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Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)

Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition)

Titel: Das leichte Leben: Eine Geschichte aus der Vorstadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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Landkarte auf dem Schoß, Svenja durfte ohne Zeitlimit Gameboy spielen und wurde mit einem Abendessen bei McDonald’s entschädigt.
    Das erste Objekt in Gerding erwies sich als zu abgelegen. Der Neubau stand in Sichtweite der Isar, am äußersten Ortsrand; Frieder und Daria mussten die Gummistiefel aus dem Auto holen (sie hatten für diese Fälle ein Paar stets griffbereit im Kofferraum), weil es geregnet hatte und die provisorischen Trittsteine im Schlamm versanken. Aber Daria wollte nicht auf ein Auto angewiesen sein (einen Zweitwagen für Mutter und Kind fand sie irgendwie bourgeois), und das Haus hatte nicht jenen Charme, ihre Prinzipien auf eine ernsthafte Probe zu stellen.
    Bei ihrem zweiten Besuch in Gerding sagte Daria, noch während Frieder den Wagen vor dem Haus einparkte: „Das ist es.“ Svenja stürmte sofort auf den Spielplatz, wo drei Kinder ihres Alters im Sand hockten. Es war ein warmer Herbsttag, wolkenloser, blauer Himmel, vor einer Haustür plauderten zwei Frauen und nahmen fingergerechte Stücke Zwetschgendatschi von einem Teller, den eine der beiden in der Hand hielt. Eine Haustür stand offen, ohne dass jemand herein- oder herausging. Ein Mann mit gepflegtem Vollbart, ungefähr in Frieders Alter, bekleidet mit Jeans und grauem Sweatshirt, putzte seinen Wagen von innen; auf dem Autodach, auf einer Gummimatte, stand ein halbvolles Glas Weißbier, der Radiosprecher kündigte die ersten Liveberichte aus den Stadien an. Frieder fühlte sich irgendwie irreal, als wäre er in die Dreharbeiten eines Werbespots für eine Bausparkasse geraten. Er wollte Svenja zu sich rufen, wurde aber in diesem Moment von einem so umfassenden Gefühl der Sorglosigkeit durchströmt, dass er sie nur per Handzeichen auf das Haus hinwies. Svenja nickte nur und hockte sich in den Sand. Der Makler stand bereits lächelnd im Türrahmen und reichte Daria die Hand.
    Das Haus bot drinnen keine Überraschungen. Die Küche zu klein – eine Kammer, in der sich Geräte stapelten – das Wohnzimmer groß genug, um ein Tennisnetz in der Mitte aufzuspannen. Aber es war voll unterkellert, verfügte im ersten Stock über drei Zimmer plus Bad, und der Garten war zwar, im Vergleich zu Frieders Elternhaus, nicht größer als zwei Briefmarken, aber immerhin vorhanden. Der Voreigentümer, erklärte der Makler, hatte nur ein gutes Jahr hier gewohnt und musste dann aus beruflichen Gründen Gerding verlassen. Aber was er hinterließ, passte einfach perfekt wie die Kücheneinrichtung, war geschmackssicher wie der Parkettboden und das Badezimmer … Frieder hörte den Ausführungen des Maklers nur mit halbem Ohr zu, er wusste, Daria hatte sich entschieden, sie hatte sich in diesen Schnappschuss verliebt, Samstagnachmittag um 15 Uhr 30, Gerding, Karolinenstraße 6.
    Als sie zwei Stunden später bei McDonald’s saßen, sagte er: „Es gibt in meinen Augen wenig Argumente dagegen. Nahe an der S-Bahn, einen Bäcker, einen Supermarkt, die Schule – alles in fußläufiger Entfernung. Das Haus in einer Spielstraße, die Nachbarn scheinen ziemlich kompatibel. Nur kommt mir Gerding ein bisschen zersiedelt vor, irgendwie nicht sehr schön.“
    „Ich brauche keine Pro- und Contraliste mehr“, sagte sie und nahm eine Pommes von Svenjas Tablett.
    „Das hat der Makler gemerkt.“
    Sie hob ihre Schultern und drehte die Handflächen nach außen. „So what?“
    „Das verkleinert unseren Verhandlungsspielraum“, erläuterte er. „Gib diesen Typen nie das Gefühl, du willst das Objekt unbedingt haben. Sozusagen um jeden Preis.“
    „Ich möchte auch nicht verhandeln, ich möchte kaufen“, sagte Daria.
    Frieders Vater reiste an. „Es ist eure Entscheidung“, sagte er, „aber ich möchte sehen, wohin mein Geld verschwindet.“ Frieder versuchte, letztlich vergeblich, den Widerspruch in diesem Satz nicht wahrzunehmen. Aber er ließ zu, dass sein Vater im Alleingang mit dem Makler verhandelte (und den Kaufpreis tatsächlich um ein paar Prozente drückte) und im Alleingang mit seiner Bank, die auch Frieders Bank war, alle Formalitäten erledigte. Frieder würde seinem Vater monatlich eine Summe überweisen, die noch unter ihrer bisherigen Miete lag. „Ein sanfter Kaiserschnitt“, sagte Daria, „keine Schmerzen, kein Blut, keine Opfer.“
    Sechs Wochen später zogen sie ein. Daria schenkte Frieder ein Weißbierglas und ein Staubtuch fürs Auto, zur Erleichterung nachbarschaftlicher Kontakte.
     
    Sie konnte nach den ersten Schritten hören, ob Frieder

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