Das letzte Hemd
einem mehrfarbigen Armeewappen. Hier war er
richtig.
Larry schnappte sich seine Umhängetasche mit Laptop und allem
nötigen Gerät und stieg aus. Na, wenn das hier das »Media Centre« war, dann
wollte er das »Education Centre Annex« lieber nicht sehen. Geschweige denn die
»Detention Rooms«.
***
»Das kannst du dir nicht vorstellen, das sah aus wie ein Knast
in Einfamilienoptik!« Ann-Britt war immer noch stinksauer über das Haus im
Levy-Weg. »Eternit und Waschbeton. Und dazu in einer Farbe verputzt, als habe
das Haus die letzten dreißig Jahre am Kamener Kreuz gestanden. Ach was, auf dem Kamener Kreuz!«
Rosenmair tätschelte beruhigend ihren Arm und schenkte Kaffee nach.
Er war froh, nicht mitgekommen zu sein, auch weil er nicht Gefahr laufen
wollte, dem neugierigen Nachbarn aus dem Levy-Weg erneut in die Arme zu laufen.
Wäre der aufgetaucht, wäre es eh vorbei gewesen, denn dann hätte er Ann-Britt
ganz schnell auf den Fehler mit dem Verkaufsschild hingewiesen. Aber Rosenmair
hatte Glück gehabt – und Ann-Britt einen ungestörten Blick auf ein Alptraumhaus
mit Durchfahrtsgarten. Jetzt musste er nur noch verhindern, dass sie mit der
Maklerin sprach, denn die würde schnell erkennen, dass da irgendwas falsch
gelaufen war. Doch auch da hatte Rosenmair Glück, vorerst jedenfalls.
Ann-Britt trank ihren Kaffee aus und nahm sich noch eins der
Mandelhörnchen, die Rosenmair extra für sie besorgt hatte. »Wahrscheinlich ist
das Haus auch noch asbestverseucht, unfassbar. Ich glaube, mit der Maklerin
will ich gar nichts mehr zu tun haben, die hatte am Telefon tatsächlich
gemeint, das Haus sei so schnuckelig und bestimmt genau das Richtige für uns.
Pah!« Sie zog ihr Mobiltelefon aus ihrer Handtasche. »Zum Glück gibt es ja noch
genügend andere Makler.«
Rosenmair hob abwehrend die Hände. »Glück würde ich das nicht nennen – Makler sind doch eine Pest auf zwei Beinen. Aber vielleicht findet ihr ja
auch was von privat? Dann könnte man sich die Maklergebühr sparen. Ich meine,
da zahlt man locker mehr als zehntausend Euro dafür, dass die einem das Haus
aufschließen und ein Exposé mit unscharfen Bildern und unleserlichem Grundriss
zuschicken. Und man kann sich nicht mal dagegen wehren, die Courtage zahlst du,
egal ob die ihren Job gut machen oder total scheiße.«
»Du legst dich ja ganz schön ins Zeug.« Ann-Britt sah ihren Vater
amüsiert an. »Man könnte glatt meinen, du hättest da persönliche Erfahrungen …«
Rosenmair zuckte mit den Achseln. »Nein, aber ich kann mich auch
ohne persönliche Erfahrung aufregen. Das mit den Maklern ist in den USA viel besser geregelt, da zahlen nämlich die Ver käufer und nicht die Käufer.«
Seine Tochter seufzte. »Aber wir sind nicht in den USA , und da wollen wir auch gar nicht wohnen, auch wenn
du mit Philipp zusammengerasselt bist, als er dir so von seiner Zeit dort
vorgeschwärmt hat …«
»Ach was, gerasselt – das sähe aber anders aus.« Rosenmair sah die
Gelegenheit gekommen, ein bisschen Zwietracht zu säen. »Wie läuft denn die
Karriere unseres nächsten Ministers fürs Wichtigtun? Hat er seinen Vorgänger
schon beerbt?«
Ann-Britt stieß Rosenmair in die Seite. »Sei nicht so eklig, der
Mann liegt immer noch im Koma!«
Rosenmair musste unwillkürlich an Herrn Kolbich denken – und an Frau
Kolbich, die er morgen unbedingt treffen musste. Aber jetzt wollte er mal
herauskriegen, was Ann-Britt eigentlich über die Sache wusste. Vielleicht würde
er von ihr ja Dinge erfahren, die er Becker gegenüber einsetzen konnte. Er
winkte halb entschuldigend ab und lehnte sich im Küchenstuhl vor. »Was ist denn
das überhaupt für einer, dieser Parteifreund? Kanntest, äh, kennst du den?«
Ann-Britt schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich. Der war halt auch
immer auf irgendwelchen Feiern und anderen Parteiveranstaltungen. Ich hab
vielleicht zwei-, dreimal mit dem gesprochen, aber nicht mehr als ›Guten Tag‹,
›Wie geht’s?‹ und ›Schön, Sie zu sehen‹. Sympathisch war der mir nicht …«
»… im Gegensatz zu all den anderen Obersympathen aus dieser
Partei.« Rosenmair konnte es nicht lassen.
»Sehr witzig. Nein, das ist so ein knallharter Neoliberalist und
Moralapostel, der zum Beispiel harte Strafmaßnahmen bei Drogenvergehen fordert,
wogegen ja grundsätzlich auch nichts zu sagen ist, aber der ist da rigoros und
will die Leute gleich beim ersten Mal verknacken. Und er spricht auch gern von
klaren Zuwanderungsbegrenzungen, damit
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