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Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das letzte Geleit: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Fux
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provozierte. Jetzt nicht mehr, dachte sie grimmig.
    »Was ist mit Konstantin?«
    »Das ist allerdings seltsam.« Gertrud strich sich die makellose Schürze glatt und setzte sich dann zu Anna aufs Bett. »Man hat ihn noch nicht gefunden. Es kann sein, dass er noch im Keller verschüttet ist. Allerdings …«
    »Was?«
    »Allerdings ist auch eines der Autos verschwunden. Der alte Lieferwagen«, sagte sie verschwörerisch.
    Freitag, 26. Dezember 2008
    »Bei der Operation Gomorrha ist nicht nur halb Hamburg abgebrannt, auch Eichenhof hat einen Treffer abbekommen.«
    »Aber das ist doch mindestens dreißig Kilometer von Hamburg entfernt.« Theo schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Vielleicht hat ein Pilot sich verflogen. Wir wissen es nicht. Jedenfalls ist eine Bombe in ein Nebengebäude gekracht. Es war das Haus, in dem Konstantin zu Weißenfels und Sven von Vries ihre ›Privatpatienten‹ untergebracht hatten.«
    »Und dabei ist von Vries getötet worden.«
    »Ja.« Der Professor seufzte. »Leider. Ich hätte ihm so gern gedankt.«
    »Also hat Konstantin zu Weißenfels auch private Forschungen betrieben. Genau wie von Vries.« Hanna warf Theo einen Blick zu. »Vielleicht ist er unser Mann.«
    Karl Lewander wackelte bedächtig mit dem großen Kopf. »Mit dem war irgendetwas Seltsames«, murmelte er. Mit seinen winzigen Händen pflügte er durch die vergilbten Seiten des Ordners.
    »Hier!« Triumphierend deutete er auf eine Seite. »1983 habe ich mit Hein Kruse gesprochen. Er war damals Stallbursche in Eichenhof und hat geholfen, die Toten zu bergen. Er hat mir erzählt, dass man Weißenfels’ Leiche nie gefunden hat. Entweder die Bombe hat ihn völlig zerfetzt …«
    »Oder?«
    »Oder er hat sich in dieser Nacht abgesetzt. Offenbar fehlte eines der Fahrzeuge …«

Kapitel 14
     
    Der letzte Zeuge
     
    Freitag, 26. Dezember 2008
    Prof. Lewander hatte ihnen seine Ordner mit der Recherche aus den 80er-Jahren überlassen. Zerstreut blätterte Hanna darin, während Theo den Citroën startete.
    »Vor zwanzig Jahren waren die meisten Zeugen noch am Leben«, sagte sie neidvoll. »Und sie waren auch nicht senil.« Von den vergilbten Seiten stieg das typische, leicht modrige Aroma von altem Papier auf. Sie klappte das Handschuhfach auf, um in dessen schwachem Licht die Buchstaben entziffern zu können.
    »Na, das ist ja ein Ding«, rief sie plötzlich so laut, dass Theo in die Bremsen stieg und den Motor abwürgte.
    »Mensch, erschreck mich doch nicht so.«
    Hanna beachtete ihn nicht. Aufgeregt blätterte sie in den Unterlagen.
    »Da gibt es eine gewisse Ilse Steiner, die in Eichenhof gearbeitet hat.«
    »Und, was ist mit der?« Theo startete den abgesoffenen Wagen neu.
    »Als Karl Lewander sie in den Achtzigern gesucht hat, saß sie hinter Gittern.«
    »Und? Was hatte die Dame auf dem Kerbholz?«
    »Der Todesengel vom Henriettenstift«, las Hanna eine Schlagzeile vor. Sie hielt ihm den Zeitungsausschnitt entgegen. Theo winkte ab. Er musste sich auf die Straße konzentrieren.
    »Die Frau hat offenbar da weitergemacht, wo die Nazis 1945 aufhören mussten. Sie hat ihren Patienten Todesspritzen verabreicht.«
    Der Artikel stammte aus dem Jahr 1974. Schwester Ilse Steiner hatte im Rahmen ihres Prozesses zugegeben, neun Patienten getötet zu haben. »Aus reiner Menschlichkeit«, wie sie bis zum Schluss beteuerte. »Sie hat ›lebenslänglich‹ bekommen«, informierte ihn Hanna.
    »Recht so.«
    Theos Handy machte sich bemerkbar. Es ertönte der Radetzkymarsch. »Verflixte Göre«, schimpfte er belustigt. »Radetzkymarsch. Da kriegt man ja einen Herzinfarkt.«
    Hanna lachte. Er reichte ihr das noch immer rhythmisch wummernde Gerät.
    »Bestattungsinstitut Matthies, was können wir für Sie tun?«, flötete Hanna. Am anderen Ende herrschte Stille.
    »Ach, du bist das, Hanna«, sagte May dann. »Hör mal, ich hab hier eine etwas heikle Angelegenheit. Das muss Theo entscheiden. Seid ihr bald fertig?«
    »Wir sind schon unterwegs.«
    »Bestell deiner missratenen Tochter, es gibt Ärger«, grummelte Theo aus dem Hintergrund.
    »Bis gleich«, sagte May huldvoll.
    Eine Stunde später saß Theo im Wohnzimmer von Henriette Petersen, 82 Jahre alt und vor nicht einmal 24 Stunden zur Witwe geworden. Theo registrierte erleichtert, dass sie den Schlag offenbar mit Fassung trug. Weinende alte Damen machten ihn immer ganz hilflos. Die zierliche Seniorin saß sehr aufrecht in einem eiförmigen Ledersessel von Arne Jacobsen, einem

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