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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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bei denen das Segel unkontrolliert zu flattern und zu schlagen begann, bis es zerriss. Aber ihr Computer gab ihr die beruhigende Gewissheit, dass das derzeitige Muster keine Gefahr darstellte.
    Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass mit ihrem Schiff alles tipptopp in Ordnung war, und keine Sekunde früher!, schaltete sie ihren Handcomputer ein. Da jede Übermittlung
zuerst das Kommandoschiff erreichte, ehe sie an sie weitergeleitet wurde, und man die Mitteilungen streng zensierte, ersparte man ihr die nicht enden wollende Flut von Botschaften, in denen man ihr viel Erfolg wünschte oder sie um den einen oder anderen Gefallen bat. Sie hatte nur Nachrichten von ihrer Familie, von Gamini und von Joris Vorhulst. Keine weiteren. Sie freute sich über die Botschaften. Eine Antwort wurde nicht erwartet.
    Natasha überlegte, ob sie sich schlafen legen sollte. Das Rennen hatte zwar gerade erst begonnen, aber sie musste sich ihre Schlaf-und Wachphasen gut einteilen. Alle anderen Segler hatten Zwei-Personen-Crews, einen Piloten und einen Helfer. Die konnten sich abwechselnd aufs Ohr legen, aber Natasha Subramanian hatte niemanden, der sie ablösen konnte.
    Sie hatte sich bewusst dafür entschieden, allein zu segeln, im Gedenken an einen anderen einsamen Skipper, Joshua Slocum, der vor langer Zeit mit seinem winzigen Segelboot Spray als Einhandsegler die Welt umrundet hatte. Was Slocum geschafft hat, kann ich auch, dachte sie sich. Außerdem brachte es einen gewaltigen Vorteil mit sich. Die Leistung eines Sonnenseglers hing von der Masse ab, die er bewegen musste. Eine zweite Person mitsamt dem für sie notwendigen Proviant hätte ein zusätzliches Gewicht von dreihundert Kilo bedeutet, und das konnte ohne weiteres den Unterschied zwischen einem Sieg oder einer Niederlage ausmachen.
    Also schnallte sie sich an der Taille und an den Beinen mit den elastischen Gurten ihres Sitzes an, damit sie im Schlaf nicht durch die Kapsel schwebte. Einen kurzen Augenblick zögerte sie. Sie hätte sich noch gern die Nachrichtenübertragung angesehen, weil sie wissen wollte, ob ein Astronom schon etwas über diese seltsame Supernova, die dann aber doch keine war, herausgefunden hatte. Was mochte die Ursache für den Helligkeitsausbruch am südlichen Himmel gewesen sein, dieser ungeheure Lichtblitz, der plötzlich aufgeflammt war, um dann genauso schnell wieder zu erlöschen?

    Aber ihre Selbstdisziplin siegte über die Neugier. Sie platzierte die Elektroden des Schlaf-Induzierers auf ihre Stirn, stellte den Timer so ein, dass sie nach drei Stunden geweckt würde, und entspannte sich. Sanfte, hypnotische Impulse begannen in den Frontallappen ihres Gehirns zu pochen. Hinter ihren geschlossenen Augenlidern kreisten Spiralen aus buntem Licht und dehnten sich aus in die Unendlichkeit.
    Dann spürte sie nichts mehr.
     
    Das schrille Kreischen der Alarmsirene riss Natasha aus ihrem traumlosen Schlaf. Sie war sofort hellwach, und ihr erster Blick galt der Instrumententafel. Nur zwei Stunden waren vergangen … aber über dem Beschleunigungsmesser blitzte ein rotes Licht.
    Der Schub verringerte sich. Die Diana verlor Energie.
    Durch ihr Training hatte Natasha Disziplin gelernt. Und diese Disziplin verhinderte, dass sie in Panik geriet. Trotzdem schlug ihr das Herz bis zum Hals, als sie die Gurte löste, um ihre Bewegungsfreiheit wiederzuerlangen.
    Ihr erster Gedanke galt dem Segel; irgendetwas musste dort schiefgegangen sein. Vielleicht hatten die Anti-Spin-Vorrichtungen versagt, und das Rigg verhedderte sich. Aber als sie die Daten prüfte, die ihr Auskunft über die Spannung in den Wanten gab, fiel ihr etwas Merkwürdiges auf. An einer Seite des Segels waren die Messwerte normal. Doch sie konnte zusehen, wie die Werte für die andere Seite stetig sanken.
    Dann begriff sie, was los war. Sie schnappte sich das Periskop und inspizierte mit einem Weitwinkelscan die Ränder des Segels. Tatsächlich! Es gab ein Problem - und dafür kam nur eine einzige Ursache in Frage.
    Der enorme, scharf umrissene Schatten, der langsam über das glänzende, silberne Segel der Diana kroch, verriet ihr alles. Dunkelheit breitete sich über einen Teil von Natashas Schiff aus, als hätte sich eine Wolke zwischen die Diana und die
Sonne geschoben und sie von dem Lichtstrom abgeschnitten, der das Schiff vorwärtstrieb.
    Im Weltraum gab es keine Wolken.
    Natasha grinste, als sie das Periskop in Richtung der Sonne schwenkte. Eine Automatik aktivierte die optischen Filter,

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