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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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geplagte Mann. «Um Gottes willen, lies einfach weiter.»
    Ich las, doch das Leben in Cippanhamm bestand nicht nur aus Leseübungen. Alfred ging wenigstens zweimal in der Woche auf Jagd, die allerdings mit der Art zu jagen, die ich aus dem Norden kannte, nur wenig gemein hatte. Statt Wildschweinen nachzustellen, legte er mit Pfeil und Bogen auf Hirsche an, die ihm von Knechten ins Schussfeld getrieben wurden. Wenn sich nicht bald ein Hirsch zeigte, verlor er die Geduld und kehrte zu seinen Büchern zurück. Ich glaube, er jagte nur deshalb, weil dies von einem König erwartet wurde, ein Vergnügen empfand er nicht dabei. Ich aber liebte es. Ich tötete Wölfe, Hirsche, Füchse und Eber, und auf einem solchen Jagdausflug begegnete mir A Ethelwold.
    A Ethelwold war Alfreds ältester Neffe, der als Sohn König A Ethelreds dessen Nachfolge hätte antreten sollen. Nur einen oder zwei Monate jünger als ich, war er mir in vielerlei Hinsicht ähnlich, abgesehen davon, dass er von seinem Vater und von Alfred gut gehütet worden war und darum noch nie einen Mann getötet oder in einem Schildwall gestanden hatte. Er war groß gewachsen, kräftig und wild wie ein ungezähmtes Fohlen. Er hatte lange, dunkle Haare, das schmale Gesicht seiner Familie und klare Augen, mit denen er die Aufmerksamkeit aller Mädchen erregte. Er jagte mit mir und Leofric, trank und hurte mit uns, sooft er der Aufsicht der Priester entkommen konnte. Er schimpfte häufig auf seinen Onkel, tat dies aber nur, wenn er mit mir allein war, und nie gegenüber Leofric, den er fürchtete. «Er hat die Krone gestohlen», sagte A Ethelwold über Alfred.
    «Der Ältestenrat hielt dich für zu jung.»
    «Bin ich das etwa immer noch?», fragte er empört. «Es wäre also an der Zeit, dass Alfred den Thron für mich räumt.»
    Ich hob meinen Krug, um auf diese Forderung anzustoßen, sagte aber nichts.
    «Sie lassen mich nicht einmal kämpfen!», klagte A Ethelwold. «Wenn es nach Alfred ginge, würde ich zum Priester geweiht. Dieser verfluchte Bastard.» Er trank einen großen Schluck, sah mich dann ernst an und sagte: «Sprich mit ihm, Uhtred.»
    «Was soll ich ihm denn sagen? Dass du nicht Priester werden willst?»
    «Das weiß er längst. Nein, sag ich, dass ich mit dir und Leofric kämpfen möchte.»
    Ich dachte kurz darüber nach und schüttelte dann den Kopf. «Damit würde ich nichts erreichen.» «Warum nicht?»
    «Weil er fürchtet, dass du dir einen Namen machst», antwortete ich.
    A Ethelwold zog die Stirn kraus. «Einen Namen?», fragte er sichtlich verblüfft.
    «Als berühmter Krieger hättest du hohes Ansehen beim Volk. Du bist ein Prinz, und das ist schon gefährlich genug. Alfred kann nicht wollen, dass du dich auch als Krieger auszeichnest.»
    «Dieser frömmelnde Wichtigtuer», murrte A Ethelwold. Er schob sich das lange, schwarze Haar aus dem Gesicht und blickte schmachtend in Richtung Eanflaed, jener Rothaarigen, die in der Schänke eine Kammer hatte und für gute Geschäfte sorgte. «Gott, ist die hübsch», sagte er. «Er ist einmal dabei erwischt worden, wie er es mit einer Nonne getrieben hat.»
    «Alfred? Mit einer Nonne?»
    «So heißt es. Er hat immer den Mädchen nachgestellt. Konnte seinen Hosenstall einfach nicht geschlossen halten. Aber jetzt haben ihn die Priester unter der Fuchtel. Dem Kerl gehört der Bauch aufgeschlitzt.»
    «Sag das zu jemand anderem als mir», bemerkte ich, «und du wirst aufgehängt.»
    «Ich könnte zu den Dänen überlaufen», meinte er.
    «Ja. Sie würden dich mit offenen Armen empfangen.»
    «Um mich dann auszunutzen?», fragte er und ließ erkennen, dass er kein Narr war.
    Ich nickte. «Wie Egbert oder Burghred oder dieser neue Mann in Mercien.»
    «Ceolwulf.»
    «König von ihren Gnaden», sagte ich. Ceolwulf, ein mercischer Aldermann, saß jetzt, da Burghred in Rom auf den Knien rutschte, auf dem Thron seines Landes, war aber ebenso wenig ein wirklicher König wie sein Vorgänger. Zwar hatte er neue Münzen prägen lassen und das Gerichtswesen reformiert, doch jeder wusste, dass in seiner Ratskammer Dänen vertreten waren und Ceolwulf tunlichst alles unterließ, was deren Zorn heraufbeschwören mochte. «Willst du das wirklich?», fragte ich. «Zu den Dänen überlaufen und dich ausnutzen lassen?»
    Er schüttelte den Kopf. «Nein.» Er malte mit den verschütteten Ale tropfen ein Muster auf die Tischplatte. «Am besten tue ich gar nichts.»
    «Wieso?»
    «Der Scheißkerl wird hoffentlich nicht lange

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