Das letzte Gericht - was berühmte Menschen zum Schluss vespeist haben
mehr am Lebensrhythmus eines normalen Menschen orientieren soll. In der Nacht steht Ludwig trotzdem auf. Doch die Ãrzte haben vorsorglich seine Kleidung aus dem Zimmer entfernt. Nur mit Nachthemd und Socken bekleidet, geht Ludwig in seinem Zimmer auf und ab. Er sehnt sich nach der Einsamkeit zurück, die er als die natürlichste Form des Seins betrachtet. Die Unmöglichkeit, seine homoerotischen Bedürfnisse öffentlich auszuleben, hat ihm klar gemacht, dass er sein Leben in einer einsamen Fantasiewelt verbringen muss. Doch die selbst gewählte Isolation ist in Schloss Berg der aufgezwungenen Gesellschaft mehrerer Nervenärzte und Pfleger gewichen.
Bereits am nächsten Tag, dem 13. Juni 1886, wird der gefangene König von Bernhard von Gudden und seinen Kollegen wieder mit Fragen und Therapievorschriften gequält. Gegen Mittag unternimmt Ludwig einen einstündigen Spaziergang mit dem Psychiater rund um das Schloss. Zur Sicherheit folgt den Beiden ein Pfleger im Abstand von gut hundert Metern. Der abgesetzte König will in Erfahrung bringen, wie weit seine Bewacher gehen würden, ob sie ihm vielleicht gar nach dem Leben trachten. In seiner aussichtslosen Lage hält er nichts mehr für unmöglich. Doch von Gudden überhört die Ãngste des Königs geflissentlich. Beim folgenden Mittagessen berichtet er seinen Kollegen, Ludwig habe sich in seine neue Lage »wunderbar eingefunden«. Er sei gar »wie ein Kind«. Am Abend werde er wieder mit dem König spazieren gehen, doch dieses Mal ohne den überflüssigen Schutz eines Pflegers.
Ludwig speist währenddessen allein in seinem vergitterten Schlafgemach. Mehrfach erkundigt er sich bei dem Dienst habenden Pfleger Bruno Mauder ängstlich, ob das Essen auch wirklich nicht vergiftet sei. Doch seine Bedenken sind unbegründet. In der Küche von Schloss Berg steht der langjährige Leibkoch des Königs, Theodor Hierneis. Ihm kann Ludwig vertrauen. In den letzten Monaten verwöhnte Hierneis den königlichen Gaumen vorzugsweise mit Hechtenkraut und zartem Rehschnitzel. Bissfestere Nahrung zu zerkleinern, ist Ludwigs marodem Gebiss kaum mehr möglich. Bis auf vier Zähne sind dem 40-Jährigen inzwischen alle anderen herausgefallen.
Auch am 13. Juni 1886 legt sich Theodor Hierneis schwitzend ins Zeug, um dem gefangenen Monarchen seine Lieblingsspeisen auf den Teller zu zaubern. Serviert wird ihm das Menü gegen 16 Uhr 30 mit stumpfem Obstbesteck. Bernhard von Gudden und seine Kollegen wollen sicher gehen, dass Ludwig das geschliffene Silberbesteck nicht zweckentfremdet. Zu seiner letzten Mahlzeit trinkt der König einen Krug Bier, zwei Gläser Maiwein, drei Gläser Rheinwein und zwei Schnapsbecher Arrak. SchlieÃlich schlürft er noch eine Tasse Kaffee und beauftragt seinen Pfleger Bruno Mauder leicht angetrunken, Bernhard von Gudden zu benachrichtigen, dass er nun bereit für den abendlichen Spaziergang sei.
Es ist 18 Uhr45, als sich der König und der Psychiater bei einsetzendem Regen auf den Weg machen. Wie von Gudden es bereits angekündigt hat, folgt ihnen dieses Mal kein Pfleger auf ihrem Gang zum Seeufer hinunter.
Als die beiden Spaziergänger um 20 Uhr noch immer nicht zurück im Schloss sind, veranlasst von Guddens Kollege Dr. Müller beunruhigt eine Durchsuchung des Parks. Am Seeufer werden kurz darauf die Hüte und Regenschirme der beiden Vermissten gefunden. Die Leichen von Ludwig II . und Bernhard von Gudden entdeckt man wenig später im seichten Uferwasser des Starnberger Sees. Beide Männer sind ertrunken. Während der König keine äuÃeren Verletzungen aufweist, ist von Guddens Gesicht an Stirn und Nase mehrfach zerkratzt. Ãber dem rechten Auge befindet sich zudem ein groÃer blauer Fleck, und der Nagel am Mittelfinger seiner rechten Hand ist zur Hälfte abgerissen. Ludwigs Taschenuhr ist nach Eindringen des Wassers ins Gehäuse um 18 Uhr 54 stehen geblieben.
Noch in der Nacht wird der Tod des bayerischen Märchenkönigs offiziell zum Unglücksfall erklärt.
Bayerischer
Märchenkönigschmaus
Hechtenkraut
Zutaten: 1 Hecht, 500 g Sauerkraut, 1 Zwiebel, 125 g Krebsfleisch, â
Liter WeiÃwein, Zitronensaft, Zucker, Semmelbrösel, Butter
Zubereitung: Den Hecht herauslösen, von allen Gräten befreien und in kleine Stücke reiÃen. Die Zwiebel klein schneiden und zusammen mit dem Sauerkraut, WeiÃwein, etwas
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