Das Leuchten des Himmels
Abschiedsworte schnurren hörte.
»Der versuchte doch glatt, den Preis in die Höhe zu treiben.« Mit einem kurzen Lachen schenkte Charlene sich ein Glas Wasser aus dem Krug auf ihrem Schreibtisch ein.
Sie wirkt nicht sehr effizient, überlegte Meg, aber das Äußere täuscht. Wenn es ums Geschäft ging, war Charlene durchaus in der Lage, ihren Profit und ihren Verlust auf den letzten Cent zu kalkulieren, und zwar zu jeder Tages- oder Nachtzeit.
»Du bist eine Heldin, habe ich gehört.« Charlene betrachtete ihre Tochter, während sie trank. »Du und dein sexy Chief. Seid ihr in Anchorage geblieben, um zu feiern?«
»Es war schon dunkel.«
»Sicher. Nur ein kleiner Rat. Ein Mann wie Nate schleppt ein Paket mit sich rum, und kein kleines. Du bist gewohnt, mit leichtem Gepäck zu reisen. Das passt nicht gut zusammen.«
»Ich werd’s mir merken. Ich muss mit dir reden.«
»Ich habe Anrufe und Papierkram zu erledigen. Du weißt doch, dass ich um diese Tageszeit besonders viel zu tun habe.«
»Es geht um meinen Vater.«
Charlene senkte ihr Wasserglas. Ihr Gesicht wurde starr und blass, dann schoss ihr die Röte in die Wangen. Bonbonrosa, passend zum Raum.
»Hast du was von ihm gehört? Hast du ihn in Anchorage gesehen? Dieser Mistkerl. Der soll sich bloß nicht einbilden, dass er zurückkommen und einfach weitermachen kann. Von mir kriegt der
nichts, und wenn du einigermaßen vernünftig bist, dann stimmst du mir zu.«
Sie stemmte sich vom Schreibtisch ab und stand auf, ihre Gesichtsfarbe steigerte sich von rosa zu feuerrot. »Keiner, aber schon gar keiner , geht von mir weg und kriecht irgendwann wieder zurück. Niemals. Pat Galloway soll sehen, wo er bleibt.«
»Er ist tot.«
»Wahrscheinlich hat er eine ganz traurige Geschichte auf Lager. Er war immer gut im... Was meinst du damit, er ist tot?« Mehr verärgert als schockiert, schnippte sie ihre Locken nach hinten. »Das ist doch lächerlich. Wer hat dir denn so eine blöde Lüge erzählt?«
»Er ist schon lange tot. Wie es aussieht, ist er eventuell schon wenige Tage, nachdem er von hier aufgebrochen ist, gestorben.«
»Warum erzählst du mir das? Was bringt dich dazu, mir so was zu sagen?« Die Zornesröte war verschwunden und ließ ihr Gesicht weiß, weiß und eingefallen und plötzlich alt zurück. »So sehr kannst du mich doch nicht hassen.«
»Ich hasse dich nicht. Was das betrifft, hast du immer falsch gelegen. Mag sein, dass ich die meiste Zeit zu dir ein gespaltenes Verhältnis habe, aber hassen tue ich dich nicht. Die Jungs haben ihn in der Eishöhle gefunden. Dort haben sie vorübergehend Schutz gesucht, als sie auf dem Berg waren. Er war da drin. Er ist da drin gewesen.«
»Das ist doch Unsinn. Bitte geh.« Ihre Stimme erhob sich zu einem rauen Kreischen. »Sieh zu, dass du sofort verschwindest.«
»Sie haben Fotos gemacht«, fuhr Meg fort, obwohl Charlene bereits nach einem ihrer Briefbeschwerer griff und ihn gegen die Wand donnern ließ. »Ich habe sie gesehen. Ich habe ihn erkannt.«
»Hast du nicht!« Sie wirbelte herum, nahm eine der Nippfiguren vom Regal und schmiss sie hinterher. »Du erfindest das doch nur, um mir eins auszuwischen.«
»Wofür?« Meg ließ unbeirrt die Plastiken und Glasfiguren, die an den Wänden oder auf dem Fußboden zu Bruch gingen, an sich vorbeisausen, selbst als eine Scherbe ihre Wange ritzte. Das war Charlenes übliche Methode, ihrer Wut Raum zu schaffen.
Zerbrich es, zerstör es. Lass es dann jemanden auffegen. Und kauf was Neues.
»Dafür, dass du eine lausige Mutter warst? Dafür, dass du eine große Hure bist? Dafür, dass du mit dem Jungen geschlafen hast, mit dem ich ins Bett ging, nur um mir zu beweisen, dass du noch nicht zu alt warst, um ihn mir auszuspannen? Oder vielleicht dafür, dass du mir fast mein ganzes Leben lang gesagt hast, was ich für eine Enttäuschung als Tochter sei? Welche dieser Anschuldigungen glaubst du denn, dass ich aus meinem Hut ziehe?«
»Ich habe dich ganz allein großgezogen. Ich habe Opfer für dich gebracht, damit du bekamst, was du haben wolltest.«
»Zu schade nur, dass du mich nie hast Geige lernen lassen. Das könnte ich jetzt brauchen. Aber weißt du was, Charlene. Es geht hier nicht um dich oder mich. Es geht um ihn. Er ist tot.«
»Das glaube ich dir nicht.«
»Jemand hat ihn getötet. Ihn umgebracht. Jemand hat ihm einen Eispickel in die Brust gerammt und ihn auf dem Berg zurückgelassen.«
»Nein. Nein, nein, nein, nein.« Jetzt war ihr Gesicht ganz
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