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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gewarnt zu werden, doch seine Kundschafter versäumten es, den Aufbruch des dänischen Heeres zu melden, das ausschließlich aus berittenen Kämpfern bestand. Guthrum führte sie über die Temes und durch ganz Wessex hindurch, um eine große Festung an der Südküste einzunehmen. Werham, so der Name dieser Festung, lag westlich von Hamtun, nicht weit entfernt, aber durch den Poole, einen großen Binnensee, von der Hafenstadt getrennt. Bevor Alfred reagieren konnte, hatten Guthrums Männer Werham überwältigt und die Nonnen des Festungsklosters geschändet. Sie verschanzten sich innerhalb der Mauern, die im Norden und Süden von Flussläufen, im Osten durch den Poole und im Westen von einem mächtigen Wall samt Graben geschützt wurden.
    Mit einer Flotte war ihnen nicht beizukommen. Als wir von den Dänen in Werham hörten, gingen wir sofort an Bord unserer Schiffe, doch kaum hatten wir das offene Meer erreicht, sahen wir schon die feindliche Flotte aufkreuzen und mussten umkehren.
    Nie habe ich so viele Schiffe auf einmal gesehen. Guthrum war mit etwa tausend Reitern durch Wessex gezogen, die übrigen dänischen Streitkräfte rückten nun über den Seeweg vor, und ihre Schiffe verdunkelten den Horizont. Es waren Hunderte. Manche behaupteten später, drei-hundertfunfzig gezählt zu haben. Ich glaube, es waren weniger, aber gewiss mehr als zweihundert. Ein Wald aus Drachen- und Schlangenkopfsteven. Zahllose Ruder brachten das dunkle Wasser zum Schäumen. Eine Flotte zog in die Schlacht, und wir konnten uns nur in den Hafen zurückziehen und beten, dass die Dänen an Hamtun vorbeisegelten und uns verschonten.
    Sie segelten vorbei und schlossen sich in Werham mit Guthrums Truppen zusammen. Damit hatte eine riesige feindliche Armee im Süden von Wessex Fuß gefasst. Ich erinnerte mich an den Rat, den Ragnar Guthrum gegeben hatte. Zwingt sie, ihre Kräfte aufzuteilen. Es war also damit zu rechnen, dass ein weiteres Dänenheer irgendwo im Norden lag und nur darauf wartete, anzugreifen, und dass, wenn Alfred diesem Heer entgegenzöge, Guthrum aus Werham ausfallen und Alfreds Truppen von hinten angreifen würde.
    «Das ist das Ende Englands», sagte Leofric düster. Er, der sonst nicht zum Trübsinn neigte, war an diesem Tag sichtlich niedergeschlagen. Mildrith und ich hatten ein Haus in Hamtun bezogen, eines, das nahe am Wasser lag. Wenn wir, Leofric und ich, in der Stadt waren, aß er meist mit uns zu Abend. Wir liefen mit unserer kleinen Flottille immer wieder aus, weil wir hofften, ein vereinzeltes Feindesschiff aufbringen zu können. Doch die Dänen waren stets in großen Verbänden unterwegs, nie mit weniger als dreißig Schiffen, und ich wagte es nicht, Alfreds kleine Kriegsflotte in einem aussichtslosen Angriff aufs Spiel zu setzen. Im Hochsommer kreuzten mehrere Dänenschiffe im Gewässer vor Hamtun auf und ruderten bis fast an unseren Ankerplatz heran. Wir vertäuten unsere Schiffe, legten Rüstungen an, schärften unsere Waffen und warteten auf ihren Angriff. Doch sie waren scheinbar ebenso wenig auf Kampf aus wie wir. Um uns zu erreichen, hätten sie einen morastigen Kanal bewältigen müssen, durch den nur zwei Schiffe Seite an Seite hindurchpassten. Also begnügten sie sich damit, uns vom offenen Wasser aus zu verhöhnen. Es dauerte nicht lange, und sie zogen wieder ab.
    Guthrum wartete in Werham. Wie wir zwei Wochen später erfuhren, wartete er auf Halfdan und das von ihm angeführte Heer aus Nordmännern, Britonen und Welschen. Halfdan hatte in Irland den Mord an Ivar gerächt und war angeblich mit seinem Gefolge auf dem Weg nach Wales, um dort ein Heer zusammenzustellen, mit dem er dann die Saefern- See zu überqueren und in Wessex einzudringen beabsichtigte. Doch dazu kam es nicht. Laut Beocca hat Gott diesen Plan durchkreuzt. Gott oder die drei Spinnerinnen. Dem Schicksal entgeht niemand, und Halfdan war in Irland gefallen. Die Iren hatten ihn und sein Gefolge in einer blutigen Schlacht bezwungen. Von den drei Brüdern lebte jetzt nur noch Ubba, und der weilte immer noch im weit entfernten Norden. Dass Wessex in diesem Jahr verschont blieb, war also in erster Linie den Iren zu verdanken.
    Wir in Hamtun wussten von alldem nichts. Wir setzten unsere hilflosen Ausfälle fort und erwarteten die Nachricht eines weiteren Angriffs auf Wessex. Doch sie blieb aus. Dann, als die ersten Herbststürme über dem Meer wüteten, erreichte uns ein Bote Alfreds und verlangte von mir, dass ich den König aufsuchte, dessen

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