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Das letzte Koenigreich

Das letzte Koenigreich

Titel: Das letzte Koenigreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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etwas ins Ohr flüsterte. Womöglich versuchte er den König davon zu überzeugen, dass Gott ihn dazu auserkoren hatte, diese Prüfung auf sich zu nehmen, um die Dänen durch ein Wunder seiner Kirche zuzuführen, auf dass wir alle Freunde sein und dereinst im Himmel gemeinsam auf der höchsten Ebene zur Harfe singen würden. Was immer der Mönch gesagt haben mochte, der König zeigte sich keineswegs überzeugt. Doch jetzt wollten die Dänen ein Wunder erleben, und es lag nicht mehr bei Edmund, sich für oder gegen die Prüfung zu entscheiden.
    Ein Dutzend unserer Männer drängte die Mönche und Priester beiseite, während andere hinausgingen, um Bögen und Pfeile zu holen. Der König hatte sich in der Verteidigung seines Gottes in eine ausweglose Lage gebracht und betete, vor dem Altar kniend, so inbrünstig, wie man nur beten konnte. Die Dänen grinsten. Mir gefiel die Sache, und ich hoffte sehr, ein Wunder zu erleben, nicht weil ich Christ war, sondern einfach, weil ich ein Wunder sehen wollte. Beocca hatte mir oft von Wundern erzählt, doch nie hatte ich eines erlebt. Niemand war je auf den Wassern vor der Bebbanburg gewandelt, und kein Aussätziger war geheilt worden und keine Engelsscharen hatten den Nachthimmel mit ihrer Herrlichkeit erleuchtet. Jetzt aber würde ich vielleicht etwas von der Macht Gottes erfahren, von der Beocca immer gepredigt hatte. Brida dagegen wollte Edmund lieber tot sehen.
    «Seid Ihr bereit?», verlangte Ivar vom König zu wissen.
    Edmund sah seine Mönche und Priester an. Vielleicht, überlegte ich, wollte er einen von ihnen bitten, die Prüfung an seiner Stelle auf sich zu nehmen. Dann zog er die Stirn in Falten und wandte sich an Ivar. «Ich nehme Euren Vorschlag an.»
    «Dass wir mit Pfeilen auf Euch schießen?»
    «Dass ich König bleibe.»
    «Aber zuerst wollt Ihr uns waschen.»
    «Darauf könnten wir verzichten», sagte Edmund.
    «Nein», entgegnete Ivar. «Ihr habt behauptet, dass Euer Gott allmächtig und der einzige ist. Das will ich jetzt bewiesen sehen. Wenn Ihr Recht habt, werden wir uns alle waschen lassen. Ist doch so, oder?» Die Frage war an seine Mannen gerichtet, die sich alle johlend einverstanden erklärten.
    Nur Ravn widersprach. «Nein, ich werde mich nicht waschen lassen.»
    «Doch, auch du», knurrte Ivar. Mir fiel auf, dass er nun stärker an dem Ausgang der Prüfung interessiert war als an einem schnellen, zweckmäßigen Friedensschluss mit Edmund. Die Unterstützung durch ihren Gott haben alle Menschen nötig, und Ivar wollte herausfinden, ob er bislang auf den richtigen gesetzt hatte oder nicht. «Tragt Ihr eine Rüstung?», wollte er von Edmund wissen.
    «Nein.»
    «Davon sollten wir uns überzeugen», meinte Ubba mit Blick auf das makabere Gemälde. «Zieht ihn aus», befahl er.
    Der König und die Kirchenmänner erhoben Einspruch, doch die Dänen ließen sich nicht beirren und nahmen ihm die Kleider ab. Brida hatte ihren Spaß. «Der ist aber ziemlich mickrig», sagte sie. Edmund, nun von allen verspottet, bemühte sich, seine Würde zu bewahren. Die Priester und Mönche lagen betend auf den Knien, während sechs Bogenschützen in zehn Schritt Entfernung Aufstellung nahmen.
    «Gleich wissen wir Bescheid», sagte Ivar zu seinen Männern, die zu lachen aufhörten. «Wenn der König überlebt, ist sein Gott mächtiger als unsere Götter, und wir werden uns alle zum Christentum bekennen.»
    «Ich nicht», widersprach Ravn erneut, aber so leise, dass Ivar ihn nicht hören konnte. «Sag mir, was passiert, Uhtred.»
    Es war schnell erzählt. Sechs Pfeile trafen, der König schrie, Blut spritzte über den Altar, er ging zu Boden und zuckte wie ein Lachs am Haken. Dann erreichten sechs weitere Pfeile ihr Ziel. Edmund zuckte noch ein bisschen weiter, und die Bogenschützen schössen weiter, obwohl ihre Treffsicherheit vor lauter Lachen sehr beeinträchtigt war, bis der König mit befiederten Schäften gespickt war wie ein stacheliger Igel. Er war eindeutig tot, lag da mit offenem Mund, die weiße Haut blutüberströmt. Sein Gott hatte ihn schmählich im Stich gelassen. Heute wird diese Geschichte natürlich anders erzählt. Die Kinder lernen, dass sich der heilige Edmund den Dänen mutig widersetzt, ihre Bekehrung verlangt und dafür seinen eigenen Tod in Kauf genommen habe, weshalb er nun als Märtyrer und Heiliger im Himmel frohlocke. In Wahrheit aber war er ein Narr, der sich selbst um Kopf und Kragen geredet hat.
    Die Priester und Mönche klagten so

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