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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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meiner Absicht zu heiraten festhielt. Meine abgerissene Erscheinung beunruhigte ihn. «Was ist das für ein Fleck auf deinem Gesicht?», fragte er mich.
    «Da hat mich letzte Nacht eine Faust getroffen», antwortete ich. «Ich war betrunken. Der andere auch, aber ich schlimmer. Wenn ich Euch raten darf, Pater, lasst Euch nie auf einen Händel ein, wenn Ihr betrunken seid.»
    Zum Frühstück ließ ich mir wieder Ale einschenken. Willibald bestand darauf, dass ich meine besten Kleider anzog, die allerdings auch nicht weniger fleckig, zerknittert und verschlissen waren. Ich hätte gern mein Kettenhemd getragen, doch Willibald fand es für die Zeremonie in der Kirche unangemessen, und ich glaube, er hatte Recht. Er bürstete meine Sachen und versuchte, die gröbsten Flecken auszuwaschen. Ich fasste meine Haare mit einem Lederband zusammen, gürtete mich mit Schlangenhauch und Wespenstachel und überhörte Willibalds Einwand, der es auch für unangemessen hielt, in der Kirche Waffen zu tragen. Dann ging ich, einem zu Tode Verurteilten gleich, mit Willibald und Leofric in die Kathedrale.
    Es regnete, als hätte der Himmel alle Schleusen geöffnet. Das Wasser floss in Strömen durch die Straßen und sickerte durch das Strohdach der Kathedrale. Ein kalter Ostwind drang durch alle Ritzen der mit Holz verbretterten Wände, brachte die Kerzen auf dem Altar zum Flackern und blies manche aus. Es war eine kleine Kirche, die auf dem Fundament eines römischen Gebäudes gebaut zu sein schien, denn der Boden bestand aus Steinplatten, auf denen das Regenwasser in Pfützen zusammenlief. Der Bischof war schon zur Stelle und mit ihm zwei Priester, die versuchten, die flackernden Kerzenflammen zu schützen. Wenig später kam Aldermann Odda mit meiner Braut.
    Was ich erwartete? Eine hässliche Frau, vermute ich, eine mit pockennarbigem Gesicht, Sauertopfmiene und fetten Hüften. Nun, es nähme mir wohl niemand krumm, wenn ich die Frau nicht liebte, die ich allein wegen ihres Landbesitzes zu heiraten beabsichtigte und die mich heiratete, weil ihr keine Wahl blieb. Um solcherlei Dinge sollte man nicht viel Aufhebens machen, denn so will es der Brauch. Meine Aufgabe bestand darin, ihr Land zu nehmen, zu bearbeiten und Gewinn daraus zu ziehen, während Mildrith aufgerufen war, mir Söhne zu schenken und dafür zu sorgen, dass immer genügend Essen und Ale auf meinem Tisch standen. Das ist Sinn und Zweck des heiligen Sakraments der Ehe.
    Ich wollte sie nicht heiraten. Mir, einem Aldermann von Northumbrien, hätte ein Edelfräulein zugestanden, eines, das mehr Mitgift in die Ehe gebracht hätte als vier hügelige Hufen Land in Defnascir. Ich hatte erwartet, eine Frau zu heiraten, durch die der Landbesitz und die Macht von Bebbanburg gemehrt worden wäre. Doch das sollte nicht sein, und so heiratete ich ein Mädchen niederer Herkunft, die sich hinfort Lady nennen durfte. Sie hätte sich dankbar zeigen können, weinte aber stattdessen und versuchte, sich von der Hand ihres Onkels loszureißen.
    Wahrscheinlich tat sie ihm Leid, aber das Brautgeld war bezahlt, und so wurde sie vor den Altar geführt, wo uns der Bischof, der mit einer schweren Erkältung aus Cippanhamm zurückgekehrt war, nach allen Regeln der Kirche vermählte. «Möge Gott, der Vater, Gott, der Sohn, und Gott, der Heilige Geist, Euren Bund segnen», näselte er. Als er Amen sagen wollte, wurde er von einem heftigen Niesanfall geschüttelt.
    «Amen», sagte statt seiner Pater Willibald.
    So wurde Mildrith mein.
    Odda der Jüngere folgte uns mit seinen Blicken, als wir die Kirche verließen. Er glaubte sich unbeobachtet, doch ich sah und durchschaute ihn. Ich wusste, warum er uns beobachtete.
    Mildrith war, was mich selbst am meisten überraschte, sehr begehrenswert. Sie so zu beschreiben wird ihr, wie ich fürchte, nicht gerecht, aber es ist mir leider kaum noch möglich, mich nach so langer Zeit an ihr Gesicht zu erinnern. In meinen Träumen sehe ich sie manchmal wie lebendig vor mir, doch sobald ich erwache, ist ihr Bild unwiderruflich verschwunden. Ich weiß noch, dass sie eine makellose, blasse Haut hatte, dass ihre Unterlippe ein wenig vorstand, dass ihre Augen sehr blau und ihre Haare so golden waren wie meine eigenen. Sie war groß gewachsen, was ihr selbst nicht gefiel, weil sie glaubte, unweiblich auszusehen. Es schien, als fürchte sie immerzu Unglück, und sie war ständig nervös, was eine Frau sehr anziehend erscheinen lassen kann, und ich gestehe, ich fand sie

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