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Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Tarzan. Da
können wir uns ja nicht verfehlen, Mr. Smith!
    Bei der Buche blieb er stehen.
Ihr Stamm vermoderte. Käfer krabbelten auf der toten Rinde. Auf dem Boden war
das Gras niedergetreten — nicht vom Wild, sondern von Schuhen. Dort lagen
Zigarettenreste. Tarzan berührte die Asche. Bei einigen Stummeln fühlte sie
sich warm an. Hatte Smith hier längere Zeit gestanden? Vielleicht auf dem Boden
gehockt und geraucht? Offenbar. Dann hatte er also alles beobachtet.
    Vorsichtig folgte Tarzan dem
Wildwechsel. Er war schmal. Die Zweige berührten seine Schultern. An einigen
Stellen mußte er sich durchzwängen. Leider verlief der Pfad in Windungen.
Deshalb konnte der Junge immer nur eine kurze Strecke überblicken — selten mehr
als zehn Meter.
    Während er lautlos vorwärts
pirschte, waren alle Sinne gespannt, und er hörte das Rauschen sofort. Zweige
streiften über Kleidung, weil jemand sich durch die Büsche schob. Die Person
kam Tarzan entgegen, mußte bereits hinter der nächsten Biegung sein. Jetzt ein
Hüsteln.
    Tarzan verharrte. Nach rechts
oder links ausweichen konnte er nicht. Sicherlich — er hätte sich auf den Boden
werfen und unter die Farne robben können. Aber das kam nicht in Frage. Er
wollte feststellen, ob es wirklich Harry 4 Smith war. Also mußte er
ihn anreden.
    Jetzt bewegten sich die Zweige,
die den Wildwechsel an dieser Stelle wie einen Vorhang abschlossen. Dahinter
huschte eine Gestalt. Hände griffen in die Zweige, drückten sie zur Seite, die
Gestalt kam hervor — sah Tarzan und blieb wie angewurzelt stehen.
    Auch Tarzan war überrascht.
    Stulla, den zweimetergroßen
Penner mit seinen geklauten Klamotten, den hatte er hier nicht erwartet.
    Sein Mauleselgesicht war
gerötet. Schweiß tropfte aus dem struppigen Bart.

    „He!“ schrie er Tarzan an. „Was
suchst du hier?“
    „Sie haben Ihren Bezirk aber
ganz schön ausgedehnt“, sagte Tarzan. „Suchen Sie doch zur Abwechslung mal vor
dem Rathaus! Vielleicht liegt die Schatzkiste dort.“
    „Was du hier suchst, will ich
wissen!“
    Tarzan lachte ihn an. „Pilze!
Was denn sonst?“
    „Du lügst! Du...“ Er stockte.
    „Ja? Was wollten Sie denn
sagen? Ist es für Pilze noch zu früh? Sie haben recht. Das Sammeln lohnt sich
erst in einigen Wochen. Naja, dann setze ich mich auf einen Baumstumpf und
warte solange.“
    Der riesenhafte, dürre Vagabund
kam auf Tarzan zu. „Ich frage dich nur noch einmal, was du hier suchst!“
    „Gestatten Sie, daß ich mal was
frage, Herr Stulla: Ist Ihnen zufällig jemand begegnet?“
    Stulla begann mit den Augäpfeln
zu rollen, wie es seine Gewohnheit war. Freilich wußte man nie, ob er damit
Tollwut, Unverständnis oder Heiterkeit andeuten wollte.
    „Begegnet? Hier? Wem denn?“
    „Das frage ich Sie?“
    „Hier... hier gibt’s doch
niemanden!“
    „Wir beide sind doch auch da.“
    „Hier gibt’s nur Wild.“
    Tarzan legte den Kopf schief.
„Sind Sie etwa Schlingensteller?“
    „Das ist unerhört! Eine
Frechheit! Du Lümmel!“
    „Hatte der Mann, dem Sie
begegnet sind, Herr Stulla, weißblonde Haare? Trug er eine blaue Pilotenjacke?
Humpelt er und war er auf einen Stock gestützt?“
    „Niemandem bin ich begegnet.
Niemandem. Ich... ich... wollte wandern. Bei dem schönen Wetter, nicht wahr?“
    „Klar“, sagte Tarzan grinsend.
„Ist gesund. Und das Wetter muß man ausnutzen. Na, dann auf Wiedersehen! Und
viel Glück bei der Schatzsuche. Passen Sie gut auf, daß niemand in Ihrem Bezirk
sucht. Da liegt nämlich allerhand rum.“
    Tarzan machte kehrt und trabte
zurück. Überraschenderweise unternahm Stulla nichts. Weder versuchte er, Tarzan
aufzuhalten, noch wollte er ihm etwas tun. Er blieb einfach stehen, sein trübes
Pennergehirn arbeitete zu langsam. Tarzan hörte nur einen gegrunzten Fluch, als
er weiterlief.

9. Schnaps am Kiosk
     
    Im Biergarten der Höllenmühle
drängten sich die Ausflügler. Nur noch wenige Tische waren frei. Lisa hatte
alle Hände voll zu tun. Auch Keipner, der faßbäuchige Wirt, servierte.
Schwitzend eilte er hin und her.
    Gaby, Karl und Klößchen saßen
an einem kleinen Tisch in der Sonne zuzzelten Limonade durch Strohhalme und
hatten besorgte Mienen. Erst als sie Tarzan sahen, hellten die Gesichter sich
auf.
    Er trabte heran, war ziemlich
verschwitzt und plumpste auf den einzigen freien Stuhl. Oskar sprang sofort an
ihm hoch und leckte seinen nackten Unterarm ab.
    „Uff!“ sagte er. „Jetzt habe
ich Durst. Und der ist ehrlich erworben. Waldläufer

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