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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Flur Ausschau nach Matthias. Er stand im Türrahmen seines Zimmers und mühte sich damit ab, seine Tasche hinauszubugsieren.
    Als er es geschafft hatte, fasste Dóra ihn am Arm und zog ihn mit sich.
    »Was ist los?«, fragte er irritiert, während sie ihn durch die Eingangstür schob.
    »Bei mir zu Hause ist was passiert und ich muss ganz, ganz schnell heimfahren.«
    Er nahm sie beim Wort, schmiss ohne weitere Fragen die Taschen ins Auto und setzte sich hinters Steuer. Sie fuhren auf direktem Weg nach Reykjavik, über Hella, Selfoss und Hveragerði. Matthias sagte nicht viel. Erst als sie den Gebirgskamm erreicht hatten, fragte er, ob er etwas für sie tun könne. Dóra erklärte ihm, dass es um ihren Sohn ging, der ihr etwas sagen musste. An der Skihütte lagen sie gut in der Zeit und bei der kleinen Kaffeestube immer noch. Am Rauðavatn platzte ein Reifen.
    »Verdammt noch mal«, fluchte Matthias. Er umklammerte das Lenkrad, um nicht die Kontrolle über den Wagen zu verlieren. Dann drosselte er das Tempo und hielt am Straßenrand.
    »Oh nein, oh nein«, jammerte Dóra. Sie schaute auf die Uhr. Fünf vor halb eins. Wenn es ihnen gelänge, den Reifen schnell zu wechseln, wären sie um kurz vor eins zu Hause in Seltjarnarnes.
    »Dieses blöde Ding«, brummelte Matthias, während er sich damit abplagte, den Ersatzreifen aus dem Kofferraum zu zerren. Nachdem er es endlich geschafft hatte, konzentrierten sich Dóra und Matthias auf den Wagenheber und wechselten gemeinsam den Reifen. Als sie fertig waren, nahm Matthias den kaputten Reifen und warf ihn in hohem Bogen in den Kofferraum, wo er auf Dóras Reiseköfferchen landete. Es war ihr vollkommen gleichgültig. Die Zeit raste. Sie hasteten ins Auto und Matthias schoss los.
    »Warte hier«, sagte Dóra, als sie in die Einfahrt zu ihrem Haus bogen. Sie rannte zum Haus. Im Laufen zog sie ihren Schlüssel hervor. Sie klingelte mit der linken Hand, um Gylfi wissen zu lassen, dass sie da sei, steckte mit der rechten Hand den Schlüssel ins Türschloss und öffnete. »Gylfi«, rief sie keuchend.
    »Hi Mama.« Sóley kam ihr entgegengelaufen, ein einziger Sonnenschein. Falls etwas passiert war, hatte sie davon überhaupt nichts mitbekommen.
    »Hallo mein Engel. Wo ist dein Bruder?« Dóra drängte sich an Sóley vorbei und schaute sich nach ihrem Sohn um.
    »Er ist weggegangen. Ich hab einen Zettel für dich«, erklärte Sóley und zog einen Schnipsel aus ihrer Hosentasche.
    Dóra riss ihr den Zettel aus der Hand. Während sie ihn auseinanderfaltete, fragte sie: »Wann ist er gegangen? Und wohin?«
    »Er ist eben erst gegangen. Vor einer Stunde.« Sóley kannte sich noch nicht richtig mit der Uhr aus. Gylfi hätte demzufolge vor einer Sekunde oder vor zwei Wochen das Haus verlassen haben können. »Er ist dahin gegangen, es steht da drauf.« Ihr kleiner Finger zeigte auf den Zettel, so als wolle sie einer Verwechslung mit anderen Papierschnipseln zuvorkommen.
    »Komm mit.« Die Adresse war in Seltjarnarnes, nicht weit entfernt. »Wir machen mit dem Onkel eine Autofahrt.« Sie stopfte Sóley in Gylfis Daunenjacke, zwängte sie in ihre Gummistiefel und schob sie aus dem Haus. Dóra riss die Hintertür des Jeeps auf und half ihrer Tochter mit schnellen Handbewegungen hinein. Dann sprang sie selbst auf den Beifahrersitz und bat Matthias, loszufahren. »Matthias, das ist meine Tochter Sóley. Sie spricht nur Isländisch. Sóley, das ist Matthias. Er kann kein Isländisch, aber ihr werdet bestimmt gute Freunde.«
    Matthias drehte sich gemächlich um und lächelte dem kleinen Mädchen zu. »Süß wie die Mama«, sagte er und steuerte den Wagen Dóras wilden Gebärden folgend um eine Ecke. »Auch modisch derselbe Geschmack.«
    »Hier – und dann rechts. Ich suche die Nummer 45«, erklärte Dóra, immer noch nervös. Kurz darauf kam das Haus ins Blickfeld. Das musste es sein, denn sie sahen Gylfi über den Eingangspfad auf das Haus zulaufen. »Da, da«, rief Dóra außer Atem und zeigte auf ihren Sohn. Matthias gab Gas und parkte dann auf dem Gehsteig vor dem Haus – die Einfahrt war bereits besetzt. Dóra kannte das Auto; es gehörte Hannes. Dóra stieß die Tür auf, sobald der Wagen zum Halten gekommen war. »Sóley, du wartest hier mit dem lieben Matthias.«
    Gylfi drehte sich erst um, nachdem seine Mutter mehrmals seinen Namen gerufen hatte. Nun stand er mit hängenden Schultern an der Haustür und betätigte die Türklingel. »Hi«, sagte er bedrückt.
    »Ich hab mich

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