Das Licht der Flüsse
sich nur weit genug vom eigenen Acker entfernen, und schon ist die ganze Kultiviertheit
nichts mehr wert. Diese Hennegauer konnten einfach keinen Unterschied zwischen uns und gewöhnlichen Hausierern erkennen. Und
so gab es einiges, worüber wir nachdenken konnten, während die Steaks zubereitet wurden, bis wir verstanden, dass sie uns
im Rahmen ihres Weltbildes perfekt akzeptierten. Unsere höflichsten Bemerkungen und besten Bemühungen, zur Unterhaltung beizutragen,
entsprachen offenbar voll dem Charakter des Hausierers. Zumindest schien es für die Bedeutung dieses Berufs in Frankreich
zu sprechen, dass es uns nicht einmal vor diesen Richtern gelang, sie mit unseren Waffen zu schlagen.
Schließlich wurden wir zu Tisch gerufen. Die beiden Knechte (einer von ihnen sah schrecklich erschöpft und blass aus, als
wäre er vor Überarbeitung und Unterernährung krank) aßen von ein und demselben Teller eine Art Brotsuppe, einige ungeschälte
Kartoffeln, tranken eine kleine Tasse mit Rohrzucker gesüßten Kaffee und eine Kanne Dünnbier. Die Wirtin, ihr Sohn und der
bereits erwähnte Bursche aßen dasselbe. Unser Essen war im Vergleich dazu ein Festmahl. Wir bekamen ein paar Beefsteaks, nicht
so zart, wie sie hätten sein können, einige Kartoffeln, etwas Käse, ein eigenes Glas Dünnbier und weißen Zucker in unseren
Kaffee.
Da sehen Sie, was es heißt, ein Gentleman zu sein – Pardon, was es heißt, ein Hausierer zu sein. Mir wäre es frühernie in den Sinn gekommen, dass ein Hausierer in einer Arbeiterbierstube ein bedeutender Mann ist; doch nun, als ich diese
Rolle einen Abend lang spielen musste, merkte ich, dass es wirklich so war. In seinem kümmerlichen Quartier hat er fast denselben
Vorrang wie jemand, der in einem Hotel einen Privatsalon bucht. Je näher man sie betrachtet, desto vielfältiger sind die Klassenunterschiede
zwischen den Menschen, und vielleicht gibt es durch eine glückliche Fügung niemanden, der die unterste Stufe besetzt. Jeder
findet immer irgendwen, dem er sich überlegen fühlen kann, um seinen Stolz zu bewahren.
Wir waren mit unserer Kost recht unzufrieden. Insbesondere der Kapitän der
Cigarette
, denn ich versuchte, das Abenteuer mitsamt dem zähen Beefsteak und allem Drum und Dran mit Humor zu nehmen. Gemäß der Maxime
des Lucretius sollte unser Steak durch den Anblick der Brotsuppe der anderen Leute an Würze gewinnen. Aber wir sahen das durch
die Praxis nicht bestätigt. Man hat vielleicht eine vage Vorstellung davon, dass andere Leute ärmlicher als man selbst leben,
doch ist es unangenehm – ich wollte sagen, es widerspricht der Etikette des Universums –, mit ihnen am selben Tisch zu sitzen
und die eigenen Köstlichkeiten angesichts ihrer Brotkrumen zu verspeisen. Ich habe dergleichen seit der Schulzeit und dem
Jungen, der sich weigerte, seinen Geburtstagskuchen zu teilen, nicht mehr erlebt. Soweit ich mich erinnern kann, war schon
der Anblick entsetzlich genug, und ich hätte mir nie vorstellen können, selbst einmal diese Rolle zu spielen. Doch da zeigt
sich wieder einmal, was es heißt, ein Hausierer zu sein.
Zweifellos sind die ärmeren Klassen in unserem Land vielfreigebiger als die reicheren. Ich vermute, dies resultiert zum Großteil aus den vergleichsweise vagen Grenzen zwischen den
Glücklicheren und den Unglücklicheren in diesen Reihen. Ein Arbeiter oder Hausierer kann sich nicht von seinen weniger wohlhabenden
Nachbarn abschotten. Wenn er sich einen Luxus gönnt, muss er das vor einem Dutzend Leuten tun, die diesen sich nicht leisten
können. Was könnte schneller zu großzügigen Gedanken verleiten? … So sieht der Arme, der mitten im Leben kampiert, die Wirklichkeit,
wie sie ist, und weiß, dass jeder Mundvoll, den er sich einverleibt, den Hungernden aus den Händen gerissen wurde.
Ab einer bestimmten Stufe des Reichtums schwebt die selige Person, wie bei einer Ballonfahrt, durch eine Wolkenschicht, so
dass die Angelegenheiten unter dem Mond von nun an ihren Blicken verborgen sind. Sie sieht nur noch Himmelskörper, allesamt
in bewundernswerter Ordnung und augenscheinlich so gut wie neu. Sie findet sich auf höchst rührende Weise von göttlichen Aufmerksamkeiten
umgeben und vergleicht sich unwillkürlich mit Lilien und Lerchen. Natürlich zwitschert sie nicht wirklich, doch dann wirkt
sie so bescheiden in ihrem offenen Landauer! Wenn alle Welt an einem Tisch äße, dann würde diese Philosophie ein
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