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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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die ionisierten, aus 154 Schiffen gleichzeitig herausschießenden Gase einen gigantischen Flammenschweif erzeugen, der gar nicht unbemerkt bleiben konnte.

36
Vorbereitung auf das Rennen
    Manche Leute hätten sicher erwartet, dass die Abschiedsparty für die Teilnehmer am Solarschiff-Rennen in irgendeinem riesigen Saal in einer Großstadt wie New York, Peking oder Moskau stattgefunden hätte. Doch das war nicht der Fall. Gewiss, Kamerateams waren da, und alles, was sie filmen konnten, erschien weltweit auf den Bildschirmen. Aber der Ort der feierlichen Verabschiedung war der kleine Zuschauerraum im Skyhook-Terminal, und insgesamt waren höchstens zweihundert Personen anwesend - die sieben Wettkampfteilnehmer, ihre Helfer und ihre nächsten Anverwandten sowie einige wenige VIP-Gäste.
    Myra argwöhnte, warum das Prozedere in diesem bescheidenen Rahmen stattfand. Die drei großen Weltmächte China, Russland und Amerika gönnten einander nicht die Publicity, die ein derart bedeutendes Ereignis mit sich gebracht hätte, und deshalb wurde ein Ort gewählt, der sich allein schon aus praktischen Gründen für die Feier anbot, nämlich Sri Lanka, in dem sich das Terminal für die Abreise der Sportler befand. Doch Myra hütete sich, ihre Gedanken laut auszusprechen. Ihr wurde ganz warm ums Herz, als sie einen Blick auf ihre Tochter erhaschte. Mit ernster Miene stand sie da, zusammen mit den sechs anderen Rennteilnehmern, und hörte aufmerksam zu, wie ein Richter ein letztes Mal die Wettkampfregeln erläuterte. »Sieht sie nicht gut aus?«, flüsterte sie Ranjit zu, obwohl sie seine Antwort bereits kannte.
    Ranjit hegte, genau wie Myra, nicht den geringsten Zweifel daran, dass Natasha nicht nur die intelligenteste und beste Solarsegler-Pilotin
war, sondern dass sie für ihre sechzehn Jahre überraschend, wenn nicht gar besorgniserregend, reif wirkte. Dann richtete er sein Augenmerk auf das für ihn beunruhigendste Detail der Szene. »Da ist dieser Brasilianer, Olsos. Er steht direkt neben ihr«, machte er seine Frau aufmerksam.
    Myra drückte seine Hand. »An Ron ist nichts auszusetzen«, erwiderte sie mit der Überzeugung, die darauf fußte, dass sie selbst einmal ein sechzehn Jahre altes Mädchen gewesen war. Unvermittelt rief sie: »Oh, hallo, Joris!«
    Sie umarmte Vorhulst, und die beiden Männer gaben sich die Hand. »Gleich starten sie«, erklärte Vorhulst. »Ich wollte euch nur begrüßen - und euch erzählen, dass die Skyhook-Ingenieure untereinander Wetten abgeschlossen haben. Ich habe auf Natasha gesetzt.«
    Myra nickte. »Wart ihr vorhin deshalb so aufgeregt? Mir fiel auf, dass bei den Ingenieuren eine beträchtliche Unruhe herrschte.«
    Vorhulst blinzelte verdutzt. »Ach so, jetzt weiß ich, worauf du anspielst. Nein, der Grund war ein anderer. Wir erhielten eine Nachricht aus dem Sky Events Center in Massachusetts. Im Sternbild Centaurus wurde gerade der Ausbruch einer unglaublich hellen Supernova beobachtet.« Er grinste. »Jetzt wünsche ich mir fast, ich wäre bei der Astronomie geblieben.« Dann betrat der Vorsitzende des Komitees, das für das Solarsegler-Rennen zuständig war, das Podium, und die Zuschauer begaben sich zu ihren Sitzplätzen. Mit einem lässigen Wedeln der Hand verabschiedete sich Vorhulst von den Subramanians und entfernte sich in eine andere Richtung.
     
    Es gab nur einen einzigen Redner bei der Zeremonie, und das war der kürzlich gewählte Präsident der Republik Sri Lanka, Dhatusena Bandara. Mit seinem ausdrucksstarken, zerfurchten Gesicht und der schlanken Figur eines Mannes, der sich nie hatte gehenlassen, stellte er eine charismatische Persönlichkeit dar. Doch seine Ansprache war locker, beinahe witzig.

    »Mehrere Nationen haben sich darum gerissen, diese Feier in einer ihrer Metropolen abzuhalten«, teilte er seinem kleinen, aber handverlesenen Publikum mit. »Trotzdem befinden Sie sich jetzt hier, in Sri Lanka. Aber nicht etwa, weil mein Land diese Ehre mehr verdient hätte als irgendein anderer Staat. Der Grund dafür liegt schlicht und einfach in der Tatsache, dass wir an einem geografisch günstigen Punkt liegen, der sich für den Bau des Skyhook besonders gut eignete. Ohne den Skyhook hätte dieses Rennen niemals stattfinden können. Der Skyhook wird diese sieben prächtigen jungen Frauen und Männer in eine niedrige Erdumlaufbahn befördern. Ihre in Einzelteile zerlegten Sonnensegler hat der Skyhook bereits ins All gebracht, wo man in diesem Augenblick eifrig dabei ist, sie

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