Das letzte Buch
zum Tod führen können, ohne Spuren zu hinterlassen.«
»Das habe ich. Aber ich habe Ihnen auch erklärt, dass man da unmöglich herankommt. Außer wenn Sie annehmen, dass hier das
Amt für Nationale Sicherheit involviert ist.«
»Lassen wir jetzt zunächst einmal beiseite, wie man an die Substanzen gelangen kann und wer da mit einbezogen ist. Im Augenblick
interessiert mich mehr, wie man sie anwenden kann.«
»Das hängt von der Substanz ab. Wenn sie flüssig ist, genügt es, ein wenig auf eine Stelle zu tropfen, wo sie mit der Haut
in Berührung kommen könnte. Ist sie pulverförmig, wird sie einfach dorthin geschüttet, wo man erwartet, dass jemand sie berührt.«
»Das könnte in beiden Fällen ein Buch sein?«
»Ja, das wäre möglich.«
»Wollen Sie sagen«, mischte sich die Ärztin ein, »dass wir es hier mit jemandem zu tun haben, der versucht, ›Der Name der
Rose‹ zu imitieren?«
Wieder lächelte ich sie an. »Ich wusste nicht, dass Sie sich für Literatur interessieren.«
|98| »Dachten Sie denn, mich interessiert nichts weiter als Autopsie?«
»Nein, natürlich …«
»Wenn das stimmt«, Doktor Dimitrijević rettete mich vor dem Herumgestottere, »dann sind wir in ernsthaften Schwierigkeiten.
Obwohl ich auch weiterhin nicht sehe, wie irgendjemand an die Substanzen herankommen könnte. Vielleicht könnte ich ein bisschen
herumhorchen bei ein paar Freunden, die Beziehungen zum Geheimdienst haben.«
»Das wäre sehr nützlich. Seien Sie bloß so diskret wie möglich, damit wir sie nicht unnötig alarmieren. Es ist nicht ausgeschlossen,
dass ich auf einer völlig falschen Fährte bin.«
»Natürlich.«
»In Ordnung. Dann gehe ich jetzt und sehe mir die Wohnung der Frau Stojanović an.«
Die Ärztin ging zu einem Schränkchen neben dem kleinen Tisch mit dem Computer und holte Plastikhandschuhe.
»Nehmen Sie die. Ob die Fährte nun falsch ist oder nicht – sie können nichts schaden!«
|99| 17.
Noch nie hatte ich in einem Zimmer so viele Gemälde gesehen. Die Wände des Salons waren von oben bis unten mit gerahmten Bildern
unterschiedlicher Größe bedeckt, die zueinanderpassten wie Teile eines Mosaiks und keinen freien Raum übrig ließen. Es war
schwer, sich auf ein Bild zu konzentrieren, weil unweigerlich auch die Nachbarbilder ins Gesichtsfeld kamen.
Nur an einer Stelle, zwischen zwei hohen Fenstern, wurde dieses bunte Puzzle gestört durch ein schmales Regal voller Bücher.
Es handelte sich hauptsächlich um Bände über Kunstgeschichte, aber auch literarische Werke, ausnahmslos in Luxusausgaben.
Etwas Billiges hätte nicht in diese teure Galerie gepasst.
Ich sah mir die Säule aus Büchern an. Zuerst schienen sie mir völlig ungeordnet hingestellt. Aber das hätte überhaupt nicht
zu Frau Stojanović gepasst. Doch dann merkte ich, dass es immerhin eine Ordnung gab, nur anders, als ich sie erwartet hatte.
Die Bücher waren nicht nach Titeln geordnet, sondern nach den Namen der Autoren.
Ich zog mein Handy hervor und machte einige Aufnahmen. Ich wollte sie später am Computer auswerten, aber die Ungeduld siegte.
Im Übrigen hatte ich es ja nicht eilig. Ich trat zum Regal und ließ den Blick über die Buchrücken in der obersten Reihe gleiten.
Als ich bis zur unteren Hälfte des Regals gekommen war, |100| gab es noch immer keine Abweichungen. Ich zögerte kurz, ob ich es bleiben lassen sollte, aber ich fuhr fort. In der vorletzten
Reihe angelangt, war ich bitter enttäuscht. Als hätte jemand ein Versprechen gebrochen, das er mir gegeben hatte.
Und dennoch wurde das Versprechen gehalten. In der untersten Reihe schließlich war die Reihenfolge gestört. Beinahe hätte
ich aufgeschrien! Wenn mich irgendetwas an meine Arbeit als Kommissar bindet, dann sind es diese Augenblicke, wenn sich zeigt,
dass Beharrlichkeit sich auszahlt. Dass eine scheinbar sinnlose Suche dennoch nicht sinnlos ist …
Ich setzte mich auf den Fußboden, um besser zu sehen. Die letzten sieben Bücher hätten sich nicht in dieser Reihe befinden
dürfen. Die Namen der Autoren gehörten viel weiter nach oben. Rasch setzte ich ihre Anfangsbuchstaben zusammen – aber zunächst
schwand meine Begeisterung jäh. Was zustande kam, ergab keinen Sinn.
Als Nächstes machte ich ein Akronym aus den Titeln, doch auch das brachte keine Früchte. Entmutigt starrte ich eine Weile
auf die sieben Bücher, dann zog ich Notizheft und Stift hervor und schrieb die Namen der Autoren und die Titel
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