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Das Licht, das toetet

Titel: Das Licht, das toetet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Meister
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untergeschoben.“
    „Hinter den Bildern?“ Tan wies auf die Fotos. Die meisten waren zu klein, aber über der Couch hing ein maritimer Ölschinken. Irgendein Segelschiff kämpfte sich durch haushohe Wellen.
    Gemeinsam nahmen sie es von der Wand ab, aber es kam nur weiteres Holz zum Vorschein. Keine Vertiefung, kein Tresor.
    „Aber die Idee war gut“, sagte Tan.
    „Ja, ja, die Idee war gut.“ Zachary seufzte. Er wollte nicht hinsehen, musste aber wider Willen den toten Biaggi anstarren.
    Der zusammengesackte Körper mit dem gespenstischen Tuch über dem Kopf verursachte ihm Übelkeit.
    Schnell schaute er zu Boden, wobei sein Blick die Schuhe des Alten streifte. Der Professor trug schwarze Halbschuhe, aber die Sohlen waren weiß. Zachary eilte zu ihm und kniete sich hin. Tatsächlich benetzte Sägemehl die Schuhe und als er sich auf dem Boden umsah, konnte er zwischen den Blutflecken staubige Fußabdrücke erkennen.
    „Gibt es hier einen Dachboden?“, fragte er mehr sich selbst als Tan.
     
    Eine Klapptreppe in der Decke des Hausflurs führte auf den Speicher. Mit einer flackernden Öllampe bewaffnet, erklomm Zachary die schmalen Stufen. Im Schein der winzigen Flamme konnte er kaum etwas erkennen. Umzugskartons und alte Kisten, ausrangierter Plunder, alles noch älter als die Möbel unten, war fein säuberlich übereinander gestapelt worden. Mit der Hand schlug Zachary ein paar Spinnweben weg. Er schwitzte. Oben auf dem Boden hatte sich die warme Sommerluft gefangen.
    Immerhin waren deutlich die Fußabdrücke des Professors auf den Sägespänen zu erkennen, die Holzwürmer und Nagetiere hinterlassen hatten. Offenbar war Biaggi in Eile hinaufgeklettert und hatte hinter dem Kamin seine Kiste versteckt. Zachary fragte sich, wann Biaggi gemerkt hatte, dass sie ihn verfolgten. Ob er es schon in der Truckerbar gewusst hatte?
    Um ein Haar hätte der alte Kauz mich erwischt, dachte er und bückte sich, weil das Dach so niedrig war. Noch einmal ließ er seine Lampe hin und her schwenken.
    Er sieht uns, geht aufs Dach und versteckt schnell die Kiste. Dann kommt er zurück und will uns mit seiner Schallkanone aufhalten. Mutiger Mann.
    „Und?“ Angeekelt von all dem Staub folgte ihm Tan.
    „Sie muss dahinter sein, hinter dem Kamin.“
    Der gemauerte Kamin führte vom Wohnzimmer hinauf und verschwand im Dach. Zachary passierte eine Dachluke. Im Vorbeigehen ließ er seinen Blick hinauswandern. Die Weymouths-Kiefern und die Auffahrt lagen im Dunkeln.
    Er schaute hinter das Mauerwerk und hielt den Atem an. Vor ihm stand die Metallkiste. Der Professor hatte sie einfach zwischen einige Pappkartons geschoben. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und zog sie über den staubigen Boden zu sich. Erst jetzt sah er, dass die Kiste auf einem Blech gestanden hatte. Drähte gingen von der Unterlage ab und verschwanden nur wenige Armlängen weiter in einem der Pappkartons.
    Zachary durchfuhr es wie ein Blitz.
    „Eine Falle!“ Er stürzte zurück. PIEP-PIEP-PIEP drang es aus dem Karton. Zachary konnte förmlich spüren, wie sich Kondensatoren aufluden, um eine Sprengkapsel zu zünden.
    „Was?“ Tan hatte ihn nicht verstanden. Er stand noch immer vor dem Kamin und versuchte an Zachary vorbei auf die Pappkartons zu schielen.
    „Weg!“ Zachary packte den Jungen. „Raus! Eine Falle!“
    Unter dem einen Arm Biaggis Kiste, in der anderen Tans Jacke, riss er seinen Partner hinter den Kamin. Mit einem Sprung war er bei der Dachluke, registrierte noch, dass der Rahmen aus massivem Metall war und viel zu klein, um aus dem Fenster zu klettern. Blitzschnell entschied er sich für die Schindel. Ohne zu zögern, riss er Tan zu sich und nahm Anlauf.
    PIEP-PIEP-PIEP-PIEPPIEPPIEPPIEPPIEPPIEPPIEP-PIEPPIEEEEEEEEE …
    Schreiend krachten die beiden gegen die Dachziegel, brachen zwei, drei Latten durch, drückten die Schindeln nach außen und stürzten durch das Dach ins Freie. Eine Sekunde später gab es kein Dach mehr.
    Zachary spritzten Splitter um den Kopf. Eine Schindel traf ihn in der Seite, dann landete er im Vorgarten, barg den Kopf in den Armen und fiel mit Tan in eine der ungeschnittenen Buchsbaumhecken.
    Hinter ihnen erhob sich ein Feuerball. Das Dach des Blockhauses war weggerissen. Die Überreste standen in Flammen. In der Wohnzimmerwand klaffte ein garagentorgroßes Loch. Zachary konnte von draußen den Kamin sehen. Das obere Ende, das vor wenigen Sekunden noch durch den Dachboden geführt hatte, war wie eine Blüte aufgeplatzt

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