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Das leere Grab im Moor

Das leere Grab im Moor

Titel: Das leere Grab im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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der Schatzkiste, schießt das Reh und wird gestört, weil Polizei, Feuerwehr
und Technisches Hilfswerk anrücken. Er kann das Reh nicht zur Straße bringen.
Also hängt er’s nach alter Wilddiebsart in den Baum, versteckt das Gewehr im
Leeren Grab — wiederum, ohne den Schatz zu bemerken — und geht seelenruhig nach
ITause. Naja, und die vorläufig letzte Szene des Dramas haben wir miterlebt.
Jetzt hat Funke den Schatz und kann’s wahrscheinlich nicht fassen.“
    Klößchen hatte staunend mit
offenem Mund zugehört.
    Karls Miene drückte Zustimmung
aus.
    Gaby lächelte. „Besser kann
sich das keiner zusammenreimen, Tarzan. Du hast messerscharf kombiniert.“
    Tarzan grinste verlegen. „Halb so
schlimm. Ihr wärt auch drauf gekommen. Ich habe es nur als erster
ausgesprochen.“
    Karl riß eine Gerte vom Strauch
und klopfte damit gegen sein Hosenbein. „Und was machen wir jetzt?“
    „Wir haben alle Trümpfe in der
Hand“, lachte Tarzan. „Irgendwie werden wir Funke überführen. Und vor allem:
Wir holen uns den Schatz. Denn“, er griff in die Tasche und hielt Funkes
Schlüsselanhänger hoch, „wir können in sein Haus, wann wir wollen. Und da wir
nur den Schatz sicherstellen, ist es weder Einbruch noch Diebstahl.“
    „Dann kriegen wir den
Finderlohn“, sagte Karl aufgeregt. „Was hatte ich ausgerechnet? 750 000 Mark.“
    „Aber es geht durch vier“,
lachte Klößchen.
    „Lohnt sich immer noch“, sagte
Gaby. „Für Oskar beanspruche ich lediglich einen neuen Knochen aus Büffelleder.
Ansonsten ist er bei mir beteiligt.“
    Alle lachten. Dann hatte
Klößchen Bedenken, daß die ganze Geschichte zu gefährlich sein könnte. Karl
trug mit gefurchter Stirn und der Logik seines Computergehirns vor, daß das
Eindringen in ein fremdes Haus wahrscheinlich doch strafrechtliche Folge hätte.
    Aber davon wollte Tarzan nichts
hören. „Wir schädigen niemanden. Wir tun nichts Böses. Wir verhindern aber eine
Fundunterschlagung. Oder glaubt ihr im Ernst, Funke liefert den Tresor ab?“
    Daß er das bestimmt nicht täte,
war die einhellige Meinung.
    „Natürlich werden wir’s so
machen, daß Gaby nicht gefährdet wird“, sagte Tarzan.
    Während er das sagte, stand er
an der Schmalseite des Leeren Grabes, hatte das Gesicht nach Westen gewandt und
blickte Gaby an. Sie stand mit dem Rücken nach Westen. Dort war die Baumgruppe,
dort weitete das Moor sich aus — bis zu einem fernen Waldrand, der als
undurchdringliche Wildnis galt.
    Ein greller Strahl traf Tarzans
Augen.
    Das Blitzen kam vom Waldrand
her.
    Es war, als werde er scherzhaft
mit einem Spiegel geblendet, wie das Kinder manchmal machen. Irgend etwas dort
hinten reflektierte die Strahlen der Sonne. Sie stand schräg hinter Tarzan — im
Süden, aber noch ein bißchen östlich. Denn es war noch nicht hoher Mittag.
    „Gib mal das Fernglas“, sagte
Tarzan rasch und streckte Karl die Hand hin.
    Wieder blitzte in der Ferne was
auf.
    Tarzan sah durch das Glas,
korrigierte am Entfernungsring, und der Waldrand rückte auf Armlänge heran.
    Ein Mann stand dort. Die
Schulter hatte er gegen den hohlen Stamm einer vom Blitz gespaltenen Buche
gestemmt. Vor die Augen hielt er ein mächtiges Fernglas — einen Feldstecher mit
tassengroßen Linsen. Sie hatten das Sonnenlicht gespiegelt.

    Tarzan spürte: Der Mann sah ihn
an.
    Zumindest sah er zur Gruppe
her.
    Er schien ein großer Kerl zu
sein, trug sportliche Kleidung. Und eine bläulich glänzende — Pilotenjacke.
    „Ich sehe was, was ihr nicht
seht“, sagte Tarzan. „Ist groß, hat einen Feldstecher, weißblonde Haare, zeigt
große Neugier für uns und steckt in einer Pilotenjacke. Toll, was?“
    „Harry Smith“, sagte Klößchen
sofort.
    „Wo?“ Das war Karl.
    „Am Waldrand. Moment... kannst
gleich hinglotzen. Er...“
    Tarzan redete nicht weiter.
Unverwandt hatten er und der weißblonde Mann sich angestarrt. Jetzt ließ der
vermeintliche Harry Smith seinen Feldstecher sinken und wandte sich ab.
    Von seinem Gesicht sah Tarzan
fast nichts — aber was anderes.
    Smith bewegte sich mühsam. Er
griff nach einem Knüppel, der an der Buche lehnte, und stützte sich schwer
darauf.
    Humpelnd verschwand er unter
den Bäumen.
    „Es stimmt. Es stimmt“,
haspelte Tarzan. „Ich habe richtig getippt. Er ist verletzt, kann nicht richtig
laufen, humpelt, aber... Teufel noch eins! Der hat uns gesehen. Hat er auch
Funke gesehen? Wenn ja, dann weiß er, daß wir den Kräutersammler beobachten
konnten. Und daß wir —

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