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Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das letzte Evangelium: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Schatzkarte sollte Prospero zum Versteck führen. Irgendetwas, das er gesagt hat, treibt mich um. Aber was war das?
    Wir gingen in die Bibliothek, weil Prospero sich die Geheimkammer ansehen wollte. Ich fragte ihn, wieso. Und er antwortete, dass derartige Rumpelkammern einen unwiderstehlichen Reiz auf mich ausüben. Und dass er glaube, ich könnte das Mandylion dort versteckt haben.
    Die Ikone in der Geheimkammer!, schießt es mir durch den Kopf. Das ist des Rätsels Lösung!
    Die Ikone des Verrats weist Prospero den Weg. Ich bin von Galcerán verraten worden. Ich bin tot. In der Malschicht unter dem Verrat des Judas liegt das Bild des Mandylions verborgen. Eine Ikone unter der Ikone! Nein, eine Ikone in der Ikone, eine Christus-Ikone mit verleimtem Geheimversteck als Reliquiar für das Mandylion!
    Das ist so genial, dass es schon verrückt ist.
    Ich stecke mein Notizbuch ein, nehme die Kerze, haste in die Bibliothek und reiße die Tür zur Geheimkammer auf.
    Da ist sie!
    Die goldglänzende Ikone liegt zwischen den zerfledderten Folianten. Ich gehe die drei Stufen hinunter, hocke mich hin, beuge mich mit ausgestrecktem Arm vor und ziehe das Tafelbild mit spitzen Fingern aus dem stinkenden Unrat. Fiepend flüchten zwei Mäuse durch die raschelnden Papyrusrollen und Pergamente in den hinteren Teil dieser grauenvollen Höhle.
    Ich richte mich auf, gehe mit pochendem Herzen die Stufen wieder hinauf und betrachte die Ikone, die mit Mäusekot bedeckt ist und furchtbar stinkt. Tatsächlich, das Bild besteht aus zwei aufeinandergeleimten Holztafeln. Ich reiße ein Stück Pergament ab, das an der Rückseite der Ikone klebt.
    Wieder ein Krachen. Als ob Holz unter den Schlägen einer Axt birst und splittert.
    Mit der Ikone gehe ich in die Werkstatt zurück. Ich lege sie auf die Werkbank, greife zu Klopfholz und Stecheisen, setze die messerscharfe Klinge des Eisens an und schlage zu.
    Knackend lösen sich die beiden Tafeln.
    Noch mal.
    Der Spalt wird größer.
    Noch mal.
    Das Stecheisen dringt tief in die Ikone ein. Mit einem Ruck hebele ich die verleimten Tafeln auseinander.
    Erschrocken halte ich die Luft an.
    Das kann doch nicht sein!
    Es gibt ein Geheimversteck in der Ikone – aber es ist leer.

Kapitel 109
    In der Werkstatt
23. Dezember 1453
Kurz vor ein Uhr nachts
    Ein gewaltes Donnern lässt das Aedificium in den Grundfesten erbeben.
    »Brecht durch die Tür!«
    Aufgewühlt werfe ich das Werkzeug auf den Tisch. Und jetzt?
    Mir bleibt keine Zeit mehr. Ich muss verschwinden. Sofort.
    Einen Augenblick noch! Warum ist das Geheimversteck leer? Warum liegt die leere Ikone in der Geheimkammer begraben? Damit Galcerán sie findet? Aber wo ist das Mandylion denn nun versteckt?
    War mein Analogieschluss falsch? Eine Ikone in der Ikone. Ein Christusbild als Reliquiar für das Mandylion.
    Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag. Mein Herz beginnt zu rasen, und meine Knie zittern.
    Dio mio!
    Da hätte selbst Prospero nicht nachgesehen! Und dabei hielt er das mit Blattgold und Juwelen geschmückte Reliquiar doch in der Hand!
    Ich schiebe das Stecheisen in meinen Gürtel, verlasse die Werkstatt und hetze die Treppe hoch, dem Kampf entgegen. Ein rascher Blick ins Dormitorium beweist: Das Holz der Tür splittert unter den Äxten der Johanniter. Noch ein paar Schläge, und sie brechen durch.
    Nur weg von hier!
    Ich reiße die Tür zur Zelle des Abtes auf, werfe den Deckel der Reisetruhe hoch und greife nach der Ikone aus dem Chora-Kloster, die Prospero für seine Ikonensammlung haben wollte.
    Das Mandylion war die ganze Zeit hier!
    Trotz meiner Anspannung kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Ich habe es nicht einen Augenblick lang aus den Augen gelassen, während Galcerán die ganze Abtei danach abgesucht hat.
    Die kostbare Ikone mit Jesus Christus als Pantokrator im Kaiserornat, der das mit Juwelen geschmückte Evangelium im Arm hält, besteht aus nur einer Holztafel. Sie ist drei Finger dick, der Länge und Breite nach gespalten und wieder zusammengeleimt. Als wäre die jahrhundertealte morsche Ikone während der Flucht zerbrochen.
    Befindet sich in dem verleimten Spalt zwischen Vorder- und Rückseite das Versteck des Mandylions?
    Keine Zeit mehr!
    Im Dormitorium splittert Holz. Sie brechen durch.
    Ich nehme die Ikone, hetze zur Treppe und flüchte hinunter in die Werkstatt.
    Rasch verriegele ich die Tür.
    Dann wuchte ich den schweren Reibstein davor und verkante ihn so mit dem Amboss, dass die Tür nicht so leicht und schnell

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