon tot ist«, antwortete seine Frau. Es stimmte. Hitchcock wehrte sich genauso wenig wie ich, wenn Tabby mich auf einen Fehler hinweist. Es kann gut sein, dass wir uns über viele Aspekte eines Buches streiten, und manchmal habe ich mich in Geschmacksfragen gegen ihren Rat entschieden, aber wenn sie mich bei einem Patzer erwischt, dann weiß ich Bescheid und danke Gott, dass ich jemanden habe, der mich auf meinen offenen Hosenstall hinweist, bevor ich so unter Menschen gehe.
    Außer Tabby gebe ich das Manuskript noch vier bis acht anderen Personen, die meine Geschichten im Laufe der Jahre gelesen und beurteilt haben. Viele Schreibratgeber warnen davor, Freunde um ein Urteil zu bitten, weil man angeblich keine objektive Meinung von Leuten erhält, die man schon zum Essen eingeladen hat und die ihre Kinder herüberschicken, damit sie mit Ihren Kindern im Garten spielen können. Glaubt man diesen Büchern, ist es unfair, einen Kumpel in so eine Lage zu bringen. Was geschieht, wenn er denn meint, sagen zu müssen: »Tut mir leid, lieber Freund, du hast in der Vergangenheit so manches nette Stück verzapft, aber das hier ist so ätzend wie Salzsäure.«
    Diese Theorie enthält ein Körnchen Wahrheit, obwohl ich eigentlich gar nicht auf der Suche nach einer objektiven Meinung bin. Ich bin außerdem davon überzeugt, dass die meisten Leute, die klug genug sind, einen Roman zu lesen, auch genügend Taktgefühl besitzen, um eine höflichere Ausdrucksweise als »Das ist ätzend« zu ersinnen. (Obwohl wir eigentlich alle wissen, dass »Ich denke, hier gibt es ein paar Probleme« in Wirklichkeit heißt: »Das ist Scheiße.« Stimmt’s?) Außerdem: Wenn man wirklich einen solch üblen Mist geschrieben hat – das kommt vor, als Autor von Rhea M. – Es begann ohne Warnung (Originaltitel: Maximum Overdrive ) darf ich das sagen -, hören Sie das dann nicht lieber von einem Freund, solange die Gesamtauflage ein halbes Dutzend Fotokopien nicht übersteigt?
    Wenn Sie ein Buch an sechs bis acht Freunde verteilen, bekommen Sie sechs bis acht höchst subjektive Meinungen, was daran gut oder schlecht ist. Wenn alle Leser finden, dass es echt gut geworden ist, stimmt das wahrscheinlich. Diese Einmütigkeit kommt zwar vor, ist aber selten, selbst bei Freunden. Wahrscheinlicher ist, dass sie einige Teile gut finden und andere … naja, nicht ganz so gut. Manche sind der Meinung, Figur A sei schlüssig, aber Figur B sei weit hergeholt. Wenn andere wiederum das Gefühl haben, Figur B sei glaubhaft, Figur A jedoch überzeichnet, steht es unentschieden. Sie können sich zurücklehnen und alles so lassen (im Baseball geht das Unentschieden zugunsten des Runners; beim Schreiben zugunsten des Autors). Wenn einige das Ende toll finden und andere furchtbar, dito: unentschieden zugunsten des Autors.
    Es gibt Testleser, die sich auf das Auffinden von Sachfehlern spezialisieren. Mit denen ist es am einfachsten. Einer meiner klugen Testleser, der verstorbene Mac McCutcheon, ein wunderbarer Englischlehrer von der Highschool, kannte sich sehr gut mit Waffen aus. Wenn eine Figur im Buch mit einer Winchester.330 herumfuchtelte, schrieb Mac an den Rand, dieses Kaliber habe Winchester nicht hergestellt, aber Remington. In solchen Fällen gibt’s zu dem entdeckten Fehler die Lösung gratis dazu. Ein gutes Geschäft, weil Sie wie ein Profi aussehen und sich der Testleser gleichzeitig geschmeichelt fühlt, dass er helfen konnte. Der beste Dienst, den Mac mir jemals erwies, hatte allerdings nichts mit Waffen zu tun. Als er eines Tages im Lehrerzimmer ein Manuskript von mir las, brach er in lautes Gelächter aus. Er lachte so heftig, dass ihm die Tränen die bärtigen Wangen herunterliefen. Da die fragliche Geschichte, Brennen muss Salem, nicht als Zwerchfellmassage gedacht war, fragte ich ihn, was er gefunden habe. Ich hatte ein paar Zeilen verfasst, die ungefähr so lauteten: Obwohl die Jagdsaison in Maine erst im November beginnt, klingen oft schon im Oktober Schüsse über die Felder; die Leute dort schießen so viele Bauern 12 , wie ihre Familien essen können. Ein Lektor hätte den Fehler sicherlich bemerkt, aber Mac ersparte mir diese Peinlichkeit.
    Mit subjektiven Meinungen ist es schwerer, wie ich schon sagte, aber eins ist sicher: Wenn jeder, der Ihr Buch liest, sagt, da gebe es ein Problem (Connie kehrt zu schnell zu ihrem Mann zurück, Hals Mogeln bei der Abschlussprüfung passt nicht zu dem,

Weitere Kostenlose Bücher