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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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entscheiden, ob er mir die Flotte anvertraute oder nicht. «Ich möchte dich mir verpflichten, Uhtred», erklärte er.
    «Ich werde jeden Eid leisten, Herr», versprach ich.
    «Dazu wirst du Gelegenheit haben», entgegnete er scharf. «Darüber hinaus will ich, dass dir Wessex zur Heimat wird.»
    «Eine große Ehre, Herr.» Was hätte ich auch sonst sagen sollen?
    «Du musst zu Wessex gehören», sagte er und lächelte, als erwiese er mir einen Gefallen. «In Defnascir lebt eine Waise», fuhr er fort, und jetzt kam es endlich, «ein Mädchen, das ich gern verheiratet sähe.»
    Ich sagte nichts. Es hat schließlich keinen Zweck mehr, zu protestieren, wenn das Schwert bei der Hinrichtung schon fällt.
    «Ihr Name ist Mildrith. Sie ist mir lieb und teuer. Ein frommes Mädchen, bescheiden und treu. Ihr Vater war der Vogt von Aldermann Odda, und sie wird als Mitgift Landbesitz in die Ehe bringen, gutes Land. Und ich möchte, dass dieses gute Land einem guten Mann zukommt.»
    Ich versuchte ein Lächeln und hoffte, dass es nicht allzu säuerlich geriet. «Es wäre ein Mann, der sich glücklich schätzen könnte, Herr», sagte ich, «ein Mädchen heiraten zu dürfen, das Euch lieb und teuer ist.»
    «Nun denn, geh zu ihr und nimm sie zur Frau» - das Schwert war gefallen -, «dann will ich dich zum Befehlshaber der Flotte ernennen.»
    «Ja, Herr.»
    Als Leofric diese Neuigkeit erfuhr, lachte er wie eine verrückte Dohle. «Er ist kein Narr, nicht wahr?», prustete er. «Er macht aus dir einen echten Westsachsen. Was weißt du über dieses miltewarc?», spottete er und bezeichnete meine Zukünftige als «Schmerz in der Milz».
    «Sie heißt Mildrith und ist fromm.»
    «Natürlich ist sie fromm. Er würde dich doch nicht mit einer Beinespreizerin verkuppeln.»
    «Sie ist eine Waise», sagte ich. «Ungefähr sechzehn oder siebzehn Jahre alt.»
    «Himmel! So alt? Das muss eine hässliche Kuh sein! Armes Ding. Wahrscheinlich betet sie sich die Knie wund vor lauter Angst, von einem Earsling wie dir begattet zu werden. Doch das ist nun ihr Schicksal. Also, heirate sie. Danach können wir Dänen töten.»
    Es war Winter. Wir hatten in Cippanhamm Weihnachten gefeiert, und das war wahrhaftig kein Julfest gewesen. Nun ritten wir durch kalten Regen und Wind gen Süden, begleitet von Pater Willibald, unserem Flottenpriester. Ich wollte in Defnascir hinter mich bringen, was unvermeidlich war, und möglichst schnell nach Hamtun zurückkehren, um die Arbeiten an unseren zwölf Schiffen zu beaufsichtigen. Im Winter werden die Schiffsplanken sauber geschabt, ausgebessert und abgedichtet, und der Gedanke an die Schiffe brachte mich zum Träumen: von den Dänen und von Brida. Ich fragte mich, wo sie jetzt wohl war, was sie tat und ob wir uns jemals wiedersehen würden. Und ich dachte an Ragnar. Hatte er Thyra gefunden? Lebte Kjartan noch? Für mich waren sie alle nunmehr wie von einer anderen Welt, die sich mir immer weiter entfernte, je mehr ich mich von Alfred einspannen ließ. Er versuchte, einen Westsachsen aus mir zu machen, und hatte sein Ziel fast schon erreicht. Ich war darauf eingeschworen, für Wessex zu kämpfen, und musste nun auch noch einheiraten, obwohl ich im Herzen an meinem alten Traum festhielt, Bebbanburg zurückzuerobern.
    Ich liebte Bebbanburg, aber auch Defnascir sollte mir ans Herz wachsen. Als Thor die Welt aus dem Kadaver Ymirs schuf, gelang ihm mit der Gestaltung von Defnascir und der benachbarten Grafschaft Thornsaeta ein Meisterwerk aus sanften Hügeln und munter sprudelnden Bächen, fruchtbaren Tälern, blühender Heide und stolzen Häfen. In beiden Grafschaften ließ es sich herrlich leben, und ich hätte in Defnascir durchaus glücklich sein können, wenn mein Sehnen nicht immer auch auf Bebbanburg gerichtet gewesen wäre. Wir ritten in das Tal des Flusses Uisc, an gepflegten Ackern mit rötlicher Krume entlang, durch schmucke Orte und gelangten schließlich nach Exanceaster, der Hauptstadt der Grafschaft. Sie war von den Römern gegründet worden, die auf einem Hügel über der Uisc eine Festung errichtet und diese mit einer Mauer aus Flint, Bruchsteinen und Ziegeln umringt hatten. Als wir das Nordtor erreichten, stellten sich uns Wachsoldaten in den Weg.
    «Wir kommen, um Aldermann Odda zu sprechen», sagte Willibald.
    «Auf wessen Geheiß?»
    «Des Königs», antwortete Willibald voller Stolz und präsentierte einen Brief mit Alfreds Siegel, den die Wachen als solchen wahrscheinlich gar nicht erkannten.

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