Das Licht der Hajeps (German Edition)
Körper kaum noch Abwehrstoffe hatte, puckerte und rumorte die von Dagmar verarztete Wunde die ganze Nacht. Margrit träumte außerdem sehr schlecht. Immer wieder erblickte sie die Leichen jener Menschen, die sie am Tag gesehen hatte. Sie sah tote Vögel und schließlich Paul vor sich, wie der sich die Ohren zuhielt und durch die Straßen irrte. Manchmal flackerte auch ein Bild von George vor ihrem inneren Auge auf, und sie entdeckte ihn, wie er vor einem Abgrund stand. Gleich mehrmals überfiel sie Bodo. Er biss in ihre Hand und verwandelte sich dabei in ein eigenartiges, außerirdisches Wesen mit grünem Fell. Schweiß gebadet versuchte Margrit, wenn sie wach wurde, wieder den Kopf frei zu bekommen, aber es stimmte leider, sie hatte sie ja heimlich belauscht. Diese Familie beherbergte noch andere, offensichtlich sehr eigenartige Gäste irgendwo bei sich. Wenn die nun plötzlich hier herein stürmten und über sie herfielen? Margrit wusste nur, dass diese Wesen einen besonderen Namen hatten, der mit `Tr` anfing. Verdammt, George hatte ihr doch gesagt, wie diese stämmigen Wesen hießen, aber dieses Wort wollte ihr einfach nicht einfallen. Ach, dieser Robert würde schon aufpassen, dass nichts Schlimmes passierte, dennoch lief ihr bei solchen Gedanken ein Gänseschauer den Rücken hinunter.
Nach anfänglichem Protest des Onkels und leisem, aufgeregten Getuschel der Tante, setzte schließlich das junge Paar durch, dass Margrit mit ihrer Familie sogar drei Tage bleiben konnte.
Sie revanchierte sich, indem sie von ihrer Beute, die sie auf ihren Fahrrädern mitgeschleppt hatte, jenen eigenartigen Menschen etwas abgab. Die Angst, eines Nachts vielleicht doch von Roberts seltsamen Gästen überrascht zu werden, verlor Margrit mehr und mehr, aber ihre Hand wollte einfach nicht heilen.
Im Laufe dieser Tage hatte man ausgiebig Zeit, miteinander zu sprechen, obwohl sich Onkel und Tante stets zurückzogen und Margrit nebst Muttchen ansonsten nur skeptisch beobachteten.
Während ihrer Unterhaltungen fiel Margrit dann auf, dass diese Menschen, obwohl sie so tief im Walde versteckt und von aller Welt entfernt lebten, geradezu beklemmend gut über Bescheid wussten. Woher kam dieses ungeheure Wissen?
„Zarakuma liegt achtzig Kilometer von uns entfernt, südwestlich“, erklärte Robert eines Tages beim Frühstück, genüsslich einen Brocken hartes Brot kauend. „Warum wollen Sie das eigentlich wissen?“ Er spülte das trockene Gebäck mit dem von Dagmar gebrauten Tee herunter.
„Es wundert mich nur, wie die Hajeps die Menschen Coburgs vernichten konnten, ohne den geringsten Lärm zu machen“, erklärte Margrit ruhig. „Immerhin mussten sie ja bis dorthin erst einmal kommen. Ich frage mich, wie sie das auf so lautlose Weise gemacht haben?“
Robert hustete plötzlich hinter seiner Tasse. „Ein Krümel!“ entschuldigte er sich keuchend, dann stellte er die Tasse langsam auf den Tisch zurück, betrachte diese schweigend und düster, während sein Finger nervös hin und her über den Sprung an deren Rand strich, als könne man ihn dadurch kitten.
„Woher wollen Sie wissen, dass überhaupt Menschen in Coburg getötet worden sind?“ fragte er schließlich sehr, sehr leise zurück. „Sie waren doch gar nicht dort. So haben Sie mir das jedenfalls eben geschildert.“
„Es war viel zu still für so eine große Stadt, und auf der Autobahn und auf dem in der Nähe liegenden Gehöft lagen Menschen, die einen unerklärlichen Tod gestorben waren. Sie hielten sich die Ohren zu.“
„Na, schön, dann sind die Menschen eben gestorben, aber woher wollen Sie wissen, dass auch in Coburg ...“
„Eben, weil es dort verdächtig still war.“
„Und deshalb haben Sie sich der Stadt nicht mehr genähert?“
„Meine Tochter hat”, begann Muttchen, plötzlich an Margrits Stelle, „ein sehr feines Ge …“
„Zufall!” fiel ihr Margrit ins Wort. „Reine Spekulation, wissen Sie, weiter nichts!“
„So, so!“ Robert hatte aufgehört, mit der Tasse zu spielen und sich stattdessen sein unrasiertes Kinn vorgenommen. „Und wie konnten Sie unser Haus mitten im Wald finden?“ Er versuchte, ein paar Härchen aus seinem Kinn zu rupfen.
„Das ist es ja eben, Margrit kann sehr gut …“
„Ebenfalls Zufall!“ schmetterte Margrit wieder dazwischen.
„Soso, immer solche Zufälle!“ wiederholte Robert, seine Hand fiel schlaff auf den Tisch und seine Augen blitzten Margrit seltsam an.
„Ich habe gehört, dass Hajeps
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