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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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Okay!«
    »Nummer vier, Santa Maria, alle Systeme einsatzbereit!«
    Natasha schmunzelte. Das war natürlich Ron Olsos, den sie sympathisch fand, aber damit hatte es sich auch. Sie wusste, dass er in sie verknallt war, aber diese Art von Gefühl konnte
sie nicht erwidern. Die Antwort des Brasilianers klang wie ein Echo aus den Anfängen der Raumfahrt, als die Astronauten sich mit dieser Formel beim Bodenkontrollzentrum meldeten. Aber Ron neigte nun mal zum Theatralischen.
    »Nummer fünf, Lebedev. Wir sind startklar!« Das war der Russe, Efremy.
    »Nummer sechs, Arachne . Alles im grünen Bereich«, bestätigte Hsi Liang, die junge Frau aus irgendeinem Dorf nördlich von Chengdu, das im Schatten des Himalaya lag. Natasha kam als Letzte an die Reihe, um die Worte zu sprechen, die auf der ganzen Welt und in jedem von Menschen bewohnten Vorposten gehört würden:
    »Nummer sieben, Diana . Bereit zum Siegen!«
    Damit hatte sie Ronaldinho eins reingewürgt, dachte sie grinsend, während sie sich umdrehte, um ein letztes Mal die Spannung in ihrem Rigg zu prüfen.
    Natasha, die schwerelos in ihrer winzigen Kabine schwebte, kam es so vor, als würde das Segel der Diana den gesamten Horizont ausfüllen. Kein Wunder, dass sie so empfand, denn hier draußen, begierig, sie aus dem Wirkungsbereich der Erdanziehungskraft herauszutragen, entfaltete sich eine Segelfläche von über fünf Millionen Quadratmetern, die mit einem Takelgut von insgesamt fast einhundert Kilometern Länge an der Kommandokapsel befestigt war. Das Rigg bestand aus Fulleren-Kabeln, also aus Riesen-Kohlenstoffmolekülen, die innen hohl sind. Das Quadratkilometer große Segel aus mit Aluminium bedampfter Kunststofffolie war wenige Millionstel Meter dünn, aber stark genug - jedenfalls hoffte sie das -, um sie als Erste über die Ziellinie im Mondorbit zu befördern.
    Wieder kam eine Stimme aus dem in der Wand angebrachten Lautsprecher: »Noch zehn Sekunden bis zum Start. Alle Aufzeichnungsinstrumente einschalten!«
    Ohne den Blick von dem riesigen, schwellenden Segel abzuwenden, drückte Natasha auf die Taste, die sämtliche Kameras und Instrumentenrekorder der Diana aktivierte. Es war das
Segel, das sie faszinierte. Wie etwas so kolossal und so zart zugleich sein konnte, vermochte ihr Verstand kaum zu begreifen. Und es fiel ihr noch schwerer zu glauben, dass dieser verspiegelte, hauchdünne Film imstande sein sollte, sie mit unvorstellbarer Geschwindigkeit durch das All rasen zu lassen, lediglich angetrieben durch die Energie des eingefangenen Sonnenlichts.
    »… fünf, vier, drei, zwei. Leinen los!«
    Sieben mit Diamantklingen ausgestattete, computergesteuerte Messer durchtrennten gleichzeitig sieben dünne Halteleinen, und die Segler kamen frei. Bis zu diesem Augenblick hatten sie fest verankert mit den Begleitschiffen die Erde umkreist. Nun jedoch drifteten die Sonnensegler auseinander wie die Samen einer vom Wind zerzausten Pusteblume.
    Und das Schiff, das als Erstes den Mondorbit passieren würde, hätte gesiegt.
     
    An Bord der Diana registrierten Natashas Körpersinne überhaupt nicht, dass eine Veränderung vonstattenging. Aber das war zu erwarten gewesen. Lediglich die Messinstrumente verrieten ihr, dass das Schiff nun mit fast einem Tausendstel der irdischen Schwerkraft beschleunigte.
    Das war natürlich lächerlich gering. Trotzdem hatte noch nie zuvor irgendein bemanntes, mit Solarsegeln ausgestattetes Raumfahrzeug eine derart hohe Beschleunigung erreicht, und genau das hatten ihr die Designer und Konstrukteure der Diana versprochen. Früher waren nur spielzeuggroße Riggs auf das Tempo gekommen, das ihr Schiff nun vorlegte. Bei dieser Geschwindigkeit - sie fing hastig an zu rechnen und lächelte, als das Resultat auf dem Monitor auftauchte - benötigte sie nur zwei Erdumkreisungen, um den erforderlichen Schwung zum Verlassen des erdnahen Orbits zu holen und Kurs auf den Mond zu nehmen. Und dann würde der von der Sonne ausgehende Photonenstrom direkt von achtern auf ihr Segel treffen und ihr Schiff erst richtig in Fahrt bringen.

    Photonen-Power …
    Natashas Lächeln vertiefte sich, als sie sich an ihre Bemühungen erinnerte, einer Zuhörerschaft aus potenziellen Sponsoren und einfach nur an Technik Interessierten die Prinzipien des Solarsegelns zu erklären. »Halten Sie Ihre Hände hoch und kehren Sie die Handflächen der Sonne zu, die gerade durch die Fenster scheint«, pflegte sie damals einleitend zu sagen. »Was spüren Sie?« Die

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