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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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irgendjemandem unterstellen, nur nicht uns. Wahrscheinlich einem Bischof.»
    «Verflucht!», schnaubte Leofric.
    Am Ende rettete uns Eanflaed. Die Rothaarige hatte ein heiteres Gemüt und war Leofric auf besondere Weise zugetan. Sie hörte uns streiten, setzte sich an unseren Tisch und schlug mit beiden Händen auf den Tisch, damit wir Ruhe gaben. Dann wollte sie wissen, warum wir stritten. Dann nieste sie, weil sie erkältet war.
    «Ich will, dass dieser nichtsnutzige Earsling unsere Flotte befehligt», sagte Leofric und deutete mit dem Daumen auf mich. «Aber er ist zu jung, zu hässlich, zu dumm und zu heidnisch. Alfred folgt lieber dem Rat seiner Bischöfe, die ihm empfehlen werden, irgendeinen alten Sack zu ernennen, der nicht einmal einen Schiffsschnabel von seinem Schaft unterscheiden könnte.»
    «Welche Bischöfe?», fragte Eanflaed nach.
    «Die von Scireburnan, Wintanceaster, Winburnan und Exanceaster», antwortete ich.
    Sie lächelte und schnäuzte sich. Zwei Tage später rief mich Alfred zu sich. Es stellte sich heraus, dass der Bischof von Exanceaster eine Schwäche für Rothaarige hatte.
    Alfred begrüßte mich in seinem Palas, einem stattlichen Bauwerk aus starken Balken und Sparren und einer gemauerten Feuerstelle inmitten des Raums. Seine Wachen standen im Eingang, vor dem etliche Bittsteller auf eine Unterredung mit dem König warteten. Am anderen Ende des Raums saßen ein paar betende Priester beieinander. Von ihnen abgesehen waren Alfred und ich allein. Er ging vor der Feuerstelle auf und ab und sagte, dass er in Erwägung ziehe, mich zum Oberbefehlshaber der Flotte zu ernennen.
    Entschieden sei aber noch nichts, betonte er. Er wolle sich, so fuhr er fort, in seiner Wahl von Gott leiten lassen und nun im Gespräch mit mir herausfinden, ob dessen Rat mit seiner Intuition übereinstimme. Alfred legte großen Wert auf Intuition, auf das innere Auge, das, wie er mir einmal erklärt hatte, uns zu höherer Einsicht fuhren könne. Vielleicht hatte er Recht damit, aber zur Ernennung eines Befehlshabers der Flotte bedurfte es meiner Meinung nach keiner mystischen Einsicht. Gefordert waren vielmehr ein entschiedenes Kämpferherz und der Wille, Dänen zu töten. «Sag mir», fragte er mich, «hat das Lesen auch deinen Glauben gefestigt?»
    «Ja, Herr», beeilte ich mich zu antworten.
    «Wirklich?» Er ließ Zweifel anklingen.
    «Das Leben des heiligen Swithun», sagte ich und winkte mit der Hand, um anzudeuten, dass es mich tief beeindruckt hatte. «Und die Geschichten von Chad!» Ich hielt inne und tat so, als fehlten mir die Worte, diesen Langweiler angemessen preisen zu können.
    «O ja, ein Auserwählter Gottes, dieser Chad», frohlockte Alfred. «Noch am Staub seiner sterblichen Überreste konnten Menschen und Tiere genesen.»
    «Ein Wunder, Herr», pflichtete ich ihm bei.
    «Schön, dass du so denkst, Uhtred», sagte Alfred. «Dein Glaube lässt mich hoffen.»
    «Er schenkt mir großes Glück, Herr», beteuerte ich, ohne mit der Wimper zu zucken.
    «Denn nur der Glaube an Gott kann uns zum Sieg über die Dänen verhelfen.»
    «Ja, Herr», sagte ich so begeistert wie möglich und fragte mich, warum er mich nicht einfach zum Befehlshaber der Flotte ernannte und es dabei bewenden ließ.
    Alfred aber wollte plaudern. «Ich erinnere mich an unsere erste Begegnung», sagte er. «Der kindliche Glaube, den du damals an den Tag legtest, hat mich beeindruckt, Uhtred.»
    «Das freut mich, Herr.»
    «Doch dann» - er legte die Stirn in Falten - «musste ich feststellen, dass du vom Glauben abgefallen bist.»
    «Gott stellt uns auf die Probe, Herr», erwiderte ich.
    «Wahrlich, das tut er.» Plötzlich wimmerte Alfred. Er war wie so oft krank. Bei seiner Hochzeit war er vor Schmerzen zusammengebrochen, was aber möglicherweise auch damit zu tun hatte, dass ihm bewusst wurde, auf was er sich gerade einließ. Immer wieder überfielen ihn jähe Schmerzen. Die, so hatte er mir einmal anvertraut, seien jedoch leichter zu ertragen als jene blutigen Afterperlen, unter denen er früher so sehr gelitten hatte, dass er nicht mehr sitzen konnte. Sie traten zwar gelegentlich immer noch auf, doch die meiste Zeit über quälten ihn Bauchschmerzen. «Gott stellt uns auf die Probe», wiederholte er. «Und ich hoffe sehr, dass du dich bewährt hast.»
    «Das habe ich, Herr», erwiderte ich und sehnte das Ende dieser lächerlichen Unterhaltung herbei.
    «Trotzdem zögere ich, dich zum Befehlshaber zu ernennen. Du bist noch so jung.

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