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Das Leben Zimmer 18 und du

Das Leben Zimmer 18 und du

Titel: Das Leben Zimmer 18 und du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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und diesen Morgen zu schreiben. Auch wenn ich dir sage, wie unendlich befreit ich mich nach diesem Gespräch gefühlt habe, vor dem ich so viel Angst gehabt hatte, so tun die Gedanken an meine Worte trotzdem immer noch weh.
    Ich wollte ihn nicht verletzen, alles, was ich will, ist, dass er glücklich wird. Mit einer Frau, die zu ihm passt und den Vorstellungen entspricht, die er immer hatte. Eine Frau, die anders ist als ich. Und ich weiß, dass er diese Frau finden wird.
    Nein, ich möchte ihm nichts mehr vorwerfen, auch nicht mit Argwohn zurückschauen. Die Dinge sind, wie sie sind. Und noch immer kann ich nicht glauben, dass ich es wirklich geschafft habe, diesen Schritt zu gehen.
    Noch am selben Morgen rief ich Bastian an und erzählte ihm von dem Gespräch. Er konnte es gar nicht glauben und war total perplex, als ich ihm sagte, dass ich am Nachmittag, wenn er von der Arbeit zurückkommt, mit meinen Sachen zu ihm kommen würde.
    Aber natürlich freute er sich. Sehr sogar. Er hatte nur nicht damit gerechnet. Und ich selbst ja auch nicht.
    Nicht mal eine Woche zuvor hatte ich ihm meine Gefühle gestanden und jetzt war ich bereits auf dem besten Weg, bei ihm einzuziehen.
    Das heißt, bei ihm und Oma Ernchen.
    Habe ich dir überhaupt schon von Oma Ernchen erzählt? Das ist seine fast zwanzig Jahre alte, zahnlose Katze, die meistens nur irgendwo in der Ecke liegt und schläft. Aber sie ist eine ganz Süße und ich werde sie sicher brauchen, um die Zeit ohne Poldi zu überstehen. Er fehlt mir schon jetzt unheimlich, aber ich bin auch dankbar und froh, dass David nicht allein ist und Poldi in seiner gewohnten Umgebung bleiben konnte.
    Oh, Hauke, was musst du nur von mir denken und über all die Dinge, die geschehen sind? Ich weiß, dass du mich verstehst und mich nicht verurteilst, dafür kenne ich dich und du mich zu gut. Aber ich denke, dass es auch für dich Zeit brauchen wird, das alles zu verarbeiten.
    Es gibt noch so viel, das ich dir erzählen möchte, aber ich merke, dass es besser ist, an dieser Stelle aufzuhören. Die Gedanken sind noch zu frisch und ich merke, dass ich wieder zu viel auf einmal will.
    Alles ist noch so neu. Aufregend, ja. Und schön. Aber eben auch neu. Und ich muss mich gewöhnen, mich sortieren, um in die Zukunft zu schauen, die ich mir so sehr gewünscht habe.
    Ich wünschte, du könntest jetzt hier sein, ich denke, dann könntest du das alles noch besser verstehen. Aber ich hoffe, du kannst es auch so.
    Lass uns telefonieren. Bald!
    Nancy

    *

    Kein Moment war jemals größer als dieser. Kein Moment meines bisherigen Lebens, kein Moment meiner Fantasie.
    Als ich auf den Parkplatz fahre, das Auto bis zur Decke gefüllt mit Kleidersäcken und Kartons, fühle ich mich wie die Hauptdarstellerin in einem meiner Bücher. Mutig auf dem Weg in ein neues Leben, den festen Vorsatz im Hinterkopf, alles zu schaffen.
    Die Wahrheit ist jedoch, dass ich mich gar nicht mutig finde. Trotzdem kann ich noch immer nicht begreifen, dass ich das wirklich getan, wirklich geschafft habe. Meine Gedanken sind noch immer bei David, gleichzeitig spüre ich aber auch Erleichterung, die Worte ausgesprochen zu haben, vor denen ich eine geradezu lähmende Angst gehabt hatte.
    „Warum haben wir denn überhaupt geheiratet?“
    Seine Worte schieben sich erneut in meinen Kopf.
    „Hast du mir denn schon die ganze Zeit im Krankenhaus etwas vorgespielt?“
    „Nein, natürlich nicht, ich … ich habe das alles doch selbst erst sehr viel später begriffen. Ich muss das tun, David. Was meinst du, warum es mir in den letzten Tagen so schlecht ging? Weil ich wusste, dass ich dir etwas sagen muss, das nicht nur dein, sondern auch mein bisheriges Leben aus den Fugen reißen wird.“
    Das Verrückte ist, dass der Moment, in dem ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, von ihm ernstgenommen zu werden, bereits nach wenigen Minuten vorbei war. Vermutlich denkt er, dass ich verrückt geworden bin.
    Ja, für jemanden, der Depressionen niemals am eigenen Leib kennengelernt hat, vielleicht sogar ein naheliegender Gedanke.
    Das Kuriose ist, dass es mir nichts ausmacht, ihn in dem Glauben zu lassen. Auch die Vorstellung, diesen Gedanken im Kopf der Bewohner meines Dorfes zu wissen, macht mir keine Angst. Im Gegenteil. Alles, was ich in diesem Moment will, ist, dass David zurechtkommt. Irgendwie. Mit der Zeit. Mit den Wochen, Monaten. Irgendwann.
    Und ja, ich weiß, dass er es wird. Auf seine ganz eigene Weise. Vielleicht ist das der Grund,

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