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Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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weil wir hier stehen und das Leere Grab untersuchen —
die Zusammenhänge durchschauen. Ein Verbrecher ist der Kerl. Darüber seid ihr
euch doch im Klaren? Wer ein Flugzeug vernichtet, um mit dem Schatz des
Scheichs abzuhauen — der hat’s faustdick hinter den Ohren. Trotzdem...“ Tarzan
stockte, kratzte sich in seinen dunklen Locken und zog dann die Unterlippe mit
zwei Fingern lang, als wollte er Regen darin auffangen.
    „Ja? Und? Trotzdem...?“, fragte
Gaby.
    „Das mit Smith war ins Unreine
gesponnen. Bewiesen ist nichts.“
    „Trotzdem stimmt’s“, meinte
Karl. „Kann gar nicht anders sein.“
    „Richtig wohl fühle ich mich
immer erst“, sagte Tarzan nachdenklich, „wenn eine Sache glasklar ist.“
    „So glasklar wie Kloßbrühe“,
ulkte Klößchen. Oder wie ganz dicke Tinte.“
    „Ja“, Tarzan schlug zur
Bekräftigung die Faust in die Hand, „ich mach’s.“
    „O Gott!“ sagte Gaby und
verdrehte ihre blauen Augen zum Himmel. „Was denn nun schon wieder?“
    „Ich überzeuge mich, ob es
Smith ist.“
    „Willst du ihn suchen — dort
hinten in der Wildnis?“
    „Klar. Mit seiner Verletzung
ist der ziemlich hilflos. Kommt nur langsam voran. Den hole ich ein.“
    Klößchen formte beide Hände zum
Fernrohr und hielt sie sich vors rechte Auge. „Ziemlich weit, würde ich sagen.
Wenn ich das schaffe, bin ich geschafft, und dann könnt ihr mich nach Hause
tragen.“
    „Brauchst nicht mit“, sagte Tarzan.
„Niemand kommt mit. Das ist eine Späher-Aktion. Nur für einen. Ihr wartet hier.
Lange dauert’s bestimmt nicht.“
    „Wir könnten ja schon zur
Höllenmühle gehen“, schlug Klößchen vor, „und eisgekühlte Cola trinken, während
du als Späher unter sengender Sonne unterwegs bist. So hat dann jeder, wonach
er sich sehnt.“
    „Ich weiß, du verschmachtest
sonst.“ Tarzan lachte. „Also gut, wir treffen uns am Gasthaus.“
    Gaby zögerte. „Ich weiß nicht.
Es ist zu gewagt. Wir sollten in deiner Nähe bleiben.“
    „Nein, nein! Willi hat schon
recht. Im Gasthaus seid ihr besser aufgehoben. Helfen könntet ihr mir sowieso
nicht.“
    Freilich — Tarzan sagte das
nur, weil er Gaby nicht in Gefahr wissen wollte. Wie die Dinge sich zuspitzten
— für sie wurde es zu gefährlich.
    Sie redeten noch ein bißchen
hin und her. Aber Tarzan überzeugte Gaby, und die drei zogen mit Oskar in
Richtung Wildwechsel ab. Tarzan fiel in leichten Trab und hielt auf die
Baumgruppe zu. Zweimal sah er zurück. Jedesmal war Gaby stehengeblieben. Sie
blickte ihm nach und winkte, als würden sie sich dieses Jahr nicht mehr
wiedersehen.
    Tarzan erreichte die
Baumgruppe. Geländelauf in der Hitze — da schwitzte man wie in einer Sauna.
Hinter der Baumgruppe wurde der Boden noch schwerer. Ganze Berge von fauligem
Knüppelholz lagen herum. Einmal hätte Tarzan sich fast den Knöchel verknackst —
als er von einem glitschigen Stein abrutschte. Aber sofort verlegte er das
Körpergewicht auf den anderen Fuß, und der Knöchel blieb heil.
    Als er sich dem Waldrand bis
auf etwa 150 Meter genähert hatte, blieb er stehen. Vor den Bäumen schien die
Luft zu wabern. Fliegen summten. Wo Blüten waren, tummelten sich Bienen und
Hummeln. Ab und zu knackte irgendwo Holz, und im Wald schrie ein Eichelhäher.
Sonst war es still. Auch der Hubschrauber auf der anderen Seite des Moors war
wieder gelandet.
    Wo steckt Harry Smith? dachte
Tarzan. Ist er unter den Bäumen? Sieht er mich? Oder hat er sich in einen
Unterschlupf verzogen?
    Ohne Hast lief er weiter. Der
Boden wurde fester. Breites Gras mit so scharfen Rändern, daß man sich daran
schneiden konnte, wuchs hier. Auf den letzten Metern vor dem Waldrand gedieh
ein Meer kniehoher Halme. Wie wogender Weizen standen sie im Sonnenlicht, zart
wie Filigran und vom Sommerwind umspielt.
    Tarzan steuerte auf die vom
Blitz zerstörte Buche zu. Dort hatte der weißblonde Mann gestanden.
    Der Wald war wie eine Wand.
Hoch standen die Tannen und Fichten nicht. Aber sie hatten sich zum Dickicht
zusammengeschlossen, und wo eine Lücke gewesen war, füllten dornige Sträucher
das letzte bißchen Platz aus. Da war kein Durchkommen.
    Aber wo ist der Mann geblieben?
überlegte Tarzan. Gesehen habe ich ihn. Das war keine Einbildung und schon gar
keine Fata Morgana (Trugbild durch Luftspiegelung). Hinter die Buche ist
er, und dann...
    Jetzt war er bis auf wenige
Meter heran. Er sah den Pfad. Noch ein Wildwechsel. Er mündete hinter der
Buche, und dort war Schatten.
    Na also, dachte

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