Das Leuchten des Himmels
ich bin in diesem Fall am untersten Ende der Informationskette.«
Jacob trat näher heran, es war seine einzige Bewegung, seit er den Raum betreten hatte. »Als Sie noch da draußen waren, gehörte Mord doch zu Ihrem Geschäft.«
»Das ist richtig. Aber ich bin nicht mehr da draußen. Haben Sie Meg gesehen?«
»Ja. Sie ist stark. Sie wird ihre Trauer nutzen. Sie wird nicht zulassen, dass diese sie benutzt.«
Wie ich das tue?, überlegte Nate. Aber dieser Mann mit seinen eindringlichen Augen und der schonungslos im Zaum gehaltenen Wut konnte nicht in ihn hineinsehen.
»Erzählen Sie mir von Galloway. Mit wem wäre er denn bergsteigen gegangen?«
»Gekannt hat er sie bestimmt.«
»Sie?«
»Zu einer Winterbesteigung des No Name muss man mindestens zu dritt sein. Er war rücksichtslos und impulsiv, aber er hätte es nie mit weniger als drei Leuten versucht. Und mit Fremden wäre er da nicht hochgegangen. Oder nur mit Fremden.« Jacob lächelte ein wenig. »Aber er fand schnell Freunde.«
»Und Feinde?«
»Ein Mann, der etwas hat, was andere begehren, macht sich Feinde.«
»Und was hatte er?«
»Eine wunderschöne Frau. Ein aufgewecktes Kind. Eine Leichtigkeit im Umgang und die Ermangelung jeglichen Ehrgeizes, die es ihm erlaubten, fast immer das zu tun, was ihm gefiel.«
Das auf die Frau eines anderen Mannes gerichtete Begehren war häufig ein Mordmotiv zwischen Freunden. »Hatte Charlene etwas mit einem anderen?«
»Ich glaube nicht.«
»Und er?«
»Mag sein, dass er, wenn er nicht zu Hause war, hin und wieder eine andere Frau genossen hat. Sollte er sich hier in der Stadt mit einer amüsiert haben, dann hat er mir nichts davon erzählt.«
»Aber er hätte es Ihnen gar nicht zu erzählen brauchen«, erwiderte Nate. »Sie hätten es ohnehin erfahren.«
»Ja.«
»Und die anderen auch. An einem Ort wie diesem mag es Geheimnisse geben, aber so etwas lässt sich nie lange verbergen.« Er überlegte. »Drogen?«
»Er baute ein bisschen Marihuana an. Gedealt hat er nicht.«
Nate zog die Brauen hoch. »Nur Gras?« Als Jacob zögerte, lehnte Nate sich zurück. »Deswegen wird ihn heute keiner mehr einsperren.«
»In erster Linie Gras, aber er war nicht der Typ, der etwas ausschlug, wenn ihm was angeboten wurde.«
»Hatte er einen Dealer? Eventuell in Anchorage?«
»Ich glaube nicht. Er hatte kaum das Geld, um sich solchen Luxus leisten zu können. Charlene hielt die Hand auf der Geldbörse, und sie hatte sie fest im Griff. Er ging gern bergsteigen, fischen,
wandern. Er flog auch gern, hatte aber kein Interesse daran, Pilot zu werden. Wenn er Geld brauchte, arbeitete er. Er hasste Restriktionen, Gesetze, Regeln. Das ist bei vielen der Fall, die hier leben. Er hätte Sie nicht verstehen können.«
Für ihn kam es jedoch darauf an, Patrick Galloway zu verstehen. Und so stellte Nate noch ein paar Fragen und legte, nachdem Jacob gegangen war, seine Notizen zu den Akten.
Dann war es an der Zeit, sich mit den eher profanen Dingen wie ein paar heranwachsenden Ladendieben zu befassen.
Und damit sowie mit einem Paar vermisster Skier und einem eingedrückten Kotflügel war er dann beschäftigt, bis seine Schicht zu Ende war.
Den Abend nahm er sich frei, Otto und Pete hatten Funkbereitschaft. Wenn es nicht zu einem Massenmord kam, hatte er bis zum Morgen frei.
Er hatte Meg ihre paar Tage gegeben. Jetzt hoffte er, dass sie bereit war für ihn.
Selbst schuld, sagte er sich, dass er vorher noch ins Lodge gegangen war, um sich Kleider zum Wechseln zu holen – für den Fall, dass er draußen bei Meg blieb.
Charlene erwischte ihn, als er noch in seinem Zimmer war.
»Ich muss mit Ihnen reden.« Sie rannte ihn an der Tür fast über den Haufen und setzte sich dann auf sein Bett. Sie trug alles in Schwarz: einen kuscheligen Pullover, noch kuscheligere Hosen und dazu Schuhe zum Herumstöckeln.
»Ja sicher. Wäre es nicht besser, wir gingen nach unten und tränken einen Kaffee?«
»Das ist privat. Würden Sie bitte die Tür schließen?«
»Gut.« Aber er blieb davor stehen, für alle Fälle.
»Ich möchte Sie um etwas bitten. Ich möchte, dass Sie nach Anchorage fahren und den Leuten da erklären, dass sie Pats Leiche mir freigeben müssen.«
»Man hat ihn doch noch gar nicht geborgen, Charlene.« »Das weiß ich. Ich telefoniere schließlich jeden Tag mit diesen Bürokraten und gefühllosen Mistkerlen. Die lassen ihn einfach da oben.«
Als die Tränen kamen, wurde es Nate mulmig zumute.
»Charlene.« Er sah
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