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Das Licht, das toetet

Titel: Das Licht, das toetet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Meister
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Schmeicheleien bei den Frauen übertrieb.
    Sie begrüßten sich herzlich, dann nahm Ian seinen zerschlissenen Armee-Rucksack und sie spazierten den Kai herunter zu Ians Dingi. Das kleine Beiboot mit dem Außenborder lag etwas abseits an einer Mole vertäut.
    Ian setzte sich wie immer ans Heck zum Motor, während Zero – einer Galionsfigur gleich – am Bug stand und reglos die Wellen der Nordsee beobachtete. Bpms Aufgabe bestand darin, wie ein berühmter Feldherr backbord stramm zu stehen und den Touristen auf dem Pier mit ernster Miene zu salutieren. Langsam steuerte Ian das Boot in Richtung Themse-Mündung. Die Gischt spritzte ihnen salzig entgegen und Zero bellte aufgeregt.
    „Du hast den blöden Tresor wirklich vom Schrott geholt und Samstag da versteckt?“, meinte Ian und lachte.
    „He, das war ’ne Scheißarbeit. Weiß du, was so ’n Ding wiegt?“ Bpm zog sein T-Shirt mit der Aufschrift Generation Noise zurecht.
    „Und damit wolltest du Michelle rumkriegen?“
    Bpm grinste. „War doch ’n Versuch wert. Wer konnte denn ahnen, dass Captain Kinnfresse mitkommt. Außerdem ist das ja wohl besser …“, er lüpfte seine Pilotenbrille und sah Ian schelmisch an, „… als eifersüchtig gleich den ganzen Hangar abzufackeln.“
    „Ich hab nichts abgefackelt. Wirklich nicht. Ich hab damit nichts zu tun. Und Cathy kann mir gestohlen bleiben!“
    „Okay. Nummer eins glaub ich dir. Aber ich sag dir, deine Cathy und Captain Kinnfresse haben ganz schönen Stuss erzählt. Du hättest gespannert und wärst dann schreiend davongekrochen. Hast Geräusche gehört und so ’n Zeug.“
    Ian schwieg. Er stellte den Motor ab und ließ das Boot dümpeln, während er unter einer grauen Plane nach ihren Angeln suchte.
    „Ich sag dir, die Flammen waren überall. Gott sei Dank sind wir da heil rausgekommen. Wo warst du eigentlich?“
    „Die Polizei …“
    Bpm lachte und holte eine Tüte Chips aus Ians Rucksack. „Die haben wir auch noch gesehen. Lass mich raten: Parodontose-Peter hat ein tierisches Theater gemacht.“
    Ian nickte. „Die nächsten vier Wochen stehe ich unter besonderer Beobachtung. “
    Kopfschüttelnd schob sich Bpm eine Handvoll Chips in den Mund. „Volltrottel!“
    Zero begann zu bellen und Bpm rief in liebevollem Ton: „Schnauze, Zero, es geht ja gleich los!“
    Vor Freude winselnd, drehte sich Zero im Kreis und sah gespannt zu, wie Bpm die Chips ins Wasser schmiss.
    „Nächstes Mal sollten wir welche mit Bacon ausprobieren, da beißen die bestimmt noch besser.“
    Ian reichte seinem Freund eine Angel. Er zögerte, dann fragte er: „Hast du nichts gehört? Im Hangar, im Flur?“
    „Doch! Michelles Stimme, die hauchte: Küss mich, lass es uns wild und dreckig unter den Duschen –“
    Mit einem Knuff brachte Ian ihn zum Schweigen. „Im Ernst, Bpm. Es war ganz eigenartig …“ Er warf seine Angel aus und stockte erneut, bevor er weitersprach. „Glaubst du an Geister? Ich meine … Wesen … Unerklärliches?“
    Bpm sah Ian argwöhnisch über den Rand seiner Brille an. „Wieso?“
    „In dem Hangar da … da war irgendwas. Es hat alles in Brand gesteckt und es … es … es hat mich verfolgt. Ich weiß, es klingt komisch, aber es kam mir vor, als wäre es ein Geist gewesen.“ Unsicher schaute Ian zu Bpm, der ihn mit offenem Mund anstarrte.
    „Du willst mich verarschen!“
    Ian schüttelte den Kopf. Ihre Blicke trafen sich, aber Bpm schwieg. Wahrscheinlich, dachte Ian, weil er mir kein Wort glaubt.
    „Vielleicht ist ein altes Kabel in Brand geraten … Was haben wir denn jetzt?“, lenkte er vom Thema ab.
    „Warte.“ Ian nahm seinen Rucksack, an den er eine zerschrammte, silberne Taschenuhr gebunden hatte. „Mathe“, stellte er mit einem Blick auf die Uhr fest.
    „Oh, das tut mir aber leid“, erwiderte Bpm mit einem breiten Grinsen. Er deutete auf die alte Uhr. „Vielleicht solltest du die besser zu Hause lassen. Die ist doch bestimmt was wert, oder?“
    Ian zuckte die Achseln. Für ihn war die Uhr eine ganze Menge wert, mehr als Geld, aber sie wegzuschließen und nicht mehr in die Hand zu nehmen, kam ihm falsch vor. Er wollte sie lieber bei sich tragen.
    Die Taschenuhr war dicker als gewöhnliche Uhren, ungefähr anderthalb Daumen dick. Ihr Metall war abgegriffen, das versilberte Messing an vielen Stellen bereits schwarz. Schrunden und Dellen zeugten davon, wie oft Ian sie in der Hand gehalten hatte. Sie besaß zwei Deckel. Unter dem einen saß das Ziffernblatt, das mit fein

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