Das Leuchten des Himmels
Schlüssel steckte in der Zündung.«
»Der Zündschlüssel steckte?«
»Ja. Seine Bekannten behaupten, er habe sie aus Gewohnheit stecken lassen und so gut wie nie daran gedacht abzusperren. Alle sichergestellten Gegenstände sind eingetütet, mit einem Etikett versehen und aufgelistet. Ich habe sie auf der Polizeiwache eingeschlossen.«
»Wir werden diese und ihn mitnehmen, dann soll der Gerichtsmediziner sein Urteil fällen. Aber es sieht nach Selbstmord aus. Ich würde gerne mit seiner Frau, den beiden Zeugen und jedem anderen sprechen, der von seiner Beziehung zu Patrick Galloway etwas wissen könnte.«
»Er hat seiner Frau keine Nachricht hinterlassen.«
»Wie bitte?«
»Nichts Persönliches. Auch keine Einzelheiten in der Computernotiz.«
In Cobens Augen blitzte Verärgerung auf. »Sehen Sie, Burke, Sie und ich, wir wissen doch beide, dass ein Selbstmord nicht zwangsläufig so typisch aussieht, wie Hollywood uns das weismachen möchte. Die Entscheidung liegt beim Gerichtsmediziner, aber meiner Einschätzung nach ist es Selbstmord. Die Notiz verbindet ihn mit Galloway. Wir werden das verfolgen, untersuchen, ob sich eine Spur zurückfinden lässt, die dies bestätigt. Ich habe nicht vor, hier oder bei Galloway Zeit und Arbeit zu sparen, aber ich werde auch nicht meckern, wenn sich herausstellt, dass mir beide Fälle als abgeschlossen in den Schoß fallen.«
»Für mich geht das nicht auf.«
»Dann müssen Sie noch mal nachrechnen.«
»Haben Sie ein Problem damit, wenn ich das – im Stillen – weiterverfolge, unter einem anderen Blickwinkel?«, ergänzte er nachdrücklich.
»Es ist Ihre Zeit, die Sie damit vergeuden. Aber treten Sie mir nicht auf die Füße.«
»Ich weiß noch, wie der Tanz geht, Coben.«
Es kostete Überwindung, an Carries Eingangstür zu klopfen. Ihm kam es äußerst gefühlskalt vor, sie in ihrer Trauer zu stören. Nur allzu gut erinnerte er sich, wie Beth zusammengebrochen war, als er sie nach Jacks Tod zum ersten Mal gesehen hatte.
Und er war hilflos gewesen, ans Krankenhausbett gefesselt, benommen von der Operation, betäubt von Trauer, Schuld und Wut.
Trauer gab es diesmal keine, sagte er sich. Ein wenig Schuldgefühle wegen der Art und Weise, wie er sie zuvor behandelt hatte. Aber keine Wut. Jetzt war er nichts weiter als Polizist.
»Sie ist böse auf mich«, teilte Nate Coben mit. »Wenn Sie das ausspielen, bekommen Sie vielleicht mehr aus ihr raus.«
Er klopfte an die Eingangstür des zweistöckigen Blockhauses. Als die Rothaarige öffnete, musste er im Geiste nachblättern.
»Ginny Mann«, stellte sie sich rasch vor. »Ich bin eine Freundin der Familie. Eine Nachbarin. Carrie ist oben und ruht sich aus.«
»Sergeant Coben, Ma’am.« Coben zückte seinen Ausweis. »Ich würde wirklich gern mit Mrs Hawbaker sprechen.«
»Wir werden uns bemühen, es kurz zu machen.« Künstlerin, erinnerte Nate sich jetzt. Landschaftsgemälde und Skizzen aus der Wildnis, die in den hiesigen Galerien und in den Lower 48 verkauft wurden. Sie unterrichtete auch Kunst an der Schule, drei Tage die Woche.
»Shelley und ich sind mit den Kindern hinten in der Küche. Wir bemühen uns, sie zu beschäftigen. Aber ich werde hochgehen und nachsehen, ob Carrie bereit ist.«
»Das wäre sehr freundlich«, mischte Coben sich ein. »Wir warten einfach hier.«
»Hübsches Haus«, bemerkte Coben, als Ginny nach oben ging. »Gemütlich.«
Ein bequemes Sofa, wie Nate auffiel, ein paar geräumige Sessel, farbenprächtige Überwürfe. Das Gemälde einer Frühlingswiese vor einem Hintergrund aus weißen Bergen und blauem Himmel, wohl ein Werk der Rothaarigen. Gerahmte Fotos der Kinder und andere Familienbilder auf den Tischen, zusammen mit dem Alltagsdurcheinander eines Durchschnittshaushalts.
»Sie sind seit etwa fünfzehn Jahren verheiratet, glaube ich. Er hat früher in Anchorage bei einer Zeitung gearbeitet, ist dann aber
umgezogen und hat hier seine Wochenzeitung begonnen. Sie arbeitete mit ihm gemeinsam. Es war mehr oder weniger ein Zweimannbetrieb mit einigen – wie nennt man das – freiberuflichen Korrespondenten? Sie veröffentlichten Berichte von Ortsansässigen, Fotos und suchten sich Geschichten von den Nachrichtendiensten aus. Das ältere ihrer Kinder ist etwa zwölf, ein Mädchen. Spielt die Pikkoloflöte. Der jüngere Sohn, zehn, ist ein Hockeyfan.«
»In den wenigen Wochen, die Sie hier arbeiten, haben Sie viel aufgeschnappt.«
»Das meiste habe ich seit heute Morgen
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