Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
Vom Netzwerk:
mit Frischkäse, Saft und Kaffee hockte. Es war ein sonniger Tag, und der Ausblick auf den East River weit unter ihnen und die Skyline von Queens dahinter erstreckte sich bis in die weite Ferne. Von hier oben konnte sie die Mietswohnung sehen, in der sie anfangs gewohnt hatte, als sie in New York angekommen war, die kleine Krone der Miss Milwaukee in der Reisetasche.
    »Guten Morgen, Ezra«, sagte sie strahlend. »Gut geschlafen?«
    »Ja, sehr gut.«
    Er sah nicht so aus. Er hatte sich nicht rasiert, und unter den Augen hatten sich Tränensäcke gebildet. Für jemanden, der ein paar Jahre im Nahen Osten verbracht hatte, wo es, soweit sie wusste, heiß und sonnig war, wirkte seine Haut ungesund blass. Auf Kimberly machte er den Eindruck, als hätte er unter einem Stein gelebt.
    »Hast du etwas dagegen, wenn ich dir Gesellschaft leiste?«
    »Ganz und gar nicht«, erwiderte er, aber sein Gesichtsausdruck sagte etwas anderes.
    Nicht, dass Kimberly besonders scharf auf diese Pflichtübung gewesen wäre. Aber wenn sie sich mit diesem … Sprössling gutstellen und herausfinden wollte, was eigentlich vor sich ging, konnte sie genauso gut jetzt damit anfangen.
    »Hast du deinen Vater heute Morgen noch gesehen, bevor er gegangen ist?«
    »Nur kurz. Er sagte, wir würden heute Abend reden.«
    Kimberly setzte sich an den kleinen Glastisch, und als Gertrude hereinkam, fragte sie sie, wo die Köchin sei.
    »Die Party gestern Abend dauerte so lange, also sagte ich ihr, dass sie erst mittags zu kommen bräuchte.«
    »Dann werde ich wohl Sie bitten müssen, mir mein übliches Frühstück zu machen. Eine kleine Schale Müsli mit frischen Früchten und Joghurt sowie schwarzen Kaffee.«
    »Möchtest du noch etwas, Ezra?«, fragte Gertrude demonstrativ. »Vielleicht ein paar Eier, so wie du sie gerne magst, mit zerkrümelter Matze?«
    Kimberly war nicht dumm, sie wusste, dass es sich bei dieser Verzögerung um einen subtilen Akt des Ungehorsams handelte, aber sie war klug genug, für dieses Mal ihren Mund zu halten.
    »Danke, Gertrude, aber ich möchte nichts mehr«, sagte Ezra. Endlich drehte Gertrude sich um, ihr langer schwarzer Rock wirbelte um ihre fetten Knöchel, und sie ging in die angrenzende Küche. Kimberly hörte sie herumfuhrwerken, und selbst das erboste sie.
    »Ich bin so froh, dass du gestern Abend noch den Bürgermeister begrüßen konntest. Er ist so ein witziger Mann, wenn er sich mal bei Freunden entspannen kann. Aber wir werden noch mehr Dinnerpartys geben, und mit der Zeit wirst du ihn schon kennenlernen.«
    Ezra nickte unverbindlich und nippte an seinem Kaffee.
    »Also«, sagte Kimberly auf der Suche nach einem Anfang, »mit den ganzen Leuten gestern Abend hatten wir gar nicht die Gelegenheit, uns richtig zu unterhalten. Warum hast du dich entschieden, nach New York zurückzukehren?«
    Ezra hob den Blick zum Fenster, und ein paar Sekunden lang sagte er gar nichts. »Meine Arbeit in Israel ist beendet.«
    Da Kimberly keine klare Vorstellung davon hatte, worin diese Arbeit bestanden hatte, und sich auch nicht wirklich dafür interessierte, ging sie nicht näher darauf ein. »Und hast du jetzt vor, für immer hier zu bleiben … ich meine, in New York?«
    »Ich habe mich noch nicht entschieden.«
    »Du weißt, dass du natürlich so lange bei uns wohnen kannst, wie du möchtest«, sagte sie. »Ich weiß, dass dein Vater sehr glücklich ist, dich wieder hier zu haben.«
    Gertrude kam mit einem lackierten Tablett herein, auf dem sie Kimberlys Frühstück angerichtet hatte. Sie stellte das Tablett auf den Tisch und wollte zurück in die Küche gehen, aber Kimberly hielt sie zurück.
    »Ich glaube nicht, dass in diesem Haus vom Tablett gegessen wird«, sagte sie. »Können Sie die Sachen bitte noch auf den Tisch stellen?«
    Gertrude wandte sich erneut um, nahm die Müslischale, den Joghurt und den Kaffee vom Tablett und stellte alles auf den Tisch. Die alte Frau blickte an Kimberly vorbei zu Ezra und sagte: »Ich werde nachher noch einkaufen gehen. Magst du immer noch diese Kekse, die du als Schuljunge so gerne gegessen hast? Ich kann dir welche mitbringen.«
    »Gerne«, sagte Ezra. »Die habe ich schon ewig nicht mehr gegessen.«
    Wie lange, fragte Kimberly sich, würde sie sich diese Spielchen noch bieten lassen müssen? Sie hatte Sam, so gut es ging, umgemodelt, aber mit seinem Haushalt war es eine andere Sache. Diese ganzen alten Bediensteten der Familie, Gertrude, die Köchin Trina, dieser Chauffeur Onkel Maury,

Weitere Kostenlose Bücher