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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ist ein großer Kasten mit deinem ganzen Lebenslauf, wo du zur Schule gegangen bist und so. Cornell, Georgetown, Hopkins. Die Fotos sind gut. Sogar eins von dir und mir an einem Tatort. Scheiße, das ist bei Bray.«
    »Was steht über Lucy drin?«, frage ich.
    Aber Marino ist völlig hin und weg von der Publicity, von riesigen Fotos, die unter anderem ihn und mich bei der Arbeit zeigen. »So was habe ich noch nie gesehen.« Wieder blättert er. »Es geht immer weiter, Doc. Bislang hab ich fünf Artikel gezählt. Sie müssen die ganze Redaktion daran gesetzt haben, ohne dass wir eine Ahnung hatten. Sogar eine Luftaufnahme von deinem Haus -«
    »Was schreiben sie über Lucy?«, frage ich mit mehr Nachdruck. »Was steht über sie drin?«
    »Verdammt noch mal, da ist sogar ein Foto von dir und Bray auf dem Parkplatz vor Luongs Laden. Ihr seht beide aus, als könntet ihr euch auf den Tod nicht ausstehen -«
    »Marino!« Ich kann mich kaum mehr auf den Verkehr konzentrieren. »Es reicht!« Eine Pause, dann: »Tut mir Leid, Doc. Himmel, ich weiß, dass es schrecklich ist, aber ich hatte nur die erste Seite gesehen, bevor ich dich angerufen habe. Ich hatte ja keine Ahnung. Entschuldige. Aber so was hab ich noch nicht erlebt, außer wenn jemand wirklich Berühmtes gestorben ist.«
    Tränen brennen. Ich weise ihn nicht auf die Ironie dessen hin, was er gerade gesagt hat. Ich komme mir vor, als wäre ich gestorben. »Ich schaue mal nach dem Zeug über Lucy«, sagt Marino. »In etwa das, was man erwartet. Dass sie eigentlic h deine Nichte ist, du aber mehr wie eine Mutter für sie warst, hm, ihr Abschluss irgendwas cum laude an der UVA, ihr Autounfall, dass sie lesbisch ist, einen Helikopter fliegt, FBI, ATF, ja, ja, ja. Und dass sie Chandonne in deinem Garten beinahe erschossen hätte. Darum geht es ihnen vor allem.« So gern er auf Lucy herumhackt, so wenig kann er es ausstehen, wenn jemand anders es tut. »Steht nicht drin, dass sie beurlaubt ist oder dass du in Annas Haus wohnst. Ein paar Dinge haben diese Arschlöcher doch nicht ausgegraben.« Ich nähere mich der West Cary Street. »Wo bist du?«, frage ich ihn.
    »Im Revier. Aber ich breche gleich zu dir auf«, sagt er. »Denn dich erwartet eine Willkommensparty.« Er meint die Medien. »Dachte, du könntest Gesellschaft brauchen. Außerdem habe ich was mit dir zu besprechen. Und ich denke, dass wir das Pack austricksen sollten, Doc. Ich parke meinen Wagen zuerst, und du fährst zum Eingang in der Jackson Street statt auf den Parkplatz an der Vierten, steigst aus und gehst ins Haus, und ich parke deinen Wagen. Wie meine Truppen vermelden, warten ungefähr dreißig Reporter, Fotografen, Kameraleute vor deinem Parkplatz auf dich.« Ich will ihm schon zustimmen, aber dann überlege ich es mir anders. Nein, sage ich. Ich werde keine Charade spielen und mich vor den Kameras verstecken, mich ducken, mir Akten oder meinen Mantel vors Gesicht halten, als wäre ich eine Schwerverbrecherin. Kommt nicht in Frage. Ich sage zu Marino, dass ich ihn in meinem Büro treffen, aber wie gewöhnlich parken und mich den Medien stellen werde. Zum einen hat meine Sturheit die Oberhand gewonnen, zum anderen sehe ich nicht ein, was ich zu verlieren habe, wenn ich wie üblich meine Arbeit mache und die Wahrheit sage, und die verdammte Wahrheit ist, dass ich Diane Bray nicht umgebracht habe. Ich habe nicht einmal im Traum daran gedacht, obwohl sie die unsympathischste Person war, die ich in meinem Leben je kennen gelernt hatte.
    An der Neunten Straße bleibe ich an einer roten Ampel stehe n und ziehe mein Jackett an. Ich kontrolliere mein Aussehen im Rückspiegel. Ich trage etwas Lippenstift auf und fahre mir mit den Fingern durchs Haar. Ich schalte das Radio ein und wappne mich für die erste Nachrichtenmeldung. Ich nehme an, dass die örtlichen Sender ihr Programm regelmäßig unterbrechen und alle Welt daran erinnern werden, dass ich der erste Skandal des neuen Jahrtausends bin.
    »... Also, das muss ich sagen, Jim. Wir sprechen über jemanden, der mit dem perfekten Mord davonkommen könnte.«
    »So ist es. Wissen Sie, ich habe sie einmal interviewt.« Ich stelle mehrmals einen anderen Sender ein und werde überall verhöhnt, gedemütigt und zum Thema gemacht, nur weil jemand ausgeplaudert hat, was eigentlich strengster Geheimhaltung unterliegen sollte. Ich frage mich, wer seine Schweigepflicht verletzt hat, und leider fallen mir gleich mehrere Namen ein. Ich traue Righter nicht. Ich traue

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