ist, die wir brauchen.
„Wenn sie nicht wollten, dass wir diesen Flügel betreten“, fährt er fort, „hätten sie die Tür versperren müssen.“
Schweigend nicke ich.
Wir betreten den Raum so vorsichtig, als wäre es ein unentdecktes Biotop.
Unser Blick fällt auf den einzigen Gegenstand im Zimmer: ein frisch bezogenes Bett, verhüllt mit einer Hygienefolie.
„Ein Bett?“, fragt er. „Im stillgelegten Flügel?“
Ich lächle. „Das scheint jemand extra für uns hier gelassen zu haben.“
Stillschweigend haben wir uns nach einem Ort umgesehen, um ungestört zu sein. Dass ausgerechnet dieser wie für uns gemacht scheint, kann kein Zufall sein.
Nein. Kein Zufall. Auch diesmal nicht.
Er schiebt die Tür zu und kommt langsam näher.
Seine Hände umschließen meine Taille, während er mich lächelnd betrachtet. Das Lächeln, das mich noch immer wie am ersten Tag verzaubert. Ich spüre seinen warmen Atem, als er meine Lippen sanft mit seinen berührt.
Ineinander verschlungen scheinen wir noch tiefer miteinander zu verschmelzen als sonst. Taumelnd nähern wir uns dem Bett, das er mit seiner freien Hand von der Folie befreit.
Alles scheint sich zu fügen. Für uns. Für diesen einen Augenblick.
Irgendwo im Gebäude ruft jemand, aber diesen Teil der Welt haben wir spätestens mit dem Schließen der Tür hinter uns gelassen. Keine Angst. Keine Reue. Nur eine dumpfe Erinnerung an ein Leben, das nichts mehr mit unserem gemeinsam hat.
Während ich mich rücklings aufs Bett fallen lasse, spüre ich seine Zunge warm und fordernd an meiner. Wie von einer Welle erfasst, die sich weigert, uns so schnell wieder loszulassen, geben wir uns willenlos dem Moment hin, der nur auf uns gewartet zu haben scheint.
Seine Hände auf meiner Haut, meine Finger an seinem Hals. Jeder Zentimeter an ihm ist so vertraut und doch immer wieder wie eine neue Entdeckung.
Ungläubig versinke ich in diesem beinahe schon magischen Augenblick.
Haben wir es wirklich bis hierher geschafft? Meint es das Schicksal nach allem, was in den letzten Jahren war, tatsächlich endlich gut mit uns? Und ist dieses Zimmer, das trotz der Leere des zerfallenen Krankenhausflügels ein sicheres Versteck für unsere Emotionen bietet, nicht fast schon wie ein Zeichen? Ein Zeichen für das Leben, wie wir es uns nicht zu erträumen gewagt haben?
„Glaubst du an Zufälle?“, fragt er leise, als er mir eine Strähne aus dem Gesicht streicht.
„Nein“, flüstere ich, während sich ein dankbares Lächeln auf meine Lippen stiehlt. „Nur an das Schicksal.“
ENDE
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Tag der Veröffentlichung: 18.09.2013
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