Das letzte Zeichen - Die Verschwundenen: Band 2 (German Edition)
Übelkeit in ihm aufstieg, wie immer, wenn er daran dachte. Auf einmal runzelte er die Stirn und wandte sich an Stern. »Hörst du was?«
Stern schüttelte den Kopf. »Was soll ich denn hören?«
Benjamin legte Stern die Hand auf den Arm und konzentrierte sich. War das nur Einbildung? Natürlich, was sonst.
Aber dann wurde das Pfeifen lauter und Stern und die anderen hörten es auch. Sekunden später hörten sie eine Explosion. Die Leute rannten schreiend davon, und Benjamin schickte ein Stoßgebet zu einem Gott, der seiner Ansicht nach gar nicht existierte. Dann rannte er hinter den anderen her, um sie so schnell wie möglich zu den Höhlen zu bringen.
»Was ist das für ein Ort?«, fragte Raffy vorsichtig und schaute sich um. Dabei wanderte sein Blick immer wieder zu Evie und zu Lucas hinüber.
»Das«, sagte Linus, während er zu dem größten Computer ging, »ist mein Versteck. Mein Forschungszentrum. Bitte, nimm Platz.«
Raffy ging nicht darauf ein. »Aber was tun Sie hier? Was sollen diese ganzen Computer? Ich dachte, wir würden nach Base Camp gehen.«
»Du hast also angenommen, wird würden nach Base Camp gehen«, sagte Linus achselzuckend. »Ich bezweifle, dass das viel mit Denken zu tun hatte. Deine Annahme beruht lediglich auf einer früheren Erfahrung.«
Raffys Blick verfinsterte sich.
Lucas trat vor. Er war nicht in der Stimmung für Linus’ kleine Scherze und Ausflüchte. »Linus, hör auf, Raffy zu bevormunden, und sag ihm, was wir hier machen. Oder ich sage es ihm.«
Linus hob eine Augenbraue und selbst Raffy blickte verblüfft drein. »Meinst du nicht, wir sollten zuerst Tee kochen?«, sagte Linus spöttisch. »Na los, Lucas. Sollten wir uns nicht wie zivilisierte Menschen benehmen?«
Lucas wollte etwas erwidern, überlegte es sich dann aber anders. Er hatte ihn nicht so anblaffen wollen. Er wollte nicht hier sein. Er wollte nicht mit den beiden in dieser Höhle sein. Er hatte gedacht, Raffy wäre okay, doch er war ganz und gar nicht okay. Sein Bruder hasste ihn offensichtlich, und Evie war zwar höflich, aber man sah ihr an, dass sie unglücklich war. Wie könnte es auch anders sein? Es gab nichts, worüber man hätte glücklich sein können. Sein Vater war umsonst gestorben; die Stadt wurde zwar nicht mehr von dem System regiert, aber dafür wurde sie jetzt von den Spitzeln bedroht, den Mördern, die nun auf der Suche nach Raffy waren. Die Stadt war kein besserer Ort. Sie würde nie ein besserer Ort sein und dafür schämte er sich.
Linus’ Blick fiel zufällig auf Lucas und sein Gesicht verzog sich zu einem leichten Lächeln. Seine Liebenswürdigkeit spiegelte sich in den Fältchen auf seinen Wangen und um seine Augen wider. Einen Moment lang sah Lucas in Linus nicht den wütenden Deserteur, sondern den Mann, der das System entwickelt hatte, der daran geglaubt hatte und der aus der Stadt fliehen musste, als er feststellte, dass es korrumpiert wurde und dass andere sich alles, wofür er gearbeitet hatte, widerrechtlich aneigneten. Als sie sich ansahen, glaubte Lucas ganz kurz, sich in Linus wiederzuerkennen. Denn Linus war auch einmal voller Hoffnung gewesen.
»Also machen wir jetzt Tee«, sagte Lucas ruhig. »Aber dann erzählen wir Raffy und Evie alles.«
Linus nickte und hielt Lucas’ Blick noch ein paar Sekunden stand. Dann suchte er nach einer alten Teekanne und kurz darauf machte er Feuer.
Raffy sah ihn erstaunt an. »Für alle diese Computer ist genug Strom da, aber für eine Kanne Tee müssen Sie extra ein Feuer machen? Was ist mit dem Kessel da drüben?«
Linus runzelte die Stirn. »Ich dachte, Lucas wollte den Tee machen«, sagte er mit einem leichten Achselzucken und mit seinem üblichen heiteren Blitzen in den Augen. »Ich mache Feuer, damit wir uns später davorsetzen können. Willst du mir nicht dabei helfen, Raffy? Da drüben liegt Holz.«
Raffy schlurfte zögernd in die Richtung, in die Linus deutete. Lucas lächelte in sich hinein und machte sich daran, den Tee zu kochen. Evie ging zu Lucas in Linus’ behelfsmäßige Küche und gemeinsam suchten sie nach ein paar Tassen. Die beiden schienen umeinander herumzutänzeln, immer darauf bedacht, sich nicht anzusehen, nicht mit dem anderen zusammenzustoßen, sich nicht zu berühren … Lucas bemerkte, dass Evie ihm auswich. Und er verstand auch, warum. Also tat er dasselbe und vermied möglichst jeglichen Blickkontakt. Das war er ihr und Raffy schuldig.
Ein paar Minuten später brachte Lucas die Teekanne dorthin, wo
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