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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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letzten Tiere in den Pferch kamen, reichte er Rorik, seinem jüngsten Sohn, eine Axt. «Ein schneller, sauberer Hieb», befahl er. Rorik versuchte es, war aber weder stark noch treffsicher genug. Das Tier brüllte und blutete, und es waren sechs Männer nötig, um es festzuhalten, damit Ragnar ihm ein Ende machen konnte. Als sich die Häuter über den Kadaver hermachten, reichte Ragnar mir die Axt. «Mal sehen, ob du es besser kannst.»
    Eine Kuh wurde auf mich zugeführt. Ein Mann hob ihren Schwanz, worauf sie gehorsam den Kopf senkte. Ich hatte mir die Stelle gemerkt, auf die Ragnar zuvor immer gezielt hatte, holte mit der Axt aus und trieb das schwere Blatt genau in den ersten Wirbel hinterm Kopf. Das Tier ging krachend zu Boden. «Wir machen aus dir noch einen tapferen dänischen Krieger», sagte Ragnar erfreut.
    Nach der Schlachtung gab es weniger Arbeit. Die alteingesessenen Talbewohner lieferten Ragnar wie zuvor den englischen Herren ihre Abgaben an Fleisch und Getreide. Es war unmöglich, in ihren Mienen zu lesen, was sie von Ragnar und den Dänen hielten. Immerhin blieben sie ruhig, und Ragnar hütete sich, ihnen das Leben schwer zu machen. Der Priester durfte bleiben und die Messe in seiner Kapelle lesen, einer Holzhütte, die ein schlichtes Kreuz zierte. Ragnar urteilte als Richter in Streitfällen, ließ sich aber stets von einem Engländer beraten, der mit den Sitten der Region vertraut war. «Du kannst an keinem Ort leben, wenn es den Einheimischen nicht gefällt», erklärte er mir. «Sie können dein Vieh töten oder deine Brunnen vergiften, ohne dass du je erfährst, wer es war. Entweder du erschlägst sie alle, oder du lernst mit ihnen auszukommen.»
    Der Himmel wurde fahl, der Wind kälter. Abgefallenes Laub trieb umher. Unsere Hauptaufgabe bestand nun darin, das restliche Vieh zu füttern und Brennholzvorräte anzulegen. Ich ging mit einem Dutzend anderer in den Wald, wurde immer besser im Umgang mit der Axt und verstand es bald, einen Baum mit möglichst wenig Schlägen zu fällen. Wir spannten einen Ochsen ins Joch, um größere Stämme zu räumen. Die besten Stämme wurden als Bauholz aussortiert, alles andere zersägt und klein gehackt. Es blieb auch Zeit zum Spielen. Wir Kinder bauten uns unsere eigene Burg im Wald, eine Hütte aus Knüppelholz mit einem Dach aus Farnkraut. An den Giebel nagelten wir einen Dachsschädel, so wie Ragnars Haus ein Eberschädel krönte. In unserer Burg kämpften Rorik und ich darum, wer König sein sollte, während Thyra, seine achtjährige Schwester, immer das Burgfräulein war. Weil ihr eine Strafe drohte, wenn sie bis zum Winterende nicht genügend Wolle versponnen haben würde, saß sie meist mit ihrer Handspindel vor der Hütte und sah uns zu, wenn wir mit Holzschwertern unsere Schaukämpfe ausfochten. Die meisten Jungen, mit denen wir spielten, waren Söhne von Knechten oder Sklavenkinder, und sie bestanden darauf, dass ich der englische und Rorik der dänische Anführer war. Meinen Truppen wurden immer nur die kleinsten, schwächsten Jungen zugewiesen, weshalb wir meistens verloren. Thyra, die das goldene Haar ihrer Mutter hatte, schaute immer nur zu und spann, die Spindel in der linken Hand, während sie mit der rechten einen Faden aus dem gekämmten Wollvlies zupfte.
    Alle Frauen mussten spinnen und weben. Nach Ragnars Rechnung waren fünf Frauen und ein Dutzend Mädchen nötig, um während eines Winters so viel Wolle zu verspinnen, dass ein neues Schiffssegel daraus gewebt werden konnte. Die Schiffe hatten ständig neue Segel nötig, weshalb die Frauen unablässig arbeiteten. Sie sorgten auch für das Essen, kochten Walnussschalen zum Färben der Wolle, suchten Pilze, gerbten die Häute der geschlachteten Rinder, sammelten Moos, womit wir uns den Hintern wischten, rollten Kerzen aus Bienenwachs, mälzten Gerste und besänftigten die Götter. Es gab sehr viele Götter und Göttinnen, und vor allem diejenigen, denen unser Haus geweiht war, wurden von den Frauen nach besonderen Riten verehrt. Die Männer richteten ihre Gebete an Thor oder Loki, Odin, Vikr und all die anderen großen Götter, die den Asgard - den Himmel - bevölkerten. Die Dänen versammelten sich allerdings nicht in einer Kirche, wie wir es Sonntag für Sonntag und zu Allerheiligen auf Bebbanburg getan hatten, und es gab bei ihnen auch keine Priester, Reliquien oder heilige Schriften. Von alldem vermisste ich nichts.
    Ich hätte auch gern auf Sven verzichtet, doch Kjartan, sein Vater,

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