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Das letzte Revier

Das letzte Revier

Titel: Das letzte Revier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hatte und wahrscheinlich auch mit dem Fall Matos. »Wo ist Jay jetzt? Weiß das jemand?« Ich schaue fragend in die Runde.
    »Er war in New York. Das war am Mittwoch. Wir haben ihn gestern in James City County gesehen. Keine Ahnung, wo er sich jetzt rumtreibt«, sagt Marino.
    »Es gibt noch ein paar Dinge, die du vielleicht wissen solltest«, wendet sich Lucy erneut an mich. »Eine Sache ist wirklich sonderbar, aber ich werde nicht schlau daraus. Als wir seine Finanzen recherchierten, landete ich unter dem Namen Jay Talley zwei Treffer mit unterschiedlichen Adressen und Sozialversicherungsnummern. Die Nummer des einen Jay Talley wurde in Phoenix zwischen 1960 und 1961 ausgegeben. Das kann nicht Jay sein, außer er wäre schon über vierzig, und er ist wie alt? Kaum älter als ich. Anfang dreißig? Dem zweiten Jay Talley wurde die Sozialversicherungsnummer 1936 oder 37 a usgestellt. Kein Geburtsdatum, aber er muss einer der Ersten gewesen sein, die ihre Nummer kurz nach dem Sozialversicherungsgesetz von 1935 bekamen. Er muss also schon ziemlich alt sein, weit über siebzig, und er fährt viel herum und benutzt Postfächer, keine richtigen Adressen. Er kauft jede Menge Autos, manchmal wechselt er den Wagen zweimal im Jahr.«
    »Hat dir Talley erzählt, wo er geboren wurde?«, fragt mich Marino. »Er hat gesagt, dass er seine Kindheit überwiegend in Paris verbrachte, und dann zog seine Familie nach L.A.«, erwidere ich. »Du warst dabei, als er das in der Cafeteria erzählt hat. Bei Interpol.«
    »Keiner der beiden Jay Talleys lebte jemals in L.A.«, sagt Lucy. »Und wenn wir schon von Interpol sprechen«, sagt Marino. »Die müssen ihn doch überprüft haben, bevor sie ihn eingestellt haben?«
    »Sie haben ihn wohl überprüft, aber nicht sehr intensiv«, sagt Lucy. »Er ist ein ATF-Agent. Da geht man davon aus, dass er sauber ist.«
    »Was ist mit seinem zweiten Vornamen?«, fragt Marino. »Kennen wir den?«
    »Er hat keinen. In seiner ATF-Personalakte taucht kein zweiter Vorname auf.« McGovern lächelt schief. »Und auch der Jay Talley, der seine Sozialversicherungsnummer vor der Sintflut gekriegt hat, hat keinen zweiten Vornamen. Auch das ist ungewöhnlich. Die meisten Leute haben einen zweiten Vornamen. In seiner ATF-Akte steht, dass er in Paris geboren wurde und bis zu seinem sechsten Lebensjahr dort lebte. Danach ist er angeblich mit seinem französischen Vater und seiner amerikanischen Mutter nach New York gezogen, Los Angeles taucht mit keinem Wort auf. In den Bewerbungsunterlagen für das ATF behauptet er, in Harvard studiert zu haben. Das haben wir überprüft und festgestellt, dass nie ein Jay Talley in Harvar d studiert hat.«
    »Herrgott noch mal«, ruft Marino. »Überprüfen die denn nie etwas, wenn sie die Bewerbungen durchgehen? Die glauben dir einfach, dass du in Harvard oder ein Rhodes-Stipendiat oder Stabhochspringer bei den Olympischen Spielen warst? Und dann stellen sie dich ein und geben dir eine Dienstmarke und eine Waffe?«
    »Also, ich werde den Leuten im Hauptquartier auf jeden Fall nicht den Tipp geben, ihn sich genauer anzusehen«, sagt McGovern. »Wir müssen aufpassen, dass ihm nicht jemand was steckt. Wir haben keine Ahnung, wer seine Freunde im Hauptquartier sind.« Marino hebt die Arme, streckt sich und lässt den Kopf kreisen. »Ich habe wieder Hunger«, sagt er.

32
     
    Das Gästezimmer in Annas Haus geht auf den Fluss hinaus, und während der letzten Tage habe ich mir vor dem Fenster einen behelfsmäßigen Arbeitsplatz eingerichtet. Er besteht aus einem kleinen Tisch, auf den ich eine Tischdecke gelegt habe, damit ich die seidig schimmernde Oberfläche nicht verkratze, und einem englischen Drehstuhl mit apfelgrüner Lederpolsterung aus der Bibliothek. Zuerst war ich etwas genervt, weil ich meinen Laptop nicht mitgenommen hatte, aber dann fand ich unerwarteten Trost darin, meine Gedanken mit einem Füller auf Papier zu bringen und sie in schwarzer Tinte glänzen zu sehen. Meine Handschrift ist schrecklich, und vielleicht hängt das wirklich mit der Tatsache zusammen, dass ich Ärztin bin. Es gibt Tage, an denen ich fünfhundertmal mit meinem vollen Namen oder meinen Initialen unterschreibe, und ich nehme an, dass das Notieren von Beschreibungen und Maßen mit blutigen Handschuhen im Lauf der Jahre seinen Tribut forderte.
    In Annas Haus habe ich ein Ritual entwickelt. Jeden Morgen gehe ich in die Küche und gieße mir eine Tasse Kaffee aus der Maschine ein, die sich um Punkt halb

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