Das letzte Theorem
Fall widersetzte sich jeder Logik. Wie konnte sie aus ihrer Kommandokapsel verschwinden, ohne dass die Luftschleuse geöffnet wurde? In das Entsetzen über den Unfall mischte sich totale Fassungslosigkeit. Doch es sollte noch schlimmer kommen.
Während der nächsten sechsunddreißig Stunden hielt der Rest der Familie Subramanian sich zumeist in der Küche auf, zusammen
mit dem Hausmädchen und der Köchin. Nachdem Robert seinen Mittagsschlaf gehalten hatte, weinte er nicht mehr, aber er konnte seinen Eltern auch nicht erklären, was ihn so bekümmert hatte. Bis sie ihn fragten, ob seine Schwester der Grund für seine Tränen gewesen sei. Dann antwortet er: »’atasha’lücklich.’atasha schläft.«
Sein Abendbrot verputzte er mit herzhaftem Appetit, während alle anderen kaum einen Bissen herunterkriegten. An Schlaf war für die Erwachsenen auch nicht zu denken. Auf Küchenstühlen sitzend dösten sie vor sich hin, und gelegentlich legte sich einer für eine halbe Stunde oder so auf das Sofa unter dem Küchenfenster. Keiner wagte es, sich für länger als ein paar Minuten vom Fernseher wegzubewegen, aus Angst, eine Nachricht zu verpassen, die Aufschluss über Natashas Verschwinden gab.
Doch auf eine solche Information warteten sie vergebens.
Dabei gab es Meldungen in Hülle und Fülle, sie betrafen nur nicht das Schicksal ihrer Tochter. Ein Besorgnis erregender Bericht kam von den Suchmannschaften im erdnahen Orbit, die berichteten, sie würden nun von mehreren Dutzend dieser kleinen, kupferfarbenen Objekte begleitet, die als erstes konkretes Indiz dafür galten, dass Fliegende Untertassen oder etwas Ähnliches tatsächlich existierten. Warum schwirrten sie jetzt durchs All, noch dazu ausgerechnet an der Stelle, an der das Unglück mit der Diana passiert war? Was war ihre Aufgabe? Was wollten sie?
Die Spekulationen schossen ins Kraut, ohne jedoch eine halbwegs plausible Erklärung zu liefern, und deshalb wandten sich die Menschen wieder anderen Dingen zu. Ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf den Punkt in der Oort’schen Wolke, wo Astronomen etwas beobachtet hatten, das aussah wie eine Supernova, aber dennoch etwas anderes sein musste. Fotografische Aufnahmen mit langer Belichtungszeit, angefertigt von mehreren miteinander vernetzten Hochleistungsteleskopen, zeigten, dass von dort wirklich eine schwache Strahlung ausging,
die vorher definitiv nicht dagewesen war. Das hatten Vergleiche mit früheren Beobachtungen derselben Stelle ergeben.
Dann verfolgten die Leute gespannt die Bergung der sechs unversehrten Solarsegler, die nach und nach von Schleppern eingesammelt und in sichere Orbits bugsiert wurden. Auch Natashas Diana , die nun einem Klumpen aus zerknittertem Material glich, schleppte man ab und parkte sie an einem Ort, wo man sie noch einmal gründlich untersuchen wollte.
Das allgemeine Interesse richtete sich auf die Hauptstädte und Metropolen der Welt, in denen es keinen Mangel an »Experten« gab, die sich daran ergötzten, endlose und zumeist unergiebige Diskussionen über all diese Vorgänge zu führen - ohne dass man hinterher den Eindruck hatte, man sei auch nur um eine winzige Spur klüger geworden.
Und dann fing bei den Subramanians das Telefon an zu klingeln. Die Anrufe schienen kein Ende nehmen zu wollen. Auch am nächsten Tag kehrte nicht einmal ansatzweise so etwas wie Ruhe ein. Der übernächste Tag war auch nicht besser.
Am liebsten hätte Myra Subramanian das einzige ihr noch verbliebene Kind überhaupt nicht mehr aus den Augen gelassen. Doch als sie mit Ranjit darüber sprach, stimmten beide darin überein, dass man Robert nicht noch mehr aufregen sollte, indem man seine übliche Routine änderte. Der nächste Tag war ein Sonntag, und sonntags pflegte er an der Sonntagsschule teilzunehmen. Auch jetzt ging er hin, mit dem einzigen Unterschied, dass Myra während der ganzen Zeit seines Aufenthaltes in einem Nebenzimmer saß. So bekam sie mit, wie Robert zusammen mit den anderen behinderten Kindern aus der kirchlichen Sondergruppe höflich zuhörte, was die Assistentin des Pastors ihnen aus der Bibel vorlas. Später malten sie mit Buntstiften ein aus Linien bestehendes Bild aus, das Jesus am Kreuz darstellte.
Am Montag besuchte er die Werkstatt, weil eine ihrer medizinischen Beraterinnen glaubte, Robert würde es dort gefallen.
Und dort lernte Robert Subramanian - der Junge, der ohne fremde Hilfe Hexominos entdeckt hatte - geduldig und mit offensichtlichem Vergnügen, wie man
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