Das Licht der Hajeps - Entscheidungen (German Edition)
beleidigt. „Komm!“ Und er nahm sie ziemlich grob beim Arm und zerrte sie mit sich.
„He, wo gehen wir denn hin?“ keuchte sie überrascht. Außerdem hatte sie große Mühe, mit ihm Schritt zu halten. War er ihr jetzt böse? Bloß das nicht. Sie grübelte angespannt und weil sie gerade eine ehemalige Verkehrsinsel überquerten, auf welcher ein Meer von wunderschönen Herbstastern wucherte, sagte sie einfach: „Ach, man sollte nicht alles so ernst nehmen und lieber zum Beispiel die unzähligen Blumen betrachten und ...“
„Nisch unzählige“, verbesserte er sie, „zondern vakas-ita, vierundsiebziege!”
„D ... das sind übrigens sehr hübsche Herbstastern. Wer die wohl hier einst gepflanzt hat ... wow ... hast du die etwa alle so schnell gezählt, so verstreut, wie die hier zwischen Unkrau ...?“
„Sanna, ssst, still!“ wisperte er plötzlich. Margrit schaute in seine Richtung und da entdeckte auch sie den kleinen, braunen Schatten, wie der von einem Gebüsch zum anderen und dann über die Straße hoppelte.
Der Feind schnalzte mit der Zunge, was aber auf keinen Fall gefährlich klang, eher verzückt. „Verkehrt is, allis an diesem Tier is verkehrt!“ krächzte er kopfschüttelnd. „Schwänz ville zu kurz und dafor Orren ville zu lang!“
Margrit prustete los, denn sie musste über seine komische Bemerkung lachen und diesmal unterließ er es, nach seinem Gürtel zu greifen, wo die Waffen steckten. Er musterte sie nur mit genau dem gleichen Blick wie zuvor das Tier. „Tier is seltsamm, du auch!“ stellte er fest. „Wie heißert?“
„Na ja, es war wohl ein Kaninchen!“ ächzte sie und wischte ihre Lachtränen weg, und er schaute ihr dabei kopfschüttelnd zu, bis sie fertig war.
„Kippt serr altis Lied bei eusch, heißert: Der Neger aus Kupfalz. Isch solsch ein Neger bon ... hm ... bin!“ erklärte er, warf sich dabei stolz in die Brust und klopfte auf sein Gewehr.
„Äh ... wie?“
„Neger!“ schnaufte er unwillig. „Was dagigen?“
„Nein, nein!“ wehrte sie ab. „Aber meinst du nicht eher ... äh ... den Jäger aus Kurpfalz?“
„Hm ... hmmm!“ Er rieb sich das Kinn und dachte darüber nach. „Rischtick!“ knurrte er schließlich. „Meinter Jäger und du pisst das Ninschinn, das er sich erjägert hattete. Xorr, Ninnschin jitz dein Name, weil du mirr nischt nennern wollterst rischticken, chesso fertisch! Komm!“
„Ch ... chesso! Puh, na gut! Aber wenn wir so kreuz und quer weiter laufen, kommen wir vielleicht sonst wo hin, bloß nicht zum Händler!“ bemerkte sie vorsichtig, während sie neben ihm her hetzte.
„Gleich bei ihm!“ widersprach er ziemlich stolz und stoppte zu Margrits Überraschung direkt vor einer großen Linde.
„Ja und?“ fragte sie irritiert, setzte aber gleich den Beutel ab und rieb sich die schmerzenden Hände. „Hier ist das nicht!“
Donnerwetter, dieser Typ tickte also wirklich nicht richtig, denn nun hob er den Arm, schnippte zwei Mal kurz mit den Fingern Richtung Baumkrone und dann schüttelte er die Hand aus und wartete.
Auf was eigentlich? Margrits Blicke wanderten fragend vom Baum zum Hajep. Sie konnte sich einfach keinen Reim daraus machen! Als etwa zwei Minuten vergangen waren, schien der Hajep ungeduldig zu werden, denn er stieß ein paar hajeptische Flüche aus, trat schließlich gegen den Baum und rieb sich danach den Fuß schmerzerfüllt mit beiden Händen.
Schien reichlich empfindliche Füßchen zu haben, der Bursche! Erst als der Schmerz nachgelassen hatte, lehnte er den einen Arm und seine heiße Stirn leise seufzend gegen den Baumstamm, wohl um ein wenig zur Ruhe zu kommen, was ihm sichtlich schwer fiel und dann holte er ein winziges, zangenähnliches Gerät hervor. Nein, was hatte der denn jetzt damit vor? Margrit machte vorsichtshalber zwei drei Schritte vor ihm zurück.
„Is nur for Harre“, erklärte er begütigend.
„T ... tatsächlich?“ Die Falte auf Margrits Stirn vertiefte sich trotzdem. Wollte er ihr etwa die Haare schneiden oder was? Zu ihrer Verwunderung fabrizierte er aber nur die gleichen Geräusche mit dieser komischen Zange wie vorhin mit den Fingern, nur wesentlich lauter, und dann wartete er erneut.
Da ertönte plötzlich aus der Linde ein leicht verschlafenes, quakendes Geräusch. Margrit war entgeistert, denn solch einen verrückten Ton hatte sie noch nie gehört. Der war ziemlich blechern und klang so wie eine Mischung aus Ente und Frosch, und mit einem Mal begannen die Äste über dem
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