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Das letzte Buch

Das letzte Buch

Titel: Das letzte Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Zivkovic
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augenblicklich im Kühlschrank. Sie prüfen unsere Obduktionsbefunde.«
    |104| »Haben sie kein Vertrauen in Ihren Sachverstand?«
    »Doch«, sagte Hauptkommissar Milenković. »Wir sind nur besser ausgerüstet.«
    »Bedeutet das, Sie übernehmen den Fall?«
    »Nein. Fahren Sie nur mit den Ermittlungen fort. Wir werden zusammenarbeiten.«
    »Ich hatte nicht angenommen, dass Sie das interessieren würde.«
    »Uns interessiert alles, was die nationale Sicherheit bedrohen kann.«
    »Glauben Sie, dass es sich hier um so etwas Großes handelt?«
    »Vielleicht nicht. Aber wir werden dafür bezahlt, dass wir Paranoiker sind. Man darf keine Möglichkeit im Voraus ausschließen.«
    »Terrorismus?«
    »Unter anderem. Berichten Sie mir bitte, was Sie herausgefunden haben.«
    »Fast nichts. Wir hatten in kurzer Zeit drei Todesfälle in der Buchhandlung ›Papyrus‹ und einen außerhalb davon. Allen gemeinsam
     ist, dass die Todesursache fehlt. Doktor Dimitrijević hat Ihnen bestimmt die medizinische Seite der Fälle erklärt.«
    »Ich habe erklärt, dass wir nichts festgestellt haben«, sagte der Doktor. »Wir werden in Kürze sehen, ob die Kollegen vom
     Sondereinsatzkommando erfolgreicher sein werden. Wie gesagt, sind sie besser ausgerüstet.«
    »Unterscheidet sich diese Buchhandlung irgendwie von anderen Buchhandlungen?«, fragte Hauptkommissar Milenković.
    Ich zuckte die Schultern. »Vielleicht dadurch, dass sie auf gehobene Literatur Wert legt. Aber das ist wohl kaum von Bedeutung
     bei dieser Sache.«
    »Man weiß nie. Sie haben Literatur studiert, nicht wahr?«
    |105| Ich blickte ihn eine Weile wortlos an.
    »Sie sind gut unterrichtet.«
    »Das ist meine Arbeit. Sehen Sie bei den Vorgängen im ›Papyrus‹ Ähnlichkeiten mit einem literarischen Werk?«
    Ich drehte mich rasch zu Doktor Dimitrijević um, der den Kopf gesenkt hielt.
    »Wenn Sie an das Buch ›Der Name der Rose‹ denken, da gibt es gewisse Ähnlichkeiten.«
    »Könnten Sie mir kurz den Inhalt des Buchs schildern?«
    »Haben Sie es nicht gelesen?«
    »Ich habe kaum Zeit zu lesen.«
    »Schade. Dann wären Sie noch besser unterrichtet.«
    »Ich werde mich bemühen, ›Der Name der Rose‹ zu lesen. Bis dahin werde ich Ihre Kurzfassung würdigen.«
    »In einem mittelalterlichen Kloster ereignen sich eine Reihe Morde. Es stellt sich heraus, dass sie durch ein Buch hervorgerufen
     wurden, dessen Seiten mit Gift bestrichen sind. Die Opfer belecken beim Umblättern die Finger und werden so vergiftet.«
    »Das ist schlau! Gibt es hier ein Buch, das die vier Todesfälle miteinander verbindet?«
    »Die drei Toten in der Buchhandlung haben unmittelbar vor ihrem Tod in einem Buch gelesen, aber soweit uns bekannt ist, die
     Frau, die in ihrer Wohnung starb, nicht.«
    »Aber sie hat die Buchhandlung auch besucht, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Haben die anderen drei dasselbe Buch gelesen?«
    »Das wissen wir nicht. Niemand hat darauf geachtet.«
    »Schade.«
    »Vielleicht ist es egal, was sie gelesen haben. Es muss sich ja nicht nur um ein einziges Buch gehandelt haben wie in ›Der
     Name der Rose‹
.
«
    »Ja.« Nach kurzem Nachdenken nickte Hauptkommissar Milenković. »Es können auch mehrere Bücher sein.«
    |106| »Eines oder mehrere Bücher«, meinte Doktor Dimitrijević, »wenn hier ›Der Name der Rose‹ nachgeahmt wird, dann haben wir es
     mit einem ernst zu nehmenden Gegner zu tun. Jemand verfügt über ein Gift, das zumindest nicht leicht nachgewiesen werden kann.
     Glauben Sie, Herr Hauptkommissar, dass Terroristen sich eine solche Waffe beschaffen können?«
    »Schwerlich, aber doch nicht ganz ausgeschlossen. Es wird sehr wichtig sein, dass wir feststellen, welche Substanz benutzt
     wurde. Das wird uns dann an ihre Quelle führen, und diese Fährte werden wir weiter verfolgen.«
    »Wenn überhaupt etwas benutzt wurde«, sagte ich halblaut.
    Hauptkommissar Milenković musterte mich durchdringend.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Vielleicht hat das alles gar nichts mit ›Der Name der Rose‹ zu tun?«
    »Haben Sie eine andere Vermutung, wie vier Menschen sterben können, scheinbar ohne Grund?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein.«
    »Na gut. Dann werden wir uns auf die einzige Vermutung konzentrieren, über die wir derzeit verfügen.«
    Ein Handy klingelte, aber dem Ton nach nicht meines. Hauptkommissar Milenković griff in seine Tasche.
    »Ja?«
    Er hörte eine Weile blinzelnd, aber wortlos zu. Dann steckte er das Handy wieder ein.
    »Ich werde in den

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