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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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Mutter angebandelt. Ein weiterer Punkt, den sie mit Matthias besprechen musste. Das Kapitel über Haralds Finanzen endete mit dieser Liste. Dóra schaute auf die Uhr und sah, dass sie gut in der Zeit lag.
    Sie beschloss, die Mappe einen Moment zur Seite zu legen, drehte sich zum Computer und suchte im Internet nach »Malleus Maleficarum«. Das Suchergebnis zeigte über 340000 Seiten an. Sie stieß sofort auf eine inhaltlich viel versprechende Seite, aus der hervorging, der Begriff bedeute »Hexenhammer« und sei der Titel eines Buches aus dem 15. Jahrhundert. Dóra wählte einen Link, ein englischer Text erschien auf dem Bildschirm. Die Seite war mit einer alten Zeichnung illustriert, auf der eine Frau in einem Umhang an eine Leiter gefesselt war. Zwei Männer mühten sich, die Leiter aufzurichten und sie mitsamt der Frau auf einen großen Scheiterhaufen zu stoßen, der daneben loderte. Die Frau sollte offenbar bei lebendigem Leib verbrannt werden. Sie blickte mit geöffnetem Mund zum Himmel. Dóra war sich nicht sicher, was der Künstler im Sinn gehabt hatte: Entweder sie rief Gott um Gnade an oder sie verfluchte ihn. Ihre Verzweiflung war jedenfalls eindeutig. Dóra druckte die Seite aus und verließ das Zimmer, um sie aus dem Drucker zu holen, bevor Bella sie entdeckte. Dem Mädchen war alles zuzutrauen.

4. KAPITEL
    Im Drucker lagen fünf Seiten anstelle von einer, wie Dóra erwartet hatte. Die Homepage beinhaltete offenbar wesentlich mehr Informationen, als auf dem Bildschirm ersichtlich war. Dóra begann auf dem Weg zurück in ihr Büro zu lesen.
    Eine kurze Einleitung beschrieb Malleus Maleficarum als eines der berüchtigtsten Bücher in der Geschichte der Menschheit. Es wurde erstmals 1486 als Handbuch für Inquisitoren herausgegeben. Diese sollten lernen, Hexen zu erkennen und anzuklagen. Schwarze Magie und verschiedene andere Volksbräuche seien von nun an Gotteslästerung, auf die die Todesstrafe stünde – wer für schuldig befunden würde, solle auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Das Buch war in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil ging es darum, den Leuten einzutrichtern, dass Zauberei und Hexen tatsächlich existierten, ihre Existenz aber widernatürlich sei und Hexen vom Teufel besessen seien. Des Weiteren wurde erstmals behauptet, der Glaube an die Existenz von schwarzer Magie sei bereits Gotteslästerung. Der zweite Teil bestand aus einer Aufzählung sensationeller Geschichten über die Machenschaften von Hexen, wobei Sex mit Dämonen am häufigsten vorkam. Im dritten und letzten Teil wurde die Grundlage für Hexenprozesse gelegt. Es wurde betont, Folter sei zur Förderung von Geständnissen erlaubt und jedermann dürfe als Zeuge gegen die Angeklagten aussagen, ungeachtet seines Rufs oder anderer Umstände, die Zeugen normalerweise ungeeignet oder parteiisch machten.
    Die Urheber des Textes waren zwei Dominikanermönche, Jakob Sprenger, damaliger Rektor der Universität zu Köln, und Heinrich Kramer, Theologieprofessor der Universität zu Salzburg und offizieller Inquisitor von Tirol. Letzterer wurde als der eigentliche Verfasser des Buches beschrieben. Seit 1476 war er an vielen Hexenprozessen beteiligt. Das Buch war auf Veranlassung von Papst Innozenz VIII. verfasst worden – der Beschreibung nach ein unangenehmer Zeitgenosse. Er hatte den Anstoß zu den Hexenverfolgungen in Europa gegeben, als er am 5. Dezember 1484 eine apostolische Bulle namens »Summis desiderantes affectibus« unterzeichnete und damit den Inquisitoren die Erlaubnis zur Hexenjagd gab. In der Bulle wurde Zauberei mit Gotteslästerung gleichgesetzt.
    Der alternde Papst hatte angeblich versucht, seinen eigenen Tod hinauszuzögern, indem er Milch aus Frauenbrüsten trank und sich fremdes Blut zuführen ließ. Das hatte sein Leben jedoch nicht verlängert, sondern lediglich zum Tod von drei zehnjährigen Knaben durch Aderlass geführt.
    Das Buch hatte sich dank der Erfindung des Buchdrucks und der großen Bekanntheit seiner Verfasser, beide hoch geschätzte Gelehrte, schnell verbreitet. Katholiken wie Protestanten beriefen sich in ihrem Kampf gegen die Hexerei darauf. Teile des Hexenhammers wurden in die Rechtsprechung aufgenommen – im Heiligen Römischen Reich, dem heutigen Deutschland, in Österreich, Tschechien, der Schweiz, Ostfrankreich, den Niederlanden und Teilen Italiens. Dóra zuckte zusammen, als sie sah, dass dieses Buch immer noch regelmäßig herausgegeben wurde.
    Sie legte die Ausdrucke beiseite. Das alles

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