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Das letzte Riff

Das letzte Riff

Titel: Das letzte Riff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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seine bedrückte Miene war verschwunden. Was mochte der Grund dafür sein? fragte sie sich.
    »Warum hat Herrick eigentlich so reagiert? Ich verstehe das immer noch nicht.«
    Bolitho dachte zurück an Kapitän Gossages Auftritt. An seine langsame, abgewogene Zeugenaussage, mit der er scheinbar alles rechtfertigte, was Herrick getan hatte.
    »Ich glaube, Gossage nahm Rache. Er will Thomas mit seiner Schuld leben lassen, statt ihm den Frieden zu gönnen, den nur der Tod bringen kann.«
    Bolitho spürte ihre Überraschung und sagte sanft: »Thomas ist nicht mehr der Mann, den ich einst kannte.« Er sah die Gemälde seiner Ahnen an. »Ich wäre es auch nicht mehr – ohne dich.«
    Catherine ging mit ihm ans Fenster. »Das alles hier werde ich sehr vermissen, Richard. Aber es wartet ja auf uns. Diesmal müssen wir uns nicht trennen.« Mit Schrecken erinnerte sie sich, wie sie bei ihrer Ankunft Adam und Zenoria zusammen spazieren gesehen hatte.
    Ihr Blick streifte Bolithos Profil. Er ahnte von all dem nichts.
    Zum Glück war Adam auch bald auf sein Schiff zurückgekehrt. Jetzt war Keen hier, doch Catherine hatte zwischen ihm und Zenoria nicht das kleinste Zeichen von Vertrautheit entdecken können.
    »Was ist, Kate? Bedrückt dich was?«
    Sie lachte, verdrängte die Spannung der letzten Tage. »Ich wünschte, wir wären schon unterwegs, Liebster. Ehe wieder irgend etwas über dich hereinbricht und dir Unruhe verschafft.«
    Allday ging unten vorbei und sah, wie sie sich am Fenster umarmten. Yovell stand am Wagen und hakte eine Liste ab, um sicherzustellen, daß nichts vergessen worden war.
    »Erinnerst du dich an Jonas Polin, einen Mastersgehilfen auf der
Hyperion
?« fragte Allday ihn.
    Yovell sah über den Rand seiner Brille. »Ja, natürlich. Wir haben viel Zeit zusammen verbracht. Er kam aus Devon wie ich.« Er runzelte die Stirn. »Wie kommst du gerade jetzt auf ihn? Er ist doch mit dem alten Schiff untergegangen.«
    Allday setzte sich auf den Deckel einer Seekiste, die Ozzard vergeblich zu schließen versuchte.
    »Gestern habe ich seine Witwe kennengelernt. Ein Schmuckstück, sage ich dir!«
    Yovell sah ihn ernst an. »Ich hab’ schon gehört, du hast da oben auf dem Weg eine Frau gerettet. Tom von der Küstenwache hat mir’s erzählt. Den zweiten Mann haben später die Dragoner aufgespürt. Und dann hat Tom mir noch was erzählt, John. Über dich.«
    »Wenn du ein Wort davon zu Sir Richard sagst, dann …«
    Allday grinste, weil er wußte, daß Yovell über seinen Zusammenbruch schweigen würde.
    »Was macht denn die Witwe vom guten alten Jonas Polin?«
    »Sie war auf dem Weg nach Fallowfield«, sagte Allday. »Aber den Ort kenne ich nicht.«
    Yovell lächelte. »Ich bin nicht von hier, trotzdem kenne ich alle Orte.« Er faltete die Arme und sah Allday nachdenklich an. Das mit der Witwe war wohl was Besonderes für Allday. Etwas Ernstes. »Fallowfield liegt auf dieser Seite des Helford River, bei Rosemullion Head. Winziges Kaff, nur ein paar Bauern und Fischer. Was wollte sie da? Der alte Jonas kam doch aus Brixham, das war eine gute Gegend von Devon.«
    Vorsichtig antwortete Allday: »Es gibt eine Kneipe in Fallowfield.
The Stag’s Head,
wenn ich mich recht erinnere.«
    »Das war mal. Diese Kneipe vergammelt seit mindestens einem Jahr.«
    »Nicht mehr lange, lieber Daniel. Mrs. Polin hat sie gekauft und wird sie wieder zum Leben erwecken.« Er erinnerte sich an ihre Worte: ›Sie sind dort immer willkommen, Mr. Allday!‹ Yovell faltete seine Liste zusammen und verstaute sie in der Tasche. »Gute Idee. Bis zum
Royal George
im nächsten Dorf ist es viel zu weit.« Er dachte kurz nach, dann trat er auf Allday zu, ergriff seine Hand und drückte sie herzlich. »Ich wünsche dir Glück, John. Du bist schon oft verletzt worden – und nicht nur von den Franzosen!«
    Ozzard sah hoch, schwieg aber. Der Gedanke an den Körper einer Frau ließ in ihm wieder den panischen Schrecken wachwerden: das Zimmer in Wapping, die Schreie, das Blut. Und dann sein Zuschlagen mit der Axt – bis alles still war.
    Ferguson kehrte ins Haus zurück und wischte sich dabei mit dem Ärmel über die Stirn. Er hatte gesehen, daß Keen allein im Garten umherging, und wollte ihm lieber nicht begegnen. Er versuchte sich einzureden, seine Beobachtungen seien nur Einbildung. Aber der Versuch mißglückte, und er fühlte sich mitschuldig.
    Kurz darauf kam Tojohns, Keens Bootssteurer, ins Haus und grüßte Bolitho, indem er die Hand an den Hut

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