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Das letzte Relikt

Das letzte Relikt

Titel: Das letzte Relikt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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Absätzen.
    Carter blieb stehen. Das war eine Leiche. Ein Toter. Aber das Rascheln ertönte erneut, und er sah eine Bewegung.
    O mein Gott
, dachte er.
Vielleicht auch nicht. Vielleicht lebt sie noch!
Er sprang den Rest der Stufen hinab, und kaum berührte sein Fuß den Beton am Grund der Treppe, als es plötzlich hektisch zu werden begann. Es quietschte und huschte, rote Augen und kleine weiße Zähne blitzten auf. Ratten, manche schwarz und groß wie Katzen, stoben in alle Richtungen davon, rannten über seine Schuhe und jagten die Stufen hinauf. Carter blieb wie angewurzelt stehen, bis die Meute verschwunden war. So etwas war ihm schon einmal passiert, als er in eine uralte Abfallgrube in Yucatán hinabgestiegen war, und er war klug genug, um den Atem anzuhalten und es einfach geschehen zu lassen. Die Ratten wollten genauso wenig etwas von ihm wie er von ihnen.
    Sein erster Eindruck hatte ihn nicht getäuscht. Die Leiche sah aus, als sei sie in sich zu einem Haufen aus verbrannten Gliedmaßen und verschmorten Knochen zusammengefallen. Das Gesicht, beziehungsweise das Wenige, was davon noch übrig war, starrte in einer stummen, schmerzverzerrten Grimasse nach oben. Als er sich tiefer beugte, war der Geruch von verbranntem Fleisch kaum noch zu ertragen. Er musste sich abwenden, einmal kräftig Luft holen und sich mit geschlossenem Mund wieder umdrehen. Was er sah, kam ihm, wie das Bild auf dem Führerschein, seltsam bekannt vor. Kannte er diese Person?
    Ich sah einen Mann, aber eigentlich war es gar kein Mann. Er war ganz und gar aus Licht, und er leuchtete.
    Jetzt fiel es ihm wieder ein.
    Ich gab ihm meinen besten roten Mantel.
    Der Transvestit, der in dieser Gegend arbeitete.
    Dieser Mann war ein Engel.
    Den hatte er hier vor sich – oder besser, was von ihm übrig war. Aber was um alles auf der Welt war ihm zugestoßen?
    Carter wandte den Kopf ab und schnappte erneut nach Luft.
    War es nicht merkwürdig? Erst Russo, und nun dieser Kerl, beide übel verbrannt. Fast am selben Ort, und innerhalb weniger Tage. Wie standen die Chancen, dass es sich um einen Zufall handelte? Carter schätzte sie als nicht besonders groß ein.
    Er sah sich im dunklen Kelleraufgang um, aber alles, was er fand, waren Asche und Fetzen von verbranntem Zeitungspapier. Mehr nicht. Er konnte nichts mehr für den toten Donald Dobkins tun, außer die Polizei zu rufen.
    In der Telefonzelle an der Ecke wählte er 911 , und eine Minute später kreuzte ein Streifenwagen auf. Ein Mord, vermutete Carter, stand bei der Polizei immer noch hoch im Kurs.
    Er reichte einem der Beamten den Führerschein, den er gefunden hatte, und war gerade dabei zu erklären, wie er die Leiche gefunden hatte, als ein weiterer Wagen, dieses Mal ein Zivilfahrzeug, auftauchte. Ein Mann mittleren Alters stieg aus. Er trug einen alten grauen Regenmantel sowie eine große schwarze Brille mit mindestens einem Zentimeter dicken Gläsern. »Haben Sie angerufen?«, fragte er Carter, und dieser nickte. »Dann bin ich derjenige, mit dem Sie sich unterhalten sollten.« Er öffnete seinen Mantel, um die goldene Plakette vorzuzeigen, die an seinem herabhängenden Gürtel befestigt war. »Ich bin Detective Finley.«
    Er warf einen kurzen Blick in den Kelleraufgang, dann sagte er müde: »Warten Sie hier.«
    Carter tat wie befohlen, obwohl er bereits bedauerte, jemals in diese Sache hineingeraten zu sein. Warum hatte er nicht einfach anonym angerufen, den Führerschein dort gelassen, wo er ihn gefunden hatte, und sich davongemacht? Das wäre nicht richtig gewesen, aber zumindest würde er jetzt nicht hier herumstehen und darauf warten, die kostbaren spärlichen Informationen weiterzugeben, die er hatte.
    Detective Finley kam die Stufen hoch und steckte sich die Finger in die Ohren, als der Krankenwagen mit heulenden Sirenen am Tatort ankam. Als der Wagen anhielt und die Sirenen verstummten, nahm Detective Finley die Finger wieder raus. »Das machen sie immer«, sagte er zu Carter. »Ich werde noch taub davon.«
    Carter lächelte mitfühlend. »Berufsrisiko, schätze ich.«
    »Nicht das schlimmste.«
    Nein, vermutlich nicht. Der Detective zog einen Notizblock aus der Tasche seines Regenmantels und nahm pflichtbewusst Carters Namen, seine Telefonnummer und ein paar Stichworte auf, wie er die Leiche gefunden hatte und warum er überhaupt hier gewesen war. Als Carter erwähnte, dass er in dem Labor auf der anderen Straßenseite arbeitete, schien der Detective die Ohren zu spitzen. »Ich

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