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Das letzte Hemd

Das letzte Hemd

Titel: Das letzte Hemd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Puettjer , Volker Bleeck
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vielleicht der Name der Maklerin was sagt. Du kennst hier doch
Gott und die Welt, und selbst wenn nicht, findet sich ja immer was in deinem
Internet …«
    Larry schmunzelte. Rosenmair bezeichnete das World Wide Web in
Larrys Gegenwart gerne als »dein Internet«, als habe dieser es erfunden oder
würde es besitzen und sei vor allem schuld an all den Ärgernissen, die der
Daten-Highway so mit sich brachte.
    »Wie heißt denn deine Maklerin? In der Gegend arbeitet hauptsächlich
eine Frau, mit der ich zuletzt mal persönlich zu tun hatte, weil ich ein Objekt
für einen Kunden gesucht habe. Die war wirklich seeehr nett«, Larry zog das E
vielsagend in die Länge, »und wir waren auch ein paarmal schön essen …«
    Rosenmair unterbrach ihn. »Das will ich gar nicht wissen. Die
Maklerin heißt Schwarzenbach, Barbara Schwarzenbach.«
    »Stimmt, Barbara.« Larry schnalzte mit der Zunge. »Die war blond …«
Ein bisschen klang das wie eine Frage.
    Rosenmair stöhnte auf. »Das kann ich nun wirklich nicht sagen, auf
dem Schild steht davon jedenfalls nichts.«
    »Doch, die war das. Und die war blond.« Larry war sich jetzt sicher.
»Sie hat fast alle zum Verkauf stehenden Häuser in Waldniel unter Vertrag, weil
ihr Vater da früher schon Makler war. Allerdings macht sie nur Wohnhäuser, ich brauchte damals ja was Größeres …«
    »… was mich jetzt aber gar nicht interessiert. Meinst du, man
kann mit der reden?«
    »Wieso, willst du umziehen?«, fragte Larry neugierig.
    »Nein, meine Tochter. Aber es geht mehr darum, das zu verhindern.«
    »Ach so. Ja, dann solltest du auf jeden Fall mit Barbara reden. Und
wie gesagt, für ein gutes Essen ist sie immer zu haben.«
    Einen Moment lang dachte Rosenmair über diesen Satz nach, der, zumal
aus Larrys Mund, eindeutig zweideutig klang, aber dann beließ er es dabei. Er
wollte schon auflegen, doch dann fiel ihm noch etwas ein. »Sag mal, kann ich
mich auf dich berufen, oder ist es mal wieder besser, deinen Namen nicht zu
erwähnen?«
    Larry wollte schon zu einer empörten Entgegnung ansetzen, als ihm
eine der damaligen Situationen wieder ins Gedächtnis kam. »Na ja, es ist
vielleicht besser, wenn mein Name nicht fällt, wenigstens vorerst …«
    »Danke. Das dachte ich mir.« Rosenmair legte auf. Wieder sah er zu
dem hübschen Einfamilienhaus hinüber, vor dem das Maklerschild stand. Musste es
denn gleich so ein schönes Exemplar sein? Der Vorgarten war gepflegt, es gab
sogar einen weißen Lattenzaun, der nach einem neuen Anstrich die Bullerbü-Optik
der weißen Sprossenfenster sicher noch mehr unterstreichen würde. Dazu lag das
Haus perfekt, auf der ruhigen Seite der Straße und unbedrängt von allzu nahen
Nachbarhäusern. Wenn Ann-Britt dieses Haus sah, würde sie alle Hebel in
Bewegung setzen, es zu kaufen. Am Geld würde es sicherlich nicht scheitern –
zum einen hatten Politiker konservativer Parteien meist die besten Verbindungen
zu Banken und anderen Finanzierungsmodellen und bekamen gern auch mal Sonderkonditionen
mit besonders günstigen Zinssätzen zugeschustert, zum anderen war da auch immer
noch Papi Lindner, der dem jungen Paar bestimmt großzügig unter die Arme griff,
um es danach jedem zu erzählen.
    Der Richter drehte sich um. Das wäre das
richtige Haus, um seine Tochter vom Kauf abzuschrecken. Er ging über die Straße
und sah sich das Exemplar auf dem Eckgrundstück genauer an. So sahen Häuser
aus, die keiner haben wollte. Graubraun verputzt, rundum Waschbetonplatten auf
Kellerhöhe, Eternitplatten ums Dach und schmutzig-beigefarbene Rollläden. Der
Vorgarten war fast ein bisschen verwahrlost, der hintere Teil des Gartens dafür
so nah an der Landstraße, dass die vorbeifahrenden Autos eigentlich Mautgebühr
bezahlen müssten. Und es waren nicht wenige Autos, die im Laufe der halben
Stunde, die Rosenmair vor Ort war, vorbeifuhren. Er sah genauer hin. Das Haus
sah nicht aus, als sollte es verkauft werden, es sah eher aus, als wäre es
fluchtartig verlassen worden, und zwar vor längerer Zeit. Er ging wieder auf die
andere Straßenseite und besah sich das Maklerschild genauer. Plötzlich trat ein
Mann von der Seite an ihn heran. Rosenmair war so in seine Gedanken vertieft
gewesen, dass er ihn gar nicht bemerkt hatte.
    »Sind Sie ein Interessent?« Der Mann sah ihn freundlich an.
    Rosenmair machte eine vage Körperbewegung, irgendwo zwischen
Kopfnicken und Schulterzucken. Der Mann war anscheinend nur neugierig,
wahrscheinlich war er ein Nachbar. Das

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