Das Letzte Einhorn und Zwei Herzen
darauf lauern, etwas anderes zu werden. Und aus dieser universalen Spannung bezieht er seine Kraft. Für einen Magier ist März Mai, ist Schnee grün und Gras grau, dies ist das, oder was immer dir beliebt. Leg dir noch heute einen Zauberer zu!«
Er beendete seine Ansprache auf einem Knie und mit ausgebreiteten Armen. König Haggard murmelte nervös: »Steh auf, steh auf, du bereitest mir Kopfschmerzen. Im übrigen habe ich schon einen Hofzauberer.«
Mühsam erhob sich Schmendrick, sein Gesicht war rot und sehr enttäuscht. »Davon hast du kein Wort gesagt. Wie heißt er denn?«
»Sein Name ist Mabruk«, erwiderte König Haggard. »Ich spreche nicht oft von ihm. Selbst meine Soldaten wissen nicht, dass er hier im Schloss lebt. Mabruk ist all das, was nach deinen Worten eine Zauberer sein soll, und darüber hinaus noch so viel mehr, dass ich bezweifle, ob du solche Dinge auch nur träumen kannst. In seiner Zunft ist er bekannt als ›Der Zauberer der Zauberer‹. Ich kann keinen Grund sehen, weshalb ich ihn durch einen namenlosen, lächerlichen fahrenden Zauberer ersetzen sollte.«
»Aber ich kann es!«, fiel ihm Schmendrick verzweifelt ins Wort. »Ich kann mir einen Grund denken, den du selbst vor weniger als einer Minute genannt hast! Dieser wunderbare Mabruk macht dich nicht glücklich!«
Auf das grimmige Gesicht des Königs sank ein Schatten, ein Schatten aus Enttäuschung und Verrat. Einen Atemzug lang sah er wie ein verwirrter junger Mann aus. »Aber ja, das ist wahr«, murmelte er. »Mabruks Magie hat mich seit langem nicht mehr entzückt. Wie lange mag es wohl her sein?« Er klatschte laut in die Hände und rief: »Mabruk! Mabruk! Erscheine, Mabruk!«
»Ich bin hier«, sprach eine tiefe Stimme aus einem Winkel des Raumes. Ein alter Mann in einem dunklen, glitzernden Gewand und mit einem spitzen, gleißenden Hut stand dort, und niemand hätte mit Sicherheit zu sagen vermocht, ob er nicht seit der Ankunft des Königs und seiner Besucher dort gestanden hatte. Bart und Brauen waren weiß, die Gesichtszüge mild und weise, die Augen aber hart wie Hagelschloßen. »Was wünscht Eure Majestät von mir?«
»Mabruk, dieser Herr hier ist von deiner Zunft. Sein Name ist Schmendrick.«
Des alten Zauberers eisige Augen weiteten sich ein wenig und er musterte den abgerissenen Mann. »Wirklich und wahrhaftig!«, rief er in scheinbarer Freude aus. »Schmendrick, mein lieber Junge, wie schön, dich hier zu sehen! Du wirst dich nicht an mich erinnern können, aber ich war ein lieber guter Freund deines Lehrmeisters, des guten alten Nikos. Er setzte auf dich solche Hoffnungen, der arme Mann! Ist das aber eine Überraschung! Bist du wirklich immer noch im Gewerbe? Meine Güte, bist du ein hartnäckiger Bursche! Ich sage ja immer, Beharrlichkeit macht neun Zehntel jeder Kunst aus – natürlich ist es nicht gerade sehr viel, neun Zehntel eines Künstlers zu sein. Was mag dich wohl hierherführen?«
»Er ist gekommen, um deinen Platz einzunehmen.« König Haggards Stimme klang entschieden und endgültig. »Er ist mein neuer Hofzauberer.«
Schmendricks verwundertes Auffahren entging dem alten Mabruk nicht, obwohl er von der Entscheidung des Königs wenig überrascht zu sein schien. Eine Sekunde lang erwog er offensichtlich den Wert eines Wutausbruchs, doch dann schlug er einen Ton herzlicher Belustigung an. »Der Wunsch Eurer Majestät ist mir Befehl, jetzt und immerdar«, schnurrte er. »Doch vielleicht ist Eure Majestät daran interessiert, ein wenig über die Vergangenheit seines neuen Hofzauberers zu erfahren. Ich bin sicher, dass der gute Schmendrick nichts dagegen hat, wenn ich erwähne, dass er in unserer Zunft schon so etwas wie eine Legende geworden ist. Unter den Adepten ist er bekannt als ›Nikos’ Narr‹. Seine entzückende und vollkommene Unfähigkeit, selbst die einfachsten Zauberzeichen zu beherrschen, seine schöpferische Art, mit der kinderleichtesten Beschwörungsformel umzugehen, ganz zu schweigen von…«
König Haggard machte eine knappe Handbewegung, und Mabruk verstummte augenblicklich. Prinz Lír kicherte. Der König sagte: »Von seiner Unfähigkeit brauche ich nicht überzeugt zu werden. Ein einziger Blick verrät sie mir, so wie mir ein einziger Blick sagt, dass du einer der großen Magier dieser Welt bist.« Mabruk blähte sich, strich seinen prächtigen Bart und zog die gütigen Brauen hoch.
»Aber das bedeutet mir nichts«, fuhr der König fort. »In der Vergangenheit hast du jedes Wunder
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