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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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bekämpft werden müsse, welche Länder an Ivar und Ubba abzutreten wären, mit welchen Tributen die Northumbrier belegt werden sollten, wie viele Pferde nach Eoferwic gebracht werden könnten oder welche Aldermänner sich als Geiseln eigneten. Ich langweilte mich, bis ich meinen Namen aufschnappte. Ich hörte meinen Onkel sagen, dass er mich freikaufen wolle. Darum ging es in der Hauptsache, und nun feilschte man in aller Ausgiebigkeit um meinen Preis. Die Dänen verlangten ein überzogenes Lösegeld von dreihundert Silberstücken, doch A lfric wollte allenfalls fünfzig Silberstücke bezahlen, und auch das nur zähneknirschend. Schweigend saß ich auf den gesprungenen römischen Fliesen und lauschte. Aus dreihundert wurden zweihundertfünfundsiebzig, die fünfzig wurden auf sechzig erhöht, und so ging es weiter. Die Zahlen näherten sich an, blieben aber immer noch weit voneinander entfernt. Schließlich erhob Ravn, der bislang geschwiegen hatte, die Stimme. «Graf Uhtred», sagte er auf Dänisch, und es war das erste Mal, dass ich mich bei meinem Titel genannt hörte, «hat König Egbert Treue gelobt. Das hat er Euch voraus, A lfric.»
    Die Worte wurden übersetzt, und ich sah A lfrics Verärgerung, weil er nicht mit einem Titel angesprochen wurde.
    Dabei besaß er gar keinen Titel außer dem, den er sich selbst verliehen hatte, wie ich erfuhr, als er sich leise mit Beocca unterhielt, der darauf das Wort nahm und sagte: «Aldermann A lfric kann nicht glauben, dass das Gelübde eines Kindes von Bedeutung sein soll.»
    Hatte ich ein Gelübde abgelegt? Daran konnte ich mich nicht erinnern, allenfalls daran, dass ich Egbert um Schutz gebeten hatte. Vielleicht lag es an meiner Jugend, dass ich das eine vom anderen nicht unterscheiden konnte. Aber das war nicht wichtig, wichtig war, dass mein Onkel Bebbanburg an sich gerissen hatte. Er nannte sich jetzt Aldermann. Entsetzt starrte ich ihn an, und er blickte mir mit reiner Verachtung ins Gesicht.
    «Wir glauben», sagte Ravn, seine blinden Augen unter das Hallendach gerichtet, durch das, da mehrere Ziegel fehlten, ein leichter Regen fiel, «uns wäre besser gedient, wenn auf Bebbanburg ein Graf säße, der uns treu ergeben ist, und kein Mann, von dem wir nicht wissen, wie er zu uns steht.»
    A lfric spürte, dass sich das Blatt gewendet hatte, und tat, was zu erwarten stand. Er trat an das Podest, kniete vor Egbert nieder, küsste die ausgestreckte Hand des Königs und erhielt zur Belohnung den Segen des Erzbischofs. «Ich biete hundert Silberstücke», sagte A lfric, nachdem er seinen Treueid geleistet hatte.
    «Zweihundert», verlangte Ravn. «Außerdem soll Bebbanburg durch dreißig Dänen gesichert werden.»
    «Jetzt, da ich Treue gelobt habe, braucht Ihr wohl keine Dänen mehr auf der Bebbanburg», entgegnete A lfric zornig.
    Bebbanburg war also nicht gefallen, und das hätte ich auch nicht für möglich gehalten, war sie doch die wehrhärteste Festung in Northumbrien, vielleicht sogar in ganz England.
    Egbert hatte bislang kein Wort gesagt, und auch Ivar schwieg, doch es war offensichtlich, dass sich der große, hagere Däne mit dem Geistergesicht langweilte, denn er nickte Ragnar zu, der daraufhin von meiner Seite wich, um sich flüsternd mit seinem Herrn zu unterhalten. Wir alle warteten gespannt. Ivar und Ragnar waren Freunde, wenn auch sehr verschieden voneinander, der eine düster, still und bedrohlich, der andere offen und gesprächig. Ragnars ältester Sohn diente Ivar und führte, obwohl erst achtzehn Jahre alt, eine dänische Truppe, die Ivars Landbesitz auf der irischen Insel sicherte. Es war durchaus üblich für Erstgeborene, einem anderen Herrn zu dienen. Zu Ragnars Schiffsmannschaft gehörten zwei Grafensöhne, die beide darauf hoffen durften, zu Rang und Besitz zu kommen, vorausgesetzt, sie lernten zu kämpfen. Während Ragnar und Ivar leise miteinander sprachen, scharrte A lfric nervös mit den Füßen und starrte mich an. Beocca betete, und König Egbert, der sonst nichts zu tun hatte, bemühte sich, ein königliches Bild abzugeben.
    Ivar ergriff schließlich das Wort und verkündete: «Der Junge steht nicht zum Verkauf.»
    «Zur Auslösung», korrigierte Ravn freundlich.
    A lfric schien wütend. «Ich bin hierher gekommen, um ...», begann er, wurde aber von Ivar unterbrochen.
    «Der Junge wird nicht ausgelöst», knurrte er, drehte sich um und verließ die Halle. Egbert wirkte verunsichert, er erhob sich von seinem Thron und setzte sich wieder,

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