Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
hatte.
    «Er hat euch Heiden aus dem Norden zu uns kommen lassen», zürnte der König weiter, «wie es von Jeremiah prophezeit wurde.»
    «Jeremiah?», fragte Ivar verwirrt.
    Einer der Mönche hielt ein Buch in den Händen, für mich das erste, das mir seit vielen Jahren zu Gesicht kam. Er schlug den ledernen Einband auf, blätterte durch die steifen Seiten und legte es dem König vor, der in seine Tasche griff und einen kleinen Zeigestock aus Elfenbein hervorzog, mit dem er an dem Schriftsatz entlangfuhr, den er nun mit donnernder Stimme vortrug: «Quia malum ego adduco ab aquilone et contritionem magnam!»
    Damit endete er, starrte Ivar wütend an, und einige Dänen, obwohl sie kein einziges Wort verstanden, waren von der kraftvollen Stimme des Königs so beeindruckt, dass sie unwillkürlich nach ihrer Glücks bringenden Hammerkette griffen. Die Priester musterten uns vorwurfsvoll. Ein Spatz flatterte durch eines der Fenster und setzte sich auf den rechten Arm des hohen Holzkreuzes, das den Altar überragte.
    Ivars Furcht erregendes Gesicht zeigte keinerlei Reaktion auf die Worte Jeremiahs. Der ostanglische Übersetzer - einer der Priester - ahnte wohl, dass wir mit diesem Bibelzitat nichts anfangen konnten, und so übersetzte er. «Ich aber werde das Böse aus dem Norden und große Zerstörung über euch kommen lassen.»
    «In diesem Buch steht es geschrieben», ereiferte sich Edmund und gab den Band an den Mönch zurück.
    «Ihr könnt Eure Kirche behalten», sagte Ivar sorglos.
    «Das reicht nicht», entgegnete Edmund. Er stand auf, um dem, was er nun äußerte, größeren Nachdruck zu verleihen: «Wenn es denn sein muss, bin ich bereit, Eure Anwesenheit in diesem Land zu ertragen. Ich werde Euch Pferde, Nahrung, Geld und Geiseln geben, aber nur unter einer Bedingung: dass Ihr Euch mit all Euren Männern zu Gott bekennt. Ihr müsst Euch taufen lassen.»
    Unser Übersetzer war ratlos, denn es gab kein dänisches Wort für «taufen». Von Ubba dazu aufgefordert, erklärte ich in Erinnerung an meine eigene Taufe durch Beocca: «Ihr müsst in ein Fass steigen und Euch mit Wasser übergießen lassen.»
    «Sie wollen uns waschen?», fragte Ubba erstaunt.
    Ich zuckte mit den Achseln. «So machen sie es hier, Herr.»
    «Ihr werdet Christen!», sagte Edmund. Er warf mir einen irritierten Blick zu und bemerkte: «Bei uns findet die Taufe im Fluss statt, Junge. Fässer sind nicht nötig.»
    «Sie wollen Euch im Fluss waschen», berichtete ich Ivar und Ubba, und die Dänen lachten.
    Ivar dachte darüber nach. Ein paar Minuten im Fluss zu stehen war nicht so schlimm, wenn er anschließend in Northumbrien für Ordnung sorgen konnte. «Kann ich auch weiter Odin verehren, nachdem ich gewaschen bin?», fragte er.
    «Natürlich nicht», entgegnete Edmund wütend. «Es gibt nur einen Gott!»
    «Es gibt viele Götter», widersprach Ivar. «Sehr viele. Das weiß jeder.»
    «Nein, es gibt nur einen Gott, und dem müsst Ihr dienen.»
    «Aber wir werden Euch besiegen», erklärte Ivar geduldig, und es schien, als spräche er mit einem Kind. «Mit anderen Worten: Unsere Götter besiegen Euren einen Gott.»
    Der König erschauderte bei diesen lästerlichen Worten. «Eure Götter sind Götzen», sagte er, «Auswürfe des Teufels, schreckliche Unwesen, die Dunkelheit über die Welt bringen. Unser Gott aber ist mächtig und herrlich.»
    «Beweis es», sagte Ivar.
    Plötzlich wurde es still. Der König, seine Priester und die Mönche starrten Ivar fassungslos an.
    «Beweis es», wiederholte Ivar. Seine Männer unterstützten murmelnd die Forderung.
    König Edmund blinzelte und schien ratlos. Doch dann hatte er eine Idee. Er zeigte auf die Ledertafel mit dem Bild des heiligen Sebastians. «Unser Gott ersparte diesem gesegneten Mann den Tod durch Pfeile», sagte er. «Das müsste Beweis genug sein.»
    «Aber dann ist er trotzdem gestorben», bemerkte Ivar. «Nur, weil es Gott so wollte.»
    Ivar dachte nach. «Was meint Ihr, würde Euer Gott auch Euch vor meinen Pfeilen schützen?», fragte er. «Wenn es sein Wille ist, ja.»
    «Dann sollten wir es versuchen», schlug Ivar vor. «Wir beschießen Euch mit Pfeilen, und wenn Ihr überlebt, werden wir uns alle waschen lassen.»
    Edmund starrte den Dänen an, als frage er sich, ob dieser Vorschlag ernst gemeint war. Als er sah, dass Ivar nicht scherzte, wurde er sichtlich nervös. Der König öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder, als ihm einer der tonsurierten Mönche

Weitere Kostenlose Bücher