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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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leben. Er ist ständig krank. Vielleicht stirbt er bald, und sein Sohn ist noch ein Säugling. Wenn er also stirbt, werde ich König. Oh, süßer Herr Jesus!» Dieser lästerliche Ausruf galt den beiden Priestern, die gerade hereingekommen waren. Sie gehörten zu A Ethelwolds ständiger Begleitung, waren aber eher Aufseher als Höflinge und gekommen, um den Prinzen ins Bett zu schicken.
    Beocca missbilligte meine Freundschaft mit A Ethelwold. «Er ist ein dummer Junge», befand er.
    «Das bin ich in Euren Augen doch auch.»
    «Deine Dummheit sollte nicht auch noch bestärkt werden, oder? Lass uns jetzt lesen, wie der heilige Swithun das Osttor der Stadt gebaut hat.»
    Als Epiphanias gefeiert wurde, war ich, wie Beocca meinte, im Lesen so gut wie ein durchschnittlich begabter Zwölfjähriger, was nach Alfreds Einschätzung ausreichte. Er verlangte nicht, dass ich theologische Texte verstand, sondern wollte lediglich, dass ich seine Befehle lesen konnte, falls er mir jemals welche geben sollte. Und das war schließlich das eigentliche Ziel meiner Übungen. Leofric und ich wollten Truppen befehligen, nur deshalb hatte ich Beoccas Unterweisungen über mich ergehen lassen und Swithuns Wunderwerke an Forellen, Möwen und zerbrochenen Eiern zu schätzen gelernt. Über die Führung von Truppen aber entschied einzig und allein der König, und es gab nicht sonderlich viele Truppen, die anzuführen waren.
    Die Armee der Westsachsen war zweigeteilt. Der erste, kleinere Teil bestand aus dem Gefolge des Königs, Männern, die ihn und seine Familie beschützten. Sie taten nichts anderes und waren gering an der Zahl. Weder Leofric noch ich wollten irgendetwas mit ihnen zu tun haben, denn wer der Leibwache des König angehörte, musste sich stets in seiner Nähe aufhalten, also auch mit ihm in die Kirche gehen.
    Der zweite und weitaus größere Teil war der Fyrd, der sich aus den Verbänden der einzelnen Grafschaften zusammensetzte. Die Aldermänner und Vögte der Grafschaften waren verantwortlich für die Bereitstellung aller tauglichen Männer innerhalb der jeweiligen Grenzen. Da kamen gewaltige Kriegerzahlen zusammen. In Hamptonscir zum Beispiel konnten mit Leichtigkeit gut dreitausend Männer zu den Waffen gerufen werden, und insgesamt warteten neun Grafschaften mit ähnlichen Zahlen auf. Von den Truppen der Aldermänner abgesehen, bestand der Fyrd allerdings vor allem aus Bauern. Manchen standen einfache Schilde und Speere zur Verfügung, und auch Äxte gab es genug, doch fehlte es an Schwertern und Rüstungen. Der größte Mangel aber bestand darin, dass diese Verbände nicht außerhalb der Grafschaftsgrenzen kämpfen wollten, zumal dann, wenn Felder zu bestellen waren. Bei der Schlacht an A Escs Hügel, der einzigen, in der die Westsachsen die Dänen besiegen konnten, waren nur die Wachtruppen Alfreds und seines Bruders beteiligt gewesen. Der Fyrd war in seiner einschüchternd wirkenden Masse erst ins Spiel gekommen, als die eigentlichen Kämpfer den Sieg bereits errungen hatten. Mit anderen Worten: Der Fyrd war in etwa so nützlich wie ein Loch im Schiffsboden, doch hoffte Leofric, in der großen Menge ein paar gute Kämpfer ausfindig machen zu können.
    Darüber hinaus versuchte Leofric, die Schiffsmannschaften, die sich den Winter über in den Schänken von Hamtun betranken, für das Heer zu gewinnen. Dazu musste Alfred überredet werden, Hacca von seinem Flottenkommando zu entbinden. Glücklicherweise kam Hacca von sich aus nach Cippanhamm, um den König zu bitten, ihn freizustellen. Er gestand Alfred, dass er täglich den Himmel anflehe, nie wieder aufs Meer hinauszumüssen. «Ich werde immer seekrank, Herr.»
    Alfred hatte stets Mitgefühl für alle, die an Krankheiten litten, da er selbst häufig krank war. Er muss wohl auch gewusst haben, dass Hacca als Oberbefehlshaber der Flotte nicht viel taugte, stand nun aber vor dem Problem, einen Ersatz für Hacca zu finden. Er rief vier Bischöfe, zwei Abte und einen Priester zusammen, um sich von ihnen beraten zu lassen, und ich erfuhr von Beocca, dass sie alle fleißig für eine glückliche Besetzung des frei gewordenen Postens beteten. «Tu was!», knurrte mich Leofric an.
    «Was zum Teufel könnte ich denn tun?»
    «Du hast doch Freunde unter den Priestern. Sprich mit ihnen. Und sprich mit Alfred, Earsling.» So nannte er mich nur noch, wenn er wütend war.
    «Er kann mich nicht leiden», entgegnete ich. «Wenn ich ihn bitte, uns die Flotte anzuvertrauen, wird er sie

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