Das Licht, das toetet
bereits, dass der Imbissbesitzer aus Busan stammte und zwölf weitere Geschwister hatte. Der ältere Herr ohne Haar, aber mit umso größeren Tränensäcken schreckte auch nicht davor zurück, die durchnässten Jungen in seine Bude einzuladen.
Nachdem sie sich zwischen Ölkanistern und Kartons voller Gemüse durchgezwängt hatten, sackten sie erschöpft auf zwei Reissäcken an einem Bambustisch zusammen.
Bpm sah sich nach dem Imbissbesitzer um, der gut gelaunt die Pommes in der Friteuse schwenkte. Unablässig zwinkerte er den Jungen zu.
Während Ian kaum Appetit verspürte, schaufelte sich Bpm die Fritten in den Mund, als hätte er tagelang nichts mehr gegessen.
„Meinst du, der wollte uns umbringen?“ Bpm stopfte sich ein Stück frittierten Fisch in den Mund. „Also wirklich umbringen?“
„Gibt’s ein Unwirklich-Umbringen?“, seufzte Ian.
„Der hatte eine Waffe. Ich weiß ja nicht, in was du da reingeraten bist, Ian, aber das ist unglaublich.“
Missmutig schmiss Ian seine Holzgabel zu den Chips. Ihm war noch immer schlecht und er konnte nicht verstehen, wie Bpm so aufgekratzt, geradezu fröhlich sein konnte.
„Für dich ist das alles ein großer Spaß, oder?“
„Was?“
„Dir macht’s einfach nur Spaß. Du nimmst das alles überhaupt nicht ernst.“
„Natürlich nehme ich es ernst. Dieser Spinner wollte mich vom Motorrad reißen.“
„Das mein ich nicht.“
„Was dann?“
„Die Geister.“
Bpm schwieg. Endlich schien er zu merken, wie sehr Ian der Schock in den Knochen steckte. Er sah fürchterlich aus. Seine dunkelblonden Haare waren noch immer nass und klebten ihm an der blutigen Stirn.
Bpm steckte sich die Pilotenbrille in seine schwarzen Locken und tupfte sich die Lippen mit einer Papierserviette ab. Hilflos suchte er nach Worten.
„Nun ja, ich meine, ich kann sie nicht sehen. Deine Geister. Das ist schon ein bisschen … entschuldige … krank. “ Er holte tief Luft. „Das Wandbild finde ich echt reichlich gespenstisch. Und dieser Typ war auch nicht ohne Grund in der Villa. Ich weiß auch nicht, ob er dieses Bild gesucht hat oder von Anfang an nur uns wollte.“
„Keine Ahnung.“ Ian tastete wieder nach seinem Ohr, um sich zu vergewissern, dass es nicht mehr blutete.
„Was machen wir als nächstes? Hast du einen Plan?“
„Was wir als nächstes …?“ Ian war fassungslos. „Der hat uns angegriffen , Bpm. Der hatte eine Waffe! Der … der …“
Da Bpm sich das Lächeln nicht verkneifen konnte, nahm Ian ihm sauer seine Fish ’n’ Chips weg. „Siehst du“, sagte er. „Das meine ich. Du findest es cool. Du bist bescheuert, echt!“
„He, was hast du denn?“
„Wir sind hier nicht in irgendeinem deiner beknackten Ego-Shooter, Bpm. Wir stecken voll in der …“ Ian brach ab. „Ach, Scheiße!“ Er schmiss die Tüte samt Chips in den Papierkorb.
„He!“
Ian winkte sauer ab. „Wenn du denkst, dass ich verrückt bin und meinen Hund im Keller abgefackelt habe, dann sag’s gefälligst!“ Er schluckte. Ihm kamen fast die Tränen vor Wut. „Wenn du mir nicht glaubst, Bpm. Wer dann?“ Ian beugte sich vor und sah seinem Freund in die Augen. „Wer dann?“
Bpm schwieg. So sehr sich Ian auch eine eindeutige Antwort gewünscht hätte, Bpm blieb sie ihm schuldig. Er setzte seine Pilotenbrille wieder auf und Ian hoffte, dass er es nicht tat, um sich zu verstecken.
„Es gibt keine Geister, Ian. Ich bin zu alt, um an so was zu glauben. Aber es gibt diesen Cowboy. Und der ist nicht ohne Grund hinter dir her. Wir sind dem nur mit Glück entkommen!“
Erneut breitete sich ein Lächeln auf Bpms Lippen aus. Er sah sich zu dem Südkoreaner um, der nach einer Decke für die beiden Jungs suchte. Als sich ihre Blicke trafen, streckte Bpm den Daumen hoch und rieb sich übertrieben genüsslich den Magen. „Apropos Essen“, nuschelte er und deutete vorwurfsvoll auf seine Tüte im Papierkorb.
Konnte Ian es seinem Freund verübeln, dass er nicht an Geister glaubte? Innerlich schüttelte er den Kopf. Sicher nicht, denn vor einer Woche hätte er auch noch gelacht. Geister.
Die Geister haben Zero getötet.
Sie sind hinter dir her.
Was machte sie nur so wütend? Waren es Menschen, denen sein Vater etwas angetan hatte?
„Es muss doch eine Erklärung für all das geben“, sagte Ian. „Warum taucht dieser Mann gerade jetzt auf? Ich habe Visionen, die ich seit Jahren nicht mehr hatte. Und plötzlich sehe ich sie wieder, diese Geister, und sie … sie bringen meinen Hund
Weitere Kostenlose Bücher