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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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nur die Namen des Fakultätsleiters und des Professors, der Haralds Masterarbeit betreut hatte, þorbjörn Ólafsson.
    Die letzten Protokolle stammten von der Vernehmung eines Kellners aus dem Kaffibrennslan und des Busfahrers, der Halldór von Fossvogur in die Stadt gefahren hatte. Der Kellner namens Björn Jónsson sagte aus, er habe Halldór an besagtem Abend zum ersten Mal gegen ein Uhr bedient, dann noch ein paar Mal in der darauffolgenden Stunde und schließlich ein letztes Mal gegen zwei, als Haralds Freunde eingetroffen seien. Er sagte, er könne sich gut an Halldór erinnern, da dieser an jenem Abend ungewöhnlich schnell und maßlos getrunken habe.
    Der Busfahrer erinnerte sich an Halldór von seiner letzten Fahrt, es seien nur wenige Fahrgäste im Bus gewesen und er habe sich mit ihm über den Zustand des Gesundheitssystems und den erschreckenden Umgang mit alten Menschen unterhalten. Dóra hatte den Eindruck, dass dieser Halldór ein ziemlich wasserdichtes Alibi hatte, wie auch die anderen aus Haralds Clique, mit Ausnahme von Hugi.
    Die Schwarz-Weiß-Kopien der Fotos vom Tatort waren unscharf, vermittelten aber einen guten Eindruck von dem grauenhaften Anblick. Dóra verstand den Schock des Mannes, der die Leiche gefunden hatte, nun noch besser und bezweifelte, ob er sich jemals voll und ganz von diesem albtraumhaften Erlebnis erholen würde.
    Als um Viertel vor fünf ihr Handy piepte, beeilte sich Dóra, das letzte Kapitel über die Obduktion durchzublättern. Wie seltsam, dachte sie. Hinter dem siebten Trennblatt kam nichts mehr. Das Kapitel war leer.

5. KAPITEL
    Dóra kam rechtzeitig im Schulhort an. Sie begegnete einer der Mütter aus der Klasse ihrer Tochter auf dem Parkplatz. Die Frau musterte das beschriftete Werkstattauto und grinste. Sie ging bestimmt davon aus, dass Dóra sich diesen Bibbi geangelt hatte. Dóra hatte das dringende Bedürfnis, der Frau hinterherzulaufen, die Sache zu erläutern und klarzustellen, dass sie und Bibbi rein geschäftlich miteinander in Verbindung stünden. Sie ließ es aber bleiben und überquerte stattdessen auf direktem Weg das Schulgelände. Sóley ging in die Mýrarhús-Schule, nur ungefähr zehn Minuten mit dem Auto von Dóras Büro im Skólavörðustígur entfernt. Bei der Trennung von Hannes vor gut drei Jahren war es Dóra sehr wichtig gewesen, das Haus in Seltjarnarnes zu behalten, obwohl es nicht leicht für sie war, ihren Ex-Mann auszubezahlen. Sie konnte froh sein, dass die Schätzung des Hauses vor dem großen Immobilienpreisanstieg stattgefunden hatte. Hätten sie sich jetzt getrennt, hätte sie sich das Haus niemals leisten können. Das ärgerte Hannes natürlich unsäglich und er argwöhnte, wie viel Dóra wohl daran verdient hatte. Sie hatten sich nicht gerade im Guten getrennt, versuchten aber, der Kinder wegen respektvoll miteinander umzugehen.
    Dóra betrat den Hort und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Die meisten Kinder waren offenbar schon nach Hause gegangen. Natürlich konnte sie den Gedanken nicht beiseite schieben, nicht genug für ihre Tochter da zu sein. Mutter, Ehefrau und Geliebte – ihr ging ein altes Gedicht durch den Kopf. »Geliebte« traf zurzeit weniger auf sie zu. Sie hatte in den zwei Jahren seit der Scheidung kaum etwas mit Männern zu tun gehabt. Plötzlich empfand sie ein starkes Verlangen, mit einem Mann zusammen zu sein. Sie schüttelte es rasch ab; dies war der am wenigsten geeignete Ort, den man sich vorstellen konnte, um an Sex zu denken. Was war eigentlich mit ihr los?
    »Sóley!«, rief die Betreuerin, als sie Dóra erblickt hatte. »Deine Mama ist da.«
    Das kleine Mädchen, das seiner Mutter den Rücken zugewandt hatte, blickte vom Perlensticken auf und drehte seinen Kopf in Dóras Richtung. Es lächelte müde und strich sich eine blonde Locke aus dem Gesicht. »Hi, Mama. Guck mal, ich mache ein Perlenherz.« Dóra verspürte einen Stich in ihrem eigenen Herzen und schwor sich, die Kleine morgen früher abzuholen.
    Nach einem kurzen Zwischenstopp im Supermarkt betraten Mutter und Tochter endlich das Haus. Gylfi, Dóras Sohn, war offensichtlich schon heimgekommen. Das war an den Turnschuhen zu erkennen, die mitten im Flur herumlagen, und an der Daunenjacke, die er so nachlässig an den Haken neben der Tür gehängt hatte, dass sie sofort wieder auf den Boden gefallen war.
    »Gylfi!«, rief Dóra und bückte sich, um die Schuhe in die Schuhablage zu stellen und die Jacke ordentlich aufzuhängen. »Wie oft

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