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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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hektisch; lediglich ihre Tochter ließ sich Zeit und setzte sich zum Essen an den Tisch. Als sie zum Auto gingen, erinnerte Dóra die Kinder daran, dass sie am Abend zu ihrem Vater fahren würden. Sie hatten vorher nie Lust dazu, waren im Nachhinein aber immer froh, Zeit mit ihrem Vater verbracht zu haben. Vorausgesetzt, sie mussten nicht reiten.
    Nachdem sie die Kinder in die Schule gebracht hatte, beeilte sich Dóra, ins Büro zu kommen. Sie hatte den handgeschriebenen Zettel aus dem Buch dabei und wollte ihn Matthias zeigen. Es war noch niemand da; die Kanzlei würde erst in einer guten halben Stunde um neun Uhr öffnen. Genug Zeit, um einen Kaffee zu kochen, die Post durchzusehen und sich einen Überblick über die Dinge zu verschaffen, die sich neben diesem sonderbaren Fall, der Dóras gesamte Zeit in Anspruch nahm, noch abspielten.
     
    Bríet war auf dem Weg zu ihrem Seminar gewesen, das um Viertel nach acht beginnen sollte, doch der Fakultätsleiter Gunnar hatte sie abgefangen. Nachdem er ein paar Worte mit ihr gewechselt hatte, kam es für sie nicht mehr in Frage, am Unterricht teilzunehmen. Anstatt in den Seminarraum zu gehen, setzte sich Bríet zum Rauchen auf die Treppe. Sie musste sich beruhigen – und die anderen anrufen und ihnen die Nachricht überbringen. Bríet nahm einen langen, tiefen Zug von der schlanken Mentholzigarette – eine Marke, die Marta Maria so albern und schwach fand, dass sie verkündete, Bríet könne guten Gewissens behaupten, sie rauche nicht. Marta Maria rauchte Marlboro. Während Bríet die Telefonnummer ihrer Freundin heraussuchte, hoffte sie, dass Marta genug Zigaretten im Haus hätte – die würde sie nämlich jetzt brauchen.
    »Hallo«, sagte Bríet atemlos, als am anderen Ende abgenommen wurde. »Hier ist Bríet.«
    »Warum rufst du denn so früh an?« Marta Marias Stimme klang belegt. Bríet musste sie geweckt haben.
    »Du musst in die Uni kommen – Gunnar ist total sauer und droht damit, dass wir alle hochkant rausfliegen, wenn wir nicht tun, was er sagt.«
    »Was für’n Unsinn.« Ihre Stimme war plötzlich hellwach.
    »Wir müssen die anderen anrufen und ihnen sagen, sie sollen herkommen. Ich lass mich nicht von der Uni schmeißen. Papa würde ausflippen und ich bekäme keine Studienunterstützung mehr.«
    »Jetzt komm mal wieder runter«, fiel ihr Marta Maria ins Wort. »Wie soll Gunnar uns denn von der Uni schmeißen? Ich weiß ja nicht, wie’s bei dir aussieht, aber meine Noten sind alle in Ordnung.«
    »Er sagt, er will bei der Fakultät eine Beschwerde wegen Drogenkonsums einreichen – er behauptet, alle möglichen Trümpfe im Ärmel zu haben. Auf diese Weise will er Brjánn und mich loswerden, und dann, sagt er, kümmert er sich um Andri und Halldór. Wir müssen tun, was er sagt. Ich werde es jedenfalls nicht drauf ankommen lassen.« Bríet war gereizt. Warum stellte sich Marta Maria immer so an – konnte sie nicht einfach mal tun, was man ihr sagte?
    »Was will er von uns?« Bríet hatte Marta Maria mit ihrer Nervosität angesteckt.
    »Wir sollen mit irgendwelchen Rechtsanwälten sprechen, die für Haralds Eltern arbeiten. Sie wollen uns treffen und Gunnar erwartet, dass wir kooperativ sind. Er sagte noch, er sei nicht so naiv zu glauben, dass wir immer die Wahrheit sagen würden, aber das sei ihm egal – Hauptsache, wir reden mit denen.« Bríet zog an ihrer Zigarette und blies energisch den Rauch aus. Dann hörte sie, wie jemand im Hintergrund fragte, was los sei.
    »Okay, okay«, sagte Marta Maria. »Was ist mit den anderen? Hast du sie schon angerufen?«
    »Nein, du musst mir dabei helfen. Ich will die Sache nicht vor mir herschieben – wir treffen uns alle um zehn und bringen es hinter uns. Ich hab heute noch ein Seminar.«
    »Ich spreche mit Halldór. Du rufst Andri und Brjánn an. Wir treffen uns unten beim Buchladen.« Marta Maria legte ohne weitere Erklärungen auf.
    Bríet starrte mürrisch auf das Telefon. Natürlich war Halldór bei Marta. Sie würde also niemanden anrufen, sondern wie üblich den ganzen Ärger bei Bríet abladen. Sie hätte ihr fairerweise anbieten können, mit Andri oder Brjánn zu telefonieren. Bríet drückte brüsk ihre Zigarette auf der Treppe aus und stand auf. Sie ging in Richtung des Buchladens und suchte währenddessen Brjánns Nummer in ihrem Handy.
    Gunnar beobachtete Bríet vom Fenster seines Büros im Árnagarður. Ausgezeichnet, dachte er – ich habe genau ins Schwarze getroffen. Als er kurz zuvor mit dem

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